Wolf Shadow Bd. 7 - Verbotene Pfade
zurück, in dem einer oder mehrere ihrer Brüder gefallen waren. Wenn einer verletzt war, trugen ihn die anderen … oder, wie in diesem Falle, sie. Rule hatte ihr gesagt, dass sie sich, wenn es keine Verletzten gab, gegenseitig über das Feuer trugen. Doch wenn ein Verletzter unter den Teilnehmern war …
Lily hatte nicht sehr lange festen Boden unter den Füßen. Jeder reliquae, der beim firnam tanzte, durfte die Verwundete über die Flammen tragen. Lily wurde von einem Paar Arme zum nächsten gereicht. Der Schweiß rann ihr über das Gesicht und kitzelte zwischen ihren Brüsten, und irgendwann verstand sie die Bedeutung des firnam . Verstand es tief in ihrem Inneren, nicht nur mit dem Kopf.
Für Krieger ging es nie nur um den Einzelnen. Im Kampf überlebten manche, manche starben, manche wurden verletzt. Die, die noch unversehrt waren, machten weiter – trugen die Verletzten, betrauerten die Toten – , und übersprangen weiter die Flammen. Wieder und wieder. Alle zusammen.
Es war Nacht geworden, als man sie ein letztes Mal Rule reichte. Er setzte sie sanft ab und legte die Arme um sie. Sie lehnte sich gegen ihn. Seine Brust war nass vor Schweiß. Ihr T-Shirt klebte an ihr.
Die Trommeln änderten den Rhythmus, wurden langsamer, bis schließlich die Basstrommel alleine erklang. Ein Wolf – riesig, rötlich, die Augen schwarz in dem flackernden Licht der Flammen – trat aus den Schatten und ging zu dem Feuer.
Er war LeBrons ältester Sohn.
Fünf langsame Schläge auf der Basstrommel folgten … anstelle des sechsten schrien alle: »LeBron!« Und der Wolf legte den Kopf zurück und heulte.
Dann herrschte wieder Stille. Die Trommeln nahmen ihren Rhythmus wieder auf, als ein weiterer Wolf aus den Schatten trat. Dieser war grau, ein wenig kleiner als der erste … Pauls Bruder. Paul hatte einen Sohn, doch der Junge war erst drei Jahre alt.
Wieder hielten die Trommeln inne. Und dieses Mal schrien alle, Leidolf und Nokolai, gemeinsam: »Paul!« Dann hob Pauls Bruder die Nase zum Mond und heulte.
Stille. Die Trommeln schlugen nicht mehr. Niemand jaulte oder heulte oder sagte etwas.
Dann trat eine große dunkelhäutige Frau in den Kreis und ging zum Feuer.
Lily legte den Kopf schräg und sah Rule fragend an. Würde die Rhej etwas sagen? Er hatte ihr nicht gesagt, dass sie am firnam teilnehmen würde. Rule schüttelte den Kopf; er wirkte verwirrt.
»Leidolf!«, rief sie. »Ich habe eine Nachricht von der Dame für euch.«
Das brachte Bewegung in die Gruppe. Sie wartete, bis alle wieder schwiegen. »Sie hat zu mir und zu allen anderen Rhejes gesprochen. Sie sagt jedem Clan, dass wir dem menschlichen Mann, Ruben Brooks, unsere volle und offizielle Unterstützung anbieten sollen.«
Lily fiel die Kinnlade herunter. Ein lautes Durcheinander von Fragen und Rufen erhob sich. Zweimal versuchte die Rhej, etwas zu sagen, musste aber abbrechen, weil sie nicht gehört wurde.
Rule löste sich aus der Gruppe und brüllte: »Ruhe!« Und Ruhe kehrte ein, plötzlich und vollkommen. »Hört die Rhej an.«
Die Rhej nickte ihm einmal anerkennend zu. »Ich weiß nicht, warum sie will, dass ihr euch mit Ruben Brooks verbündet. Ich habe euch mitgeteilt, was sie gesagt hat. Ich muss euch auch etwas mitteilen, das sie vor dreitausend Jahren gesagt hat, etwas, das aus den Erinnerungen stammt. Diese Geschichte kennt ihr gut, doch den Teil, den ich euch erzähle, kennt ihr nicht.«
Rule stellte sich wieder hinter Lily und legte die Arme um sie, während die Rhej den typischen Tonfall des Geschichtenerzählers annahm. Sie sprach von dem Rho der Etorri, der seinen ganzen Clan geopfert hatte und dem zum Dank eine zweifache Gunst gewährt wurde: Die Dame redete zu ihm, und sie versprach ihm, dass sein Clan niemals aussterben würde. »Aber sie redeten noch länger. Er stellte viele Fragen, die sie, aus Liebe und Mitgefühl für ihn, so klar beantwortete, wie es ihr möglich war. Einige dieser Fragen waren persönlich. Ihre Antworten darauf werde ich euch nicht verraten.«
Sie hielt inne und fuhr leiser fort: »Obwohl es sich um eine Erinnerung der Etorri handelt, trage auch ich sie in mir. Jede Rhej trägt sie in sich, denn sie sagt uns, wann der Krieg mit der Feindin unserer Dame fortgesetzt wird.«
Jetzt herrschte vollkommene Stille. Niemand rührte sich. Lilys Herz schlug heftig. Und Rules auch, wie sie feststellte.
»Dies sind die Worte, die sie vor über dreitausend Jahren sprach: Wenn der Träger der zwei Mächte ruft, sollt
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