Wolf Shadow Bd. 8 - Tödlicher Zauber
Aus irgendeinem Grund, den die Dame vor dreitausend Jahren genannt hatte, musste das Großtreffen genau jetzt abgehalten werden.
Das verstand Lily nicht.
Andere Veränderungen waren weniger verwirrend, dafür umso ärgerlicher. In zwei Wochen würde ein Handwerkerteam des Leidolf-Clans kommen, um den Keller des Reihenhauses fertigzustellen, denn Rule wollte, dass ihre Wachen, mittlerweile zehn an der Zahl, nicht im Hotel schliefen, sondern bei ihnen im Haus. Die frei stehende Garage im Hinterhof hatte er mit einer Alarmanlage ausstatten lassen, damit Lily dort ihren Dienstwagen, einen Ford, parken konnte. Wenn sie das nicht wollte, gut – er würde ihr nicht vorschreiben, was sie zu tun hatte. Aber dann bliebe die Garage leer, denn er würde sie nicht nutzen. Für die Wagen, die er seinen Wachen zur Verfügung stellte, hatte er Plätze in einer Garage ein paar Häuserblocks entfernt gemietet. Wenn Rule seinen Wagen brauchte, schickte er einen der Wächter, um ihn zu holen. Da sie alle Lupi waren, rochen sie es, falls sich jemand daran zu schaffen gemacht hatte.
Diese strengen Sicherheitsmaßnahmen waren so notwendig wie lästig. Doch nun stand Lilys Wagen in der Garage und Rules Mercedes nicht, weswegen sie das Haus durch die Vordertür verließen, unter den wachsamen Augen von José, der versteckt auf dem Dach Wache stand. In dem kleinen Garten hinter dem Haus, das wusste sie, patrouillierte Craig auf vier Pfoten.
Einer auf dem Dach, der die Straße überwachte. Einer auf der Erde, auf der Hinterseite des Hauses. Einer bei Rule. Leidolf und Nokolai abwechselnd. Zuerst waren sie nach Clans zu unterschiedlichen Schichten eingeteilt worden, doch das hatte Rule kürzlich geändert. Sie mussten als Team funktionieren, hatte er gesagt … was ja auch richtig war, doch Lily hätte erwartet, dass es Probleme gab, zumindest zu Beginn.
Als sie Rule daraufhin ansprach, hatte er die Augenbrauen hochgezogen. »Vielleicht vor einem Monat. Ein Krieg ändert vieles.« Er hatte recht behalten. Die Wächter der Leidolf und der Nokolai arbeiteten so reibungslos zusammen, als wären ihre Clans nicht einige hundert Jahre lang verfeindet gewesen.
»Wie sah dein Geist denn aus?«, fragte Rule, während sie die Tür hinter ihnen abschloss. Er stand mit dem Rücken zu ihr und ließ den Blick über die Straße schweifen.
»Es war nicht mein Geist.« Sie ließ die Schlüssel in ihre Handtasche fallen und begab sich zu dem Wagen, der in zweiter Reihe vor dem Haus geparkt war.
»Dann eben der Geist, der nicht deiner ist.«
»Eins achtundsiebzig groß, achtzig Kilo … wenn er einen echten Körper gehabt hätte und nicht einen aus Ektoplasma. Keine besonderen Kennzeichen. Kein Gesicht.«
Rules Brauen hoben sich. Er öffnete ihr die Wagentür. Das tat er gern. »Ein gesichtsloses Phantom?«
Sie lächelte. »Ja, tatsächlich.« Sie kletterte ins Auto und rutschte weiter.
Er folgte ihr. Scott ließ die Verriegelung einrasten.
Das war das, wusste sie, was Rule an den verschärften Sicherheitsmaßnahmen am wenigsten mochte: Er saß lieber selbst am Steuer. Doch andererseits wollte er die Hände frei haben, um im Fall eines Angriffs schnell reagieren zu können, deshalb hatte er jetzt einen Fahrer. Und Lily, die dieser Überwachung so gut wie nichts Gutes abgewinnen konnte, gab sich alle Mühe, sich damit zu arrangieren. Doch der Mangel an Privatsphäre machte ihr zu schaffen.
Sie begrüßte Scott und legte den Sicherheitsgurt an.
»Verheiratet, nehme ich an.«
»Ja, bald«, sagte er und nahm ihre Hand. »Nur noch fünf Monate.«
»Und ich hyperventiliere nicht einmal.« Rule zu heiraten, das war leicht. Die Hochzeit selbst war eine andere Geschichte, doch sie hatte schon eine To-do-Liste aufgestellt. Mehrere. »Aber ich meinte, dass der Geist verheiratet war, bis die ›Bis dass der Tod euch scheidet‹-Klausel in Kraft trat. Er oder sie trug einen Ring an der linken Hand.«
»Du hast einen Ring gesehen? Kein Gesicht, aber einen Ehering?«
»Als es nach mir griff, waren die Hände deutlicher zu sehen. Es war, als würde der Ring leuchten.« Sie überlegte. »Ich sollte wohl eher ›er‹ sagen, nicht ›es‹. Die Hände sahen aus wie die eines Mannes. Nicht jung, nicht alt, kein Handwerker.« Nein, es waren weiche Hände gewesen, daran erinnerte sie sich. Sauber und gepflegt. Schmale Hände, lange Finger, ordentlich gefeilte Nägel.
»Es wollte dich anfassen?« Rule klang besorgt.
»Dann löste es sich einfach auf.« Sie
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