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Wolf Shadow Bd. 7 - Verbotene Pfade

Wolf Shadow Bd. 7 - Verbotene Pfade

Titel: Wolf Shadow Bd. 7 - Verbotene Pfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Wilks
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denken. Vielleicht sah es ja aus der Entfernung von 384403 Kilometern so aus, als wäre hier auf der Erde alles in Ordnung.
    Eigentlich betrug der Abstand einige Tausend Kilometer weniger. Sie hatte es selbst vor ein paar Jahren berechnet, weil die andere Zahl den Abstand zwischen Erdmittelpunkt und Mondmittelpunkt angab, sie aber den Abstand zwischen den Oberflächen der beiden Himmelskörper wissen wollte. Dabei war sie vom jeweiligen Radius auf Höhe des Äquators ausgegangen, um die Sache nicht unnötig zu komplizieren, und …
    Und sie ließ sich schon wieder von Belanglosigkeiten ablenken. Nicht dass die Entfernung zwischen Erde und Mond belanglos war, aber sie war nicht sachdienlich.
    Arjenie holte tief Luft und öffnete die Tür ihres Wagens. Das Deckenlicht ging nicht an. Sie beglückwünschte sich, dass sie daran gedacht hatte, die Birne zu entfernen. Licht wurde noch aus einer Entfernung wahrgenommen, in die ihre Gabe nicht mehr reichte. Deswegen war sie die letzten Kilometer auch mit ausgeschalteten Scheinwerfern gefahren.
    Die Mission der heutigen Nacht war nicht annähernd so gefährlich wie der Besuch bei Dya, versicherte sie sich. Dieses Mal sah selbst das Worst-Case-Szenario nicht vor, dass jemand sie umbrachte.
    Aber dass jemand sie sah, das wäre durchaus möglich. Sie hoffte – nein, sie glaubte ganz fest daran – , dass der große, schöne Wolf von letzter Nacht unversehrt davongekommen war. Dann wäre er vielleicht heute Nacht hier und sah sie. Was schlecht wäre, aber viel besser, als wenn er tot wäre.
    All dieses angestrengte Daran-Glauben trug dazu bei, dass ihr Herz noch heftiger schlug, als sie den Werkzeuggürtel nahm, den sie heute Nachmittag gekauft hatte, und aus dem Wagen stieg.
    Sie legte den Werkzeuggürtel um ihre Taille – eigentlich um ihre Hüfte, denn selbst die kleinste Größe war ein bisschen zu weit für sie – und wackelte hin und her, um sich zu vergewissern, dass nichts klirrte und klapperte. Dann griff sie in ihre linke Hosentasche und holte die kleinere Glasflasche heraus.
    Darin war ein Esslöffel einer klaren Flüssigkeit. Arjenie zog den Stöpsel und trank sie mit einem Schluck. Kein Geschmack, kein Geruch – es war wie dickflüssiges Wasser.
    Sie spürte gar nichts. Dya hatte schon angekündigt, dass es so sein würde. Trotzdem hob sie einen Arm und roch erst an der Hand, dann unter dem Arm. Sie konnte keine Veränderung feststellen. Dann würde sie wohl einfach darauf vertrauen müssen, dass der Trank auch tatsächlich das hielt, was Dya versprochen hatte. Dank ihrer Gabe war sie für andere unsichtbar, aber der Trank bewirkte, dass sie auch nirgendwo ihren Geruch hinterließ.
    Dann griff sie in den Wagen, um ein letztes Utensil herauszuholen: einen Stock.
    Arjenie hasste den Stock. Zu Hause hatte sie auch einen, doch dort blieb er meistens ganz hinten in ihrem Kleiderschrank. Mit den plumpen orthopädischen Schuhen hatte sie sich schon lange abgefunden, aber den Stock empfand sie wie einen Vorwurf, das Ausrufezeichen hinter Oh nein, ich bin schon wieder ungeschickt gewesen! Aber ihr Knöchel tat noch immer weh, nachdem sie gestern Abend umgeknickt war. Sie hatte ihn hochgelegt, einen Heilzauber gewirkt und abwechselnd heiße und kalte Umschläge gemacht. Doch selbst mit einer engen elastischen Bandage machte er noch Beschwerden.
    Leider konnte sie nicht darauf warten, dass er endlich Ruhe gab. Zwar stand nicht ihr Leben auf dem Spiel, aber das anderer. Das hatte Dya zumindest gesagt, und Arjenie vertraute ihr, auch wenn sie nicht glaubte, dass Dya ganz ehrlich zu ihr gewesen war. Denn Arjenie fürchtete, dass Dyas Leben gefährdeter war, als sie zugab, und es gab so viel, dass Dya ihr nicht gesagt hatte. Aber Dya würde sie nicht hereinlegen.
    Manchmal ist das beste Ergebnis das, das man gar nicht bemerkt. Sie würde da reingehen und das tun, weswegen sie gekommen war, und nichts würde passieren.
    Mit diesem Ziel fest vor Augen, machten sich Arjenie, ihr Stock und ihr schmerzender Knöchel auf den Weg zum Clangut der Nokolai.
    Der Straßenbelag war erst kürzlich erneuert worden, was ein Segen war. Der Schotter war fast überall fest in den Boden gedrückt. Trotzdem machte sie Lärm beim Gehen, aber jeder, der nah genug war, um sie zu hören, war hoffentlich im Radius ihrer Gabe. Lupi hatten schrecklich scharfe Ohren. Wie scharf, wusste sie nicht genau, denn sie ließen sich nicht daraufhin untersuchen – was sie ihnen nicht vorwerfen konnte, wenn man

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