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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Sanatorium. – Und dann den ganzen Tag draußen, es soll dort ja Tausende von Karnickeln geben …« Herr von Studmann schwenkt aufmunternd den Brief. »Und da ich, wie die Dinge nun einmal liegen, hier eine Beschäftigung gefunden habe und wegen deines Schwiegervaters nicht gut abkömmlich bin … Erwünscht nämlich so etwas wie eine feste kaufmännische Hand … Da habe ich gedacht, wenn du als mein Stellvertreter hinfahren würdest? Wie gesagt, die Ruhe, kein Ärger – und daß du mich warm für den Direktorenposten empfehlen würdest, davon bin ich ja gottlob fest überzeugt …« Herr von Studmann versuchte zu lachen, aber es gelingt ihm nicht ganz. »Also sag was, Prackwitz«, ruft er darum, mit einer etwas gemachten Munterkeit, »steh da nicht so finster und so bleich! Dein Schwiegervater wird sich wieder beruhigen …«
    »Sehr fein ausgedacht«, sagt der Rittmeister finster. »Großartig eingefädelt …«
    »Aber Prackwitz!« ruft Studmann erschrocken. »Was ist denn mit dir los –?«
    »Das habe ich kommen fühlen …« murmelt Frau Eva, lehnt sich in ihren Sessel zurück und legt die Handflächen vorsorglich gegen die Ohrmuscheln.
    Und richtig bricht der Rittmeister nach so langem Schweigen doppelt betäubend los.
    »Aber daraus wird nichts!« schreit er und hebt drohend einen dünnen, zitternden, langen Finger. Er ist schneeweiß im Gesicht und fliegt an allen Gliedern. »Für verrückt möchtet ihr mich erklären! In eine Irrenanstalt wollt ihr mich sperren!! Oh, listig, tüchtig!!«
    »Prackwitz!« ruft Studmann verzweifelt. »Ich beschwöre dich! Wie kannst du das denken! Hier, lies den Brief vom Geheimrat Schröck, handschriftlich …«
    Der Rittmeister schiebt Brief und Arm und Freund beiseite.
    »Fein ausgedacht, aber ich danke! Ich durchschaue euch! Der Brief ist bestellt – das ist ein Komplott mit meinem Schwiegervater! Ich soll ausgebootet werden, von mir will man sich scheiden lassen. – Der Ersatzmann ist zur Stelle, was, Eva?! Irrsinnig! Aber ich verstehe jetzt alles! Das Geschwätz über den Vertrag heute früh – war es überhaupt der richtige Vertrag? War der etwa auch unterschoben wie dieser Brief?! Nur um mich zu reizen! Dann die Gänse – wahrscheinlich von euch selbst hierhergelockt. Die Flinte – wieso war die Flintegeladen? Ich hab sie entladen in den Gewehrschrank gestellt! Alles vorbereitet, und nun, wo ich euch in die Falle gegangen bin, wo ich wirklich geschossen habe, gegen meinen Willen … ich schwöre, gegen meinen Willen!! … nun soll ich für verrückt erklärt werden! Abgeschoben – in eine Klapsmühle! Entmündigt – in eine Gummizelle …«
    Er schien von Kummer überwältigt. Aber schon packte ihn neu die Wut. »Aber ich weigere mich! Keinen Schritt gehe ich aus Neulohe! Ich bleibe! Ihr könnt machen, was ihr wollt! – Aber vielleicht sind schon die Irrenwärter da, die Zwangsjacke …« Er besann sich auf einen Namen, wie ein Strahl aus dem Himmel fuhr er in sein Hirn. »Wo ist Herr Türke? Wo ist der Irrenwärter Türke –?«
    Er sprang zur Tür. Vor ihm lag die kleine Diele still und schweigend.
    »Sie können versteckt sein«, murmelte er. »Herr Türke, kommen Sie vor, ich weiß doch, daß Sie da sind …«, schrie er in das dunkle Haus.
    »Nun ist es aber genug!« rief Frau Eva zornig. »Du brauchst nicht auch noch das ganze Personal an deinem Rausch teilnehmen zu lassen! Du bist einfach betrunken! – Er verträgt Schnaps nie, wenn er aufgeregt ist. Dann kriegt er einfach einen Koller«, flüsterte sie Studmann zu.
    »Irrsinnig!« klagte der Rittmeister jetzt. Er stand am Fenster und hatte den Kopf gegen die Scheibe gelegt. »Von der eigenen Frau und dem Freund verraten! Entmündigt!! Eingesperrt!!!«
    »Gehen Sie lieber jetzt«, flüsterte sie Herrn von Studmann zu, der von dem Gedanken besessen war, seinem Freunde vernünftig zuzureden, ihm alles erklären zu müssen. »Jetzt gehört er einfach ins Bett. Morgen früh ist er dann zerknirscht. Er war schon einmal so – Sie wissen, die Sache mit Herrn von Truchseß, die meinen Vater so böse gemacht hat …«
    »Ich gehe nicht!« schrie der Rittmeister in einem neuen Wutanfall und schlug gegen die Scheiben.
    Eine Scheibe zersprang. »Aua!« schrie der Rittmeister undhielt seiner Frau die blutende Hand entgegen. »Ich habe mich geschnitten. Ich blute …«
    Beinahe hätte sie gelacht über sein verändertes, klägliches Gesicht. »Ja, komm rauf, Achim, ich verbinde dich. Du mußt gleich ins Bett. Du

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