Wolf Shadow Bd. 7 - Verbotene Pfade
Panik, wenn sie merken, dass ihr Anführer Angst hat.
Sie ließ den Blick über die anderen schweifen. »Eine Sache – «
»Klöße«, sagte eine raue Stimme hinter ihr. »Hab sie gerade frisch gemacht. Durchweichte Klöße schmecken nicht. Und Scones für alle.« Carl trat neben Lily und stellte eine dampfende Schale vor ihr ab. Wortlos platzierte er einen großen Korb mit Scones in die Tischmitte und begann dann, einige Gegenstände aus den Taschen seiner Schürze zu holen – mit einer Serviette umwickeltes Silberbesteck für Lily. Salz- und Pfefferstreuer. Ein Glas Marmelade und einen Becher mit einem Deckel, in dem vermutlich Butter war. Mehrere Buttermesser. Und eine Rolle Küchentücher.
»Mir wurde gesagt, ich soll keinen Wein servieren«, sagte er auf seine langsame, getragene Art. »Was möchtet ihr trinken?«
»Nur Wasser. Und vielleicht noch Kaffee?«
»Ich habe das Wasser schon aufgesetzt. Der Sprössling hier kann Kaffee machen, wenn ihr fertig seid. Oder Isen. Sie machen ganz anständigen Kaffee. Benedict nicht. Eis?«
Sie blinzelte. Oh – er meinte, ins Wasser. »Ja, bitte.«
»Dein Kater wollte Hühnchen. Habe ihm etwas gegeben. Hat ihm geschmeckt.« Damit drehte er sich um und stapfte zurück in die Küche.
Hühnchen war offenbar wichtiger, als Wache zu halten. Nicht dass Harry Toby wirklich bewacht hätte. So bezeichnete nur Rule es. Bei Katzen war dieser Instinkt nicht so ausgeprägt wie bei Hunden.
Arjenie lehnte sich vor und flüsterte: »Er ist sehr still, nicht wahr?«
Isen lächelte. »Carl spricht fließend Mathe. Keiner von uns kann sich mit ihm in seiner Sprache unterhalten, aber er nimmt es uns nicht übel. Versuchen Sie die Scones.«
Der Schale vor Lily entstieg ein köstlicher Duft. Ihr Magen überraschte sie, als er jetzt knurrte. Sie hatte Hunger. Eigentlich sollte sie das so spät am Tag nicht erstaunen, aber dies war das erste Mal, seitdem sie angeschossen wurde, dass sie wirklich hungrig war. Sie begann mit Appetit zu essen.
Auch die Klöße waren eine Überraschung. Lily hatte die für die amerikanische Küche typischen schweren, fettigen Hackfleischbällchen erwartet, aber Carls waren anders. Leicht und locker, schmackhaft mit Kräutern gewürzt, schwammen sie in einer angedickten Soße zwischen Hühnchen- und Karottenstücken.
Zunächst beanspruchten der Hunger und das köstliche Mahl ihre ganze Aufmerksamkeit. Arjenie fragte Isen, was für eine Art von Mathe Carl sprach, und schien seine Antwort sogar zu verstehen, was Lily von sich nicht behaupten konnte. Interdimensionale Entartungen? Quantenisoliertes Vierkörpersystem?
Isen hatte recht. Sie sprach nicht Carls Sprache. Aber er machte unglaublich gute Klöße, und dazu waren sie noch einfach mit einer Hand zu essen. Vielleicht war das sogar von ihm beabsichtigt gewesen. Als er zurückkehrte, um ihr ein Glas Eiswasser zu bringen, strahlte sie ihn an. Er antwortete mit dem üblichen Nicken, und als sich die ernsten Falten auf seiner Stirn kurz hoben, lächelte er beinahe.
»Schmeckt es dir?«, fragte Rule.
Auch ihm schenkte sie ein Lächeln. Er gab ihr einen Scone.
Dieses Mahl war trostreich. Ungezwungen. Cynna verkündete, dass der kleine Reiter auf ihrer armen gequetschten Blase tanzte, und verließ den Tisch, um zur Toilette zu gehen. Isen fragte Cullen nach dem Projekt, an dem er arbeitete. Er versuchte, eine billig herzustellende Isolation gegen die ansteigenden magischen Energien in der Welt zu erfinden. Wenn er Erfolg hatte, würden laut Rule weder er noch die Nokolai – die seine Arbeit finanzierten – sich je wieder Sorgen um Geld machen müssen.
Alles war normal, sicher, friedlich. Und jeder von ihnen konnte morgen schon tot sein.
Rule reichte Arjenie den kleinen Becher, in dem, wie sich herausstellte, keine Butter befand, sondern Clotted Cream. Sie sagte etwas, das Lily nicht verstand, und er lachte.
Lily würde sofort und ohne nachzudenken ihr Leben für Rule riskieren. Und er würde dasselbe für sie tun, das wusste sie mit einer Sicherheit, die ihr Angst machte. Aber warum? Warum wurde sie bei dem Gedanken daran unsicher und ängstlich? Früher hatte sie nicht so empfunden.
Der Tod war eine Konstante. Das war nie anders gewesen, und Lily vermutete, dass ihre aktuelle Überempfindlichkeit auf diese Tatsache mit der Zeit wieder abklingen und sie wieder zu ihrem normalen halbblinden Zustand zurückkehren würde. Gott, sie hoffte es. Aber jetzt fühlte sie sich unruhig und unsicher, weswegen
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