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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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– nicht mal hier in den Garten?« sagte der alte Mann und stand auf.
    »Wenn Sie das einen Garten nennen, Herr Elias! – Der Brief betrifft also das gnädige Fräulein?«
    »Das kann ich nicht sagen – aber möglich ist es.«
    »Geben Sie ihn her, Herr Elias, ich werde ihn besorgen.«
    »Sie geben ihn Herrn Rittmeister –?«
    »Ich besorge ihn schon richtig – ich gehe sofort hinauf.«
    »Ich sage also Herrn Geheimrat, daß Sie ihn abgegeben haben.«
    »Jawohl, Herr Elias.«
    Tapp, tapp, tapp – ging das Malakkarohr mit dem alten Elias in die Sonne hinaus, und tapp, tapp, tapp stieg der Diener Räder die Treppe in den ersten Stock hinauf.
    Als er aber an die Zimmertür klopfen wollte, hörte er einen Schritt aus dem ersten Stock die Treppe herabkommen, und als er hochsah, waren’s die Füße der gnädigen Frau, die da über die Stufen gingen. Also nahm es der Diener Räder für einen Wink, klopfte nicht, sondern hielt den Brief etwas auf dem Rücken und sagte: »Gnädige Frau –!«
    Die Frau von Prackwitz hatte zwei rote Flecken auf den Backenknochen unter den Augen, so, als hätte sie eben geweint. Sie sagte aber ganz munter: »Nun, Meister Hubert, was gibt es?«
    »Es ist ein Brief gekommen von drüben für den Herrn Rittmeister«, antwortete Räder und zeigte eine Ecke von dem Brief.
    »Ja?« fragte die gnädige Frau. »Warum gehen Sie nicht hinein und geben den Brief ab, Hubert?«
    »Ich tue es schon«, wisperte Hubert, zeigte den Brief aber nicht sehr. »Ich bin mutiger als der Herr Elias, der sich nicht getraut hat, ihn abzugeben. Sogar in mein Zimmer ist er darum gekommen, was er noch nie getan hat …«
    Frau von Prackwitz bekam vor lauter Nachdenken eine kleine senkrechte Falte zwischen den Brauen auf der Stirn. Der Diener Hubert zeigte den Brief wenig, eben nur eine Ecke – aus dem Zimmer fuhr mit Gepolter der Rittmeister: »Was ist das für ein verdammtes Gewisper und Getuschel vor meiner Tür –?! Sie wissen, daß ich das auf den Tod nicht ausstehen kann! – Ach, verzeih, Eva –!«
    »Es ist schon gut, Achim, ich habe hier mit Hubert etwas zu besprechen.«
    Der Rittmeister zog sich zurück, die gnädige Frau trat mit Hubert an eines der Dielenfenster und sagte: »Also geben Sie den Brief einmal her, Hubert.«
    »Die machen sich auf dem Schloß wohl viele Gedankenum unser Fräulein Violet«, erzählte Hubert nölig. »Der Herr Elias hätte gar zu gerne erfahren, warum das gnädige Fräulein seit fünf Tagen nicht auf dem Schloß gewesen ist.«
    »Und was haben Sie gesagt, Hubert –?«
    »Ich, gnädige Frau? Ich habe gar nichts gesagt!«
    »Ja, das können Sie großartig, Hubert!« bestätigte Frau von Prackwitz sehr bitter. »Sie sehen, was ich mir für Sorgen und Kummer wegen der Violet mache – wollen Sie mir denn wirklich nicht sagen, wer der unbekannte Herr gewesen ist, Hubert? – Ich bitte Sie sehr herzlich!«
    Sie bat ihn wirklich, aber einen Stockfisch soll man um nichts bitten.
    »Ich weiß von keinem unbekannten Herrn, gnädige Frau.«
    »Nein, natürlich nicht, weil er
Ihnen
bekannt ist! – Oh, was sind Sie für ein Schlaukopf, Hubert!« Frau von Prackwitz war sehr zornig. »Aber wenn Sie es weiter so treiben, Hubert, mit dieser Heimlichtuerei und Unwahrhaftigkeit – dann sind wir Freunde gewesen!«
    »Ach, gnädige Frau …« sagte Hubert mürrisch.
    »Was heißt: ›Ach, gnädige Frau‹ –?!«
    »Bitte schön, hier ist der Brief!«
    »Nein, ich will wissen, was Sie eben gemeint haben, Hubert!«
    »Es ist gewissermaßen nur eine Redensart …«
    »Was ist eine Redensart? Hubert, ich bitte –!«
    »Daß wir dann Freunde gewesen sind, gnädige Frau«, sagte Hubert ganz fischig. »Ich bin doch bloß der Diener, und gnädige Frau sind die Frau von Prackwitz – da kann von Freundschaft doch nicht die Rede sein …«
    Die gnädige Frau wurde bei dieser Unverschämtheit brennend rot. In ihrer Verwirrung griff sie nach dem Brief, den der Diener ihr immer noch hinhielt. Sie riß ihn auf und las darin. Mitten über dem Lesen aber hob sie den Kopf und sagte scharf: »Herr Räder! Entweder sind Sie zu dumm oder zu klug für eine Dienerstellung – in beiden Fällen, fürchte ich, werden wir uns in Kürze trennen …«
    »Gnädige Frau!« sagte Räder, jetzt auch ein wenig erregt. »Ich habe in meinen Zeugnissen Empfehlungen von hohen adligen Herrschaften. Und auf der Dienerschule habe ich das goldene Diplom bekommen …«
    »Ich weiß, Hubert, ich weiß, Sie sind eine Perle!«
    »Und

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