Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
Vom Netzwerk:
schwiegen. Sie sahen sich an, sie sahen wieder voneinander fort, als hätten sie sich bei etwas ertappt.
    Schließlich flötete die alte Gnädige: »Und wo war meine Tochter?«
    »Die junge gnädige Frau war auf dem Büro – bei Herrn von Studmann.«
    Die beiden alten Weiblein saßen starr, auch jetzt sahen sie einander nicht an. Dann, als Elias sicher war, der Haken saß fest, sagte er sanft: »Der Herr Rittmeister war auch auf dem Büro …«
    Freundin und Freundin regten sich langsam, wie aus einem tiefen Schlaf heraus. Fräulein von Kuckhoff räusperte sich energisch, völlig männerhaft, sie warf einen zweifelnden Blick auf Elias … Die gnädige Frau sah lieber zum Fenster hinaus.
    »Und was machen sie dort, Elias?« fragte sie.
    Elias brauchte nicht hinzusehen, er wußte Bescheid, und wo er nicht Bescheid wußte, da erriet er. »Sie mauern dort die Tür zu«, sagte er. »Weil die gnädige Frau der Anblick von den Verbrechern stört …«
    »Sie mauern die Tür zu …«
    Frau von Teschow saß starr, sie versuchte zu erkennen, ob dies eine Kränkung oder eine zarte Rücksichtnahme war. Beides konnte sich so ähnlich sein, es kam ganz darauf an, wie man es auffaßte.
    »Und wie kommen die Leute aus der Kaserne heraus?« fragte sie endlich.
    »Sie machen doch aus dem zweiten Fenster in der großen Leutestube eine Tür«, erklärte Elias. »Grade hinter den Büschen, nein, auf der andern Seite, nach dem Hof zu … Gnädige Frau werden nichts mehr sehen …«
    »Es ist sehr rücksichtslos von meinem Schwiegersohn, mir meine Aussicht zuzumauern«, fing Frau von Teschow bitter an.
    »Der Herr Rittmeister weiß nichts davon«, beeilte sich Elias. »Herr Rittmeister ist gleich nach Haus gegangen, als die – Leute kamen. Das hat Herr von Studmann angeordnet …«
    »Wie kommt Herr von Studmann dazu, mir meinen alten Ausblick auf die Schnitterkaserne zu verbauen?!!« rief Frau von Teschow hitzig.
    »Herr von Studmann macht doch einen sehr angenehmen Eindruck«, sagte Fräulein von Kuckhoff warnend.
    »Herr Geheimrat haben lange heute mittag mit Herrn von Studmann verhandelt«, meldete Elias. »Herr Geheimrat haben einmal sehr laut – geschrien.«
    »Es war sehr rücksichtsvoll von Horst-Heinz, daran zu denken«, sagte Frau von Teschow. »Ich wußte nichts davon – er wollte mich damit überraschen.«
    Sie sah nachdenklich nach der Schnitterkaserne hinüber. Zwei Steinschichten waren schon gelegt. Dieser junge Mensch in Feldgrau verhandelte eifrig mit den beiden Gutsmaurern, ein Wachtmeister stand mit neugierigem Gesicht dabei – nun lachten alle vier los. Noch lachend sahen sie alle zum Schloß hinüber, zu den Fenstern.
    Die gnädige Frau rückte eilig ihren Kopf aus der Sonne – aber auch ohnedies wäre sie auf ihrem Fenstertritt nicht zu sehen gewesen, halb hinter der Gardine versteckt. Noch lachend liefen die beiden Maurer nach dem Gutshof hinüber – der junge Pagel hielt dem Wachtmeister sein Zigarettenetui hin. Auch die beiden lachten.
    Das hätte Horst-Heinz nicht tun sollen! dachte die gnädige Frau ärgerlich. Den ganzen Sommer auf die kahle Wand starren! Sicher höre ich Geschichten von all diesen Verbrechern, was sie getan haben, warum sie sitzen – und ich weiß nicht einmal, wie sie aussehen. Ich müßte …
    Sie war in Versuchung, den Diener Elias hinüberzuschicken, sagen zu lassen, der Umbau sei nicht notwendig, aber sie wagte es nicht. Der Herr Geheimrat, ihr Gatte, war nur so lange gemütlich, als man seinen meist geheimen Plänen nichtzuwiderhandelte. Er konnte so nervenzerstörend brüllen! Und er lief dann so blaurot an – Sanitätsrat Hotop sagte immer, ein Schlaganfall würde ihm gefährlich werden …
    »Bitten Sie Herrn Geheimrat zu mir, Elias«, sagte die gnädige Frau sanft.
    »Herr Geheimrat sind fortgegangen«, teilte Elias mit. »Soll ich es ihm sagen, wenn er zurückkommt?«
    »Nein, nein, es müßte jetzt sein.« (Eine Tür ist so schnell vermauert!) »Aber Sie könnten einmal zu meiner Tochter gehen, Elias, und ihr sagen, ich ließe bitten, mir Fräulein Violet ein Stündchen zu schicken …«
    Elias nickte.
    »Wenn meine Tochter etwas vom Stubenarrest sagen sollte, deuten Sie an, Elias – aber vorsichtig, ganz unauffällig! –, daß Fräulein Violet heute mittag im Park spazierengegangen ist …«
    Elias verbeugte sich.
    »Von dem jungen Mann brauchen Sie vor meiner Tochter nichts zu erwähnen«, sagte die gnädige Frau. »Ich spreche mit meiner Enkelin selbst darüber

Weitere Kostenlose Bücher