Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
Vom Netzwerk:
durch den Graben gelegt, nach zwanzig Minuten kam ein Fuhrwerk aus dem Wald mit Knüppeln – es war noch keine halbe Stunde vergangen, so fuhren die Erntefuder wieder von Außenschlag 5 auf den Hof …
    »Das ist ein Kerl!« sagten die Leute.
    »Von dem möchte man direkt ein Kind haben!« sagte die Hartigen bewundernd, obwohl sie jetzt Feldarbeit statt Büroreinigung machen mußte.
    »Das möchtste wohl, Frieda!« lachten die andern beifällig.
    »Der ist eine andere Nummer als dein Negermeier!«
    Ja, Herr von Studmann machte sich recht gut, aber er hatte auch gute Hilfe. Es war ein wahres Wunder, wie der alte, eingeschüchterte, demütige Leutevogt Kowalewski auftaute, wie mancher vorzügliche Ratschlag, aus alter Erfahrung geboren, seinem Kopfe entsprang! Bei den Leuten blieb er ja immer ein bißchen weich und lasch, aber da war es nun wieder erstaunlich anzusehen, wie der junge Pagel schwitzend, aber quicklebendig auf seinem Rade heranspritzte, mit den dollsten Weibern die unanständigsten Witze riß, aber genau sagte: »Bis hierher kommt ihr bis Mittag – und bis dorthin zu Feierabend!«
    Wenn sie zeterten, das sei unmöglich, das Junkerchen möge es doch halbwege machen, sie seien doch bloß schwache Weibsen und kein solcher Kraftkerl wie er, so verspottete er sie, sie trauten sich doch wohl noch jeden Mann zu, und wenn man auf ihre Mäuler höre, sei der Knabe doch noch nicht geboren, der sie müde mache. Nun sollten sie es einmal beweisen!
    Unter ihrem brüllenden Lachen fuhr das Junkerchen wieder ab, aber am Abend waren sie so weit, wie er gezeigt hatte. Oder vielleicht sogar ein Stückchen weiter, und das vergaß er nie festzustellen, lobend oder, besser noch, miteinem derben Witz. Er gefiel ihnen allen, besonders, da keine auf eine andere seinetwegen eifersüchtig sein konnte.
    »Der paßt in die Welt!« sagten sie. »Der kriegt mal ’ne feine Frau – nicht so einen Besen wie dich!«
    »Na, und du –?! Dich Dreckhaufen kehre ich noch immer weg!«
    Als sie erfuhren, was er gewesen war – und mit ihrer wachen Neugier bekamen sie natürlich alles heraus –, da hatten sie ihn erst Fähnrich genannt, dann den Fahnenjunker, dann den Junker, dann das Junkerchen. Und da er oft mit Fräulein Violet aufs Feld kam, so war es ihnen ganz so, als wären die beiden Besitzerssohn und -tochter. – Denn daß sie kein Liebespaar waren, das hatten die Frauen schnell weg.
    Ja, Weio war in ihrer Verlassenheit Wolfgang Pagels ständige Begleiterin geworden. Ihre Mutter hatte wenig Zeit für sie, die Mutter war ja auch viel auf dem Feld. Frau Eva hatte ihre ganze Jugend in Neulohe verlebt, früher war sie mit ihrem Vater, dem alten Geheimrat, oft aufs Feld gefahren. Sie hatte gehört, was der Alte vor sich hin brabbelte, sie hatte gesehen, worauf er achtete. Sie wunderte sich, wie viel davon in ihr haftengeblieben war, sie hätte es nicht geglaubt. War sie mit dem Rittmeister aufs Feld gekommen und hatte etwas gesehen, so durfte sie es doch nicht gesehen haben, denn der Rittmeister hatte gleich gesagt: »Davon verstehst du nichts. Kümmere dich bitte nicht um meine Wirtschaft!« Und war sofort ärgerlich geworden.
    Herr von Studmann wurde nie ärgerlich. Aufmerksam hörte er ihren Berichten zu, er ermutigte sie noch. Er sagte zu ihren Vorschlägen: »Ausgezeichnet!«, und wenn er dann manchmal doch nicht das tat, was sie vorgeschlagen hatte, so begründete er seine abweichende Meinung so ausführlich und gut, daß sie ihm recht geben, aber auch rasch ein bißchen gähnen mußte. Herr von Studmann war sicher ein sehr zuverlässiger, ein tüchtiger Mann, aber er war ein bißchen umständlich. Es war nicht auszudenken, wie er es anstellen würde, wenn er ihr eines Tages seine Liebe erklären, begründen,motivieren, auseinandersetzen würde, sein Verhalten dem Freund gegenüber entschuldigen, erläutern würde, seine Forderungen für die Zukunft präzisieren würde. Nicht auszudenken war es! Herr von Studmann war bei aller Tüchtigkeit für einen Flirt das Untüchtigste von der Welt. Aber Frau Eva mußte zugeben, daß seine Art, bei einer nüchternen Kalkulation der Futtermittelmischung für den Kuhstall den Blick versonnen von ihrer Fußspitze bis zu ihrem Munde gehen zu lassen, dann »ähemm!« zu sagen und von neuem anzufangen, ihre Reize hatte.
    Langsam, aber sicher, dachte Frau Eva. Sie hatte keine Eile, von Hast und Überstürzung hatte sie erst einmal genug. Übrigens bestanden wahrscheinlich gar keine festen Pläne

Weitere Kostenlose Bücher