Wolf Shadow Bd. 7 - Verbotene Pfade
Prickeln über den Rücken. Dya hatte guten Grund, erschüttert zu sein, und Arjenie hatte guten Grund, weit nach Mitternacht über diese dunkle Straße zu humpeln, was ihrem Knöchel sicher alles andere als guttat.
Als sie sich schließlich dem Tor näherte, stützte Arjenie sich schwerer auf ihren Stock. Das Tor war aus Rohren, und es war geschlossen. Daneben stand ein junger Mann in abgeschnittenen Jeans, ein Gewehr über der nackten Schulter.
Arjenie holte tief Luft, schickte mehr Energie in ihre Gabe und ging weiter. Der junge Mann bemerkte sie nicht, nicht einmal, als sie ungelenk über das Tor kletterte, vorsichtig darauf bedacht, dass die Werkzeuge in ihrem Gürtel nicht dagegenklapperten. Ihre Gabe würde wahrscheinlich verhindern, dass er Geräusche hörte, aber »wahrscheinlich« war nicht »sicher«.
Sie schwang ein Bein herum und kletterte auf der anderen Seite herunter. Erfolg. Sie lächelte in sich hinein und den jungen Mann, der nichts von ihrer Anwesenheit ahnte, an und humpelte weiter.
Ein Wolf trat hinter einem Busch am Straßenrand hervor. Er sah sie direkt an.
Arjenie erstarrte. Er war viel silbriger als der Wolf von gestern Nacht. Und mit plötzlicher Erleichterung stellte sie fest, dass er gar nicht sie ansah. In ihre Richtung, ja, aber sein Blick war auf etwas ein wenig seitlich von ihr gerichtet. Vielleicht auf die Wache?
Trotzdem zuckte sie mit keiner Wimper, als er die Straße entlang auf sie zutrottete … und an ihr vorbei. Ihr Herz schlug so heftig, dass ihr fast übel wurde. Aber er ging an ihr vorbei.
Einen kurzen Moment war ihre Neugier größer als ihre Angst, und sie warf einen Blick zurück. Und tatsächlich, der Wolf ging zu dem jungen Mann, der eine Art Zeichen mit den Händen machte. Der Wolf schüttelte den Kopf. Der Mann machte noch ein Zeichen. Der Wolf nickte und lief weiter den Zaun entlang.
Uff. Dyas Trank musste gewirkt haben. Anscheinend hatte sie keinen Geruch am Tor hinterlassen.
Arjenies Hände zitterten, als sie sich wieder in Bewegung setzte. Möglicherweise auch nicht nur ihre Hände. Ein Überschuss an Adrenalin wirkte ganz ähnlich wie blankes Grauen.
Der Rest ihrer Mission war weniger aufregend. Sie traf auf niemanden, als sie sich auf der Straße weiterschleppte. Die einzigen Wölfe, die sie hörte, heulten sich oben in den Bergen an. Die Ansammlung von Häusern und wenigen Läden, die sie für das Nokolai-Dorf hielt, lag ungefähr viereinhalb Kilometer hinter dem Tor, aber ihr Ziel war sehr viel näher. Doch vorher musste sie noch an einem ziemlich großen Wohnhaus vorbei.
Wie es sich für diese Uhrzeit gehörte, lag das große Gebäude im Dunkeln, als sie dort ankam. Ihr Herz schlug ein wenig schneller, als sie daran entlangging, doch nichts tat sich. Etwa tausendzweihundert Meter dahinter entdeckte sie die beiden parallelen Fahrspuren des Weges, den sie suchte.
Letztendlich hatte sie keines der Werkzeuge gebraucht, die sie mitgebracht hatte, nicht einmal die Stablampe. Sie konnte ungewöhnlich gut im Dunkeln sehen, und im hellen Licht des fast vollen Mondes hatte sie keine Mühe, die Brunneneinfassung zu finden.
Die Nokolai hatten mehrere Brunnen – wahrscheinlich drei, laut des Experten, den sie konsultiert hatte. Sie hatte nur Zeit gehabt, um den zu finden, der gebohrt worden war, seitdem man eine staatliche Genehmigung dafür benötigte. Aber die Nokolai verfügten über einen großen Wassertank, der auf Luftaufnahmen leicht auszumachen war. Der Tank versorgte die zweiundvierzig Häuser und sechs weiteren Gebäude im Zentrum des Dorfs. Und die Brunnen wiederum versorgten den Tank.
Mit anderen Worten, sie musste nicht allen Brunnen eine Dosis verpassen. Der Trank würde sich mit dem Wasser aus den anderen Brunnen mischen, bevor es die Häuser erreichte.
Hatte der Mann, den Friar hierhergeschickt hatte, seine Glasfläschchen in einen einzigen Brunnen geleert, oder hatte er sie in den Wassertank gegossen? Vermutlich tat das nichts zur Sache, aber wenn einmal etwas ihr Interesse geweckt hatte, musste sie immer wieder daran denken. Auch Friars Mann musste einen Trank gehabt haben, der seinen Duft verdeckte, aber es war unmöglich, dass er sich, wie Arjenie, unsichtbar gemacht hatte. Es gab keinen Zauber, der unsichtbar machte. Aber wie hatte er sich dann hier einschleichen können?
Sehr wahrscheinlich hatte er den Trank in einen der anderen Brunnen geschüttet, sagte sie sich. Diesen hier unbemerkt zu erreichen, wäre schwer für ihn gewesen,
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