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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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und wieder etwas von »Schnee«. Von Schnee! – bei einer stinkenden, schwülen, feuchten Hitze, die zum Umkommen war! Es blieb klar, daß Studmann sofort nach oben zu gehen und den Freund zu befreien hatte, ebenso notwendig war es freilich, dieses Mädchen erst einmal irgendwo sicher hinzubringen –zu Verwandten. Er hätte gerne ihre Adresse erfahren, aber sie hörte nicht auf seine Fragen, antwortete nur einmal unwirsch, er solle sie in Frieden lassen, sie wolle nicht, ihre Wohnung ginge ihn einen Dreck an!
    Unterdessen fuhr draußen ein Auto vor und hielt. Studmann war ungewiß, ob es das für ihn bestimmte war. Der Spanner ließ sich nicht sehen, das Mädchen flüsterte von Schnee, von Studmann stand unentschlossen.
    Schließlich schlüpfte der Spanner doch aus dem Auto in den Hauseingang. »Entschuldigen Se man, daß Se haben warten müssen. Mir war das so, als ob die Luft sauer roch. Sie wissen – das Spielerdezernat von der Kripo! Die Jungens können keine Nacht ruhig schlafen, die hält bei ihre Bezüge der Kohldampf so munter!«
    Er pfiff: »Und ich schlafe so schlecht, und ich träume so schwer …«
    »Na ja, nun man rasch, Herr Graf, in die Schaukeltüte! Vergessen Sie mir auch nicht! Na schön. Wieda Geld, wovon die Olle nischt weiß. Na – und wohin nun, gnädige Frau –?«
    Er wartete umsonst.
    Von Studmann sah zweifelhaft auf das Mädchen, das neben ihm in der Wagenecke lehnte.
    »In de Mulle, Walli?« brüllte der Spanner plötzlich. »Wo pennste denn jetzt?«
    Sie murmelte irgend etwas von Zufriedenlassen.
    Der Spanner zum Chauffeur: »Also hau ab, Mensch! Kurfürstendamm runter! Da wird sie schon munter werden …«
    Der Wagen fuhr an, als Studmann sich ärgerte, daß er nicht ausgestiegen war.
    Später, in der Erinnerung, war es ihm, als wären sie Stunden und Stunden gefahren. Straßen auf, Straßen ab, dunkle Straßen, lichterglänzende Straßen, leere Straßen, Straßen, gedrängt voller Menschen. Ab und zu klopfte das Mädchen gegen die Scheibe, stieg aus, ging in ein Lokal oder sprach mit einem Mann auf der Straße …
    Langsamer kam sie zurück, sagte zu dem Chauffeur:»Weiter!« Und der Wagen fuhr wieder los. Das Mädchen schluchzte, seine Zähne klapperten lauter, dann flüsterte es abgerissen vor sich hin.
    »Wie bitte?« fragte von Studmann.
    Aber sie antwortete nicht. Sie achtete überhaupt nicht auf ihn, für sie war er nicht da. Längst hätte er aussteigen, wieder in den Spielklub fahren können. Wenn er doch sitzen blieb, so nicht um ihretwillen. Er war kein so unbedingter Verehrer der Frauenwelt wie der Rittmeister von Prackwitz, er wußte sehr wohl, neben wem er saß. Ja, er wußte jetzt auch, er hatte es erraten, auf was das Mädchen Jagd machte. Er hatte sich erinnert, daß von »Schnee« auch einmal im Hotel die Rede gewesen war. Ein Toilettenpächter des Hotel-Cafés hatte es plötzlich geführt. Natürlich war der Mann geflogen, so weit kam selbst das modernste Hotel den Wünschen seiner Gäste in dieser irren Zeit nicht entgegen – aber immerhin, von Studmann wußte Bescheid.
    Nein, wenn er noch immer saß, wenn er noch immer fuhr, wenn er von Mal zu Mal gespannter wartete, ob die Nachfrage des Mädchens endlich Erfolg hätte – so darum, weil er um einen Entschluß kämpfte. Sobald das Mädchen Erfolg hätte, würde er sich entschließen, so oder so. Er würde es!
    Die Bemerkung des Spanners über das Spielerdezernat der Kripo hatte von Studmann auf den Gedanken gebracht, vorsichtige Nachfragen bei dem Chauffeur dieser Taxe hatten ihn sicher gemacht – es würde das beste sein, dieses Spielerdezernat einmal anzurufen. Den Spielklub ausheben zu lassen. Was er früher über diese Dinge gehört hatte, was ihm der Chauffeur bestätigte, war immer wieder, daß die Spieler kaum etwas zu fürchten hatten. Ihre Namen wurden festgestellt, im schlimmsten Fall bekamen sie ein kleines Strafmandat – das war alles! Wer hart angefaßt wurde, das waren die Raubvögel, die Ausbeuter, die Spielhalter – und das war nur recht so!
    Wieder und wieder sagte sich Studmann, daß diese Lösung die beste sei.
    Was hat denn das für einen Sinn, daß ich noch einmal raufgehe?! überlegte er wieder und wieder. Ich verkrache mich ja bloß mit Prackwitz, und er spielt erst recht weiter! Nein, vom nächsten Kaffeehaus anrufen bei der Polizei! Ich weiß doch, das wäre Prackwitz die heilsamste Lehre, nichts haßt er mehr, als aufzufallen – und wenn da nun seine Personalien von der Polizei

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