Wolf Shadow Bd. 6 - Blutmagie
dabei den ehemaligen Rho getötet – und das hatte ihn zum Anführer der Feinde seines eigenen Clans gemacht.
Aber wenn jemand den Unterschied zwischen der Abfolge von Geschehnissen und einem Beweggrund verstand, dann war es Isen Turner. Deshalb fiel Rules Antwort nur kurz aus: „Um Lily zu retten.“
„War das der einzige Grund?“
„Nein.“
Isen räusperte sich. Dann sagte er: „Du hast viel von mir gelernt. Nun gut. Weitere Gründe willst du mir nicht nennen. Liegt es daran, dass sie die Leidolf betreffen?“
„Zum Teil. Aber vor allem, weil ich durch ein Versprechen gebunden bin.“
Isens buschige Augenbrauen hoben sich. Sein Erstaunen war möglicherweise sogar echt. „Ein Versprechen! Natürlich kann ich dich nicht fragen, was für ein Versprechen es ist, aber wem du es gegeben hast, das geht mich etwas an, denn ich bin dein Rho. Also: Wem hast du dieses Versprechen gegeben?“
Rule hatte sich bereits überlegt, was er auf diese Frage antworten würde. Er würde sein Versprechen halten, aber seinem Vater trotzdem etwas zum Nachdenken geben. Cullen wäre sicher damit einverstanden. „Ich kann dir den Namen nicht sagen, aber er ist ein Nokolai, und über die Information, die er mir gegeben hat, verfügst du bereits. Möglicherweise hast du sogar schon dieselben Schlussfolgerungen wie er daraus gezogen.“
„Ach ja?“ Die buschigen Augenbrauen wurden zusammengezogen, doch nachdenklich, nicht ärgerlich.
Wann es Zeit war, das Thema zu wechseln und auf welche Weise, war etwas, das Rule von seinem Vater gelernt hatte. „Benedict ist böse auf mich.“
Isen winkte ab. „Das geht nur euch Brüder etwas an, nicht den Clan. Wie kannst du gleichzeitig der Rho der Leidolf und der Lu Nuncio der Nokolai sein?“
Nur unter großen Schwierigkeiten. „Falls du meinen Rang meinst, würde ich ein paar Grundregeln vorschlagen. Wenn ich mich auf dem Clangut der Nokolai aufhalte, bin ich dein Lu Nuncio. Außerhalb bin ich der Rho der Leidolf.“
„Dann gehst du wohl davon aus, dass du mein Lu Nuncio bleibst?“
Zum ersten Mal lächelte Rule – ein schwaches, halbes Lächeln, aber es war echt. „Ich gehe nur davon aus, dass du deine Entscheidung nicht aus Ärger oder Zuneigung triffst, sondern weil du glaubst, es sei das Beste für die Nokolai. Du hast mich gefragt, wie ich beides sein kann. Das ist meine Antwort.“
„Richtig, richtig – aber das ist nur ein kleines Stückchen der Antwort, verglichen mit der Größe des Problems. Oder siehst du etwa einen Vorteil für uns darin, dass mein Thronfolger der Rho eines anderen Clans ist?“
„Selbstverständlich. Die Leidolf werden nicht mehr versuchen dich zu töten.“
Isen schmunzelte. „Ja, das ist eine erfrischende Abwechslung und eine, die ich zu schätzen weiß. Aber ich denke doch, dass mit dir als Rho die Leidolf mir nicht mehr nach dem Leben trachten werden, egal ob du mein Lu Nuncio bleibst oder nicht. Was noch?“
Rule wusste, er bewegte sich jetzt auf dünnem Eis, aber er ließ sich nichts anmerken. Zweifel waren vernünftig, aber sie zu zeigen war selten nützlich. „Seit über dreitausend Jahren war kein Lupus mehr Träger zweier Mächte. Unser Erzfeind rührt sich wieder. Die Zeiten ändern sich. Ich glaube, dies ist der Wille der DAME . Es ist ihr Wille, dass wir die, deren Namen wir nicht aussprechen, besiegen.“
Dieses Mal war Isens Erstaunen zweifellos echt. Erst schossen beide Brauen in die Höhe – um sich gleich darauf missbilligend zusammenzuziehen. „Glaubst du etwa, du kennst jetzt den Willen der DAME ?“
„Ich stelle natürlich nur Vermutungen an. Falls die DAME zu einer der Rhejes gesprochen hat, dann haben sie es uns nicht gesagt. Aber meine innere Stimme sagt mir, dass es so ist. Mein …“ Rule zögerte und tat dann sein Bestes, etwas in Worte zu fassen, für das es keine Worte gab. „Die Mächte, die ich in mir trage, sind mit der Situation zufrieden. Sie … helfen mir. Sie erleichtern es mir, meine beiden Rollen zu trennen.“
„Hmmm.“ Isen sagte lange Zeit nichts. Dann fragte er: „Und wirst du beide Clanmächte behalten können? Wenn ich jetzt tot umfalle, kannst du dann die ganze Macht der Nokolai übernehmen?“
„Wenn ich nicht davon überzeugt wäre, würde ich dich bitten, mir auf der Stelle den Machtanteil der Nokolai abzunehmen. Ich würde niemals das Wohl des Clans aufs Spiel setzen.“
„Eine gute Antwort, aber ein einfaches ‚Ja‘ wäre noch besser gewesen.“
„Ein einfaches
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