Wolf Shadow Bd. 8 - Tödlicher Zauber
so etwas wie Schummeln. Auf jeden Fall ist es geschmacklos, etwas, über das man in der Öffentlichkeit nicht spricht. Ich wurde dazu erzogen, meine Fähigkeit geheim zu halten.«
»So wie ich.« Lily hatte gewusst, dass Ruben Jude war, doch sie hatte immer angenommen, er sei es eher durch seine Herkunft als durch seinen Glauben – vielleicht, weil das Thema Religion zwischen ihnen nie aufgekommen war. Dass Deborah in beiderlei Hinsicht jüdisch war, war ihr neu. »Als ich noch bei der Mordkommission war, habe ich verschwiegen, dass ich eine Sensitive bin. Zum einen, weil ich so erzogen wurde, zum anderen aber auch, weil ich Angst hatte, man könnte mich dazu benutzen, jemanden zu outen, verstehen Sie?«
Deborah nickte. » Torquemada .«
»Unter anderen, ja.« Sensitive waren vor, während und nach der Säuberung dazu benutzt worden, Andersblütige und von Magie »Verunreinigte« aufzuspüren. Der spanische Großinquisitor war einer der bekanntesten Sensitiven. Als Massenmörder wurde ihm zwar der Rang durch Hitler, Lenin und Pol Pot abgelaufen, aber er hatte sehr viel mehr gefoltert als die neun- oder zehntausend, die er auf dem Scheiterhaufen verbrannt hatte. »Es dauerte ein bisschen, bis ich mich daran gewöhnt hatte, mich nicht mehr zu verstecken, aber mir gefällt es so besser. Sehr viel besser.«
»Ich verstecke meine Gabe nicht. Ich rede nur nicht darüber.«
Lily warf ihr einen belustigten Blick zu.
Deborah schnitt ein Gesicht. »Ich nehme an, das kommt auf dasselbe heraus. Liegt Magie bei Ihnen in der Familie?«
»In der Familie meines Vaters ja, aber er selbst hat keine Gabe. Warum?«
»Oh, ich interessiere mich für Genetik. Insbesondere, nachdem wir herausgefunden haben, welche Wirkung die Abstammung von den Sidhe auf Ruben hat – zuerst hatte er diese Allergie, dann hat es ihm das Leben gerettet. Kennen Sie Arjenie Fox?«
»Natürlich.« Dass Arjenie die neue Gefährtin von Rules Bruder Benedict war – die einzige andere Auserwählte in Nordamerika – , musste natürlich unter allen Umständen geheim bleiben, aber Lily hatte Arjenie auch vorher schon gekannt. Sie arbeitete als Rechercheurin für das FBI .
»Ich war sehr überrascht, als sie nach Kalifornien zog. Aber wie sagt man doch: Wo die Liebe hinfällt … nicht wahr? Sie hat mir geholfen. Aus Gefälligkeit, in ihrer Freizeit«, ergänzte Deborah hastig. »Nicht während der Arbeitszeit und ohne Arbeitsmittel zu nutzen.«
Lily unterdrückte ein Lächeln. So wie sie Arjenie kannte, würde sie alle Mittel nutzen, die sie wollte. Sie hatte zwar feste moralische Grundsätze, doch die stimmten nicht unbedingt mit denen ihres Arbeitgebers überein. »Jetzt, da ich Ihre Gabe kenne, frage ich mich, wie viel von dem da« – Lily deutete auf den Garten – »Sie eigenhändig geschaffen haben. Eine wunderschöne Anlage. Meiner Erfahrung nach mögen es die meisten Erdbegabten gar nicht, wenn ihnen andere Leute ins Handwerk pfuschen.«
»Ich habe jeden Zentimeter Erde selbst bepflanzt«, sagte Deborah mit dem ganzen Stolz einer leidenschaftlichen Gärtnerin.
Offenbar durfte man Deborah keine Komplimente wegen ihres Aussehens machen. Das verschreckte sie. Aber wenn man ihren Garten lobte, blühte sie auf. »Das gefällt mir besonders«, sagte Lily, als sie zu einem runden, mehrstufigen Beet kamen. »Es sieht aus wie eine Hochzeitstorte oder eine Fontäne aus Pflanzen statt aus Wasser.« Sie blieb stehen und dachte nach. So spät im Jahr blühten die meisten Pflanzen nicht mehr, aber … »Ist das ein weißer Garten?«
»Oh, Sie sind auch Gärtnerin! Ja, ich liebe es, wenn die vielen weißen Blumen in der Dämmerung schimmern. Ich wünschte, Sie hätten sie vor einem Monat sehen können. Ich fürchte, selbst die Zimterle hat den Höhepunkt ihrer Blüte bereits überschritten.«
»Zimterle?«, fragte Lily. »Ich kenne mich nicht gut in der hiesigen Pflanzenwelt aus, aber ich dachte immer, sie blühe nur im Sommer.«
Ein verschmitztes Grübchen zeigte sich in Deborahs linker Wange. »Kann sein, dass es mir gelungen ist, sie zu überzeugen, länger zu blühen.«
»Da nenne ich mal einen nützlichen Trick. Den außerdem nicht viele Erdbegabte beherrschen.«
»Den hat mir ein Naturgeist beigebracht.«
Lilys Augenbrauen schossen in die Höhe. »Ein Naturgeist?«
»Sie besuchen mich manchmal. Ich glaube, sie finden mich interessant.«
»Ah.« Lily stellte fest, dass sie sich viel lieber weiter mit Deborah unterhalten würde, als sich bei
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