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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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denke, er schießt sein fünfhundertstes Kaninchen!«
    »Es ist nicht möglich!« sprach von Studmann und sah doch schon den Rittmeister aus dem Auto steigen.
    »Ich habe schon seit heute früh dieses unruhige Gefühl …«, meinte Frau von Prackwitz.
    »Dachte ich es mir doch!« sagte der Rittmeister, trat in das Büro und schüttelte den drei Überraschten strahlend die Hände. »Wieder einmal der Große Rat versammelt zur Besprechung jener völlig unlösbaren Fragen, die mein FreundStudmann dann schließlich doch löst! Großartig! Ganz wie ich gedacht habe, alles beim alten. Studmann, ich bitte dich, zieh kein Gesicht. Ich soll dir übrigens von deinem dir noch unbekannten Freunde Schröck bestellen, daß du nach wie vor der richtige Mann für ihn bist. Ich tauge nur zum Karnickelschießen. – Aber, Kinder, sagt, was machen denn die vielen Laubfrösche hier in Neulohe? Eine ganze Abteilung sah ich, wie sie auf den Wald losmarschierte. Der Herr Schwiegervater will doch nicht etwa seine Wilddiebe gefangennehmen lassen?! Unsern guten Kniebusch traf ich übrigens heute früh in Frankfurt auf dem Bahnhof, völlig zerschmettert, er hat heute Termin in Sachen Bäumer … Um den alten Knopp hat sich also auch keiner von euch richtig gekümmert, einschließlich meines hochverehrten Herrn Schwiegervaters. Das hätte man ihm sicher ersparen können! Na, jetzt werde ich mich wieder in die Wirtschaft knien! Und die Gendarmen? Zuchthäusler sind euch weggelaufen? Das Kommando ist aufgelöst?«
    Der Rittmeister lachte herzlich, er warf sich in einen Stuhl und lachte immer mehr, je mehr er die überraschten, verlegenen Gesichter der anderen betrachtete.
    »Aber, Kinder, Kinder – dafür hättet ihr mich doch nicht wegzuschicken brauchen, solche Dummheiten hätte ich auch allein fertiggebracht! Großartig! Und die Schwiegermama bibbert natürlich wieder? Und der junge Herr Pagel geht nicht mal auf die Treibjagd mit? Na, Pagel, wenn ich Ihr Chef wäre, Sie müßten mir sofort raus. Das ist Ehrensache, einer vom Gut muß doch mindestens dabeisein. Sonst heißt es gleich, wir hätten Angst …«
    »Jawohl, Herr Rittmeister!« sagte Pagel. »Ich gehe schon!« Und ging.
    »Na also!« rief der Rittmeister strahlend. »Den hätten wir raus! Der junge Bursche braucht hier auch nicht ewig tatenlos herumzustehen, schließlich ist er hier in Lohn und Brot. – So, Kinder, und nun erzählt mir alles, was ihr auf dem Herzen habt. Ihr habt keine Ahnung, wie frisch und ausgeruht und erholt ich bin. Jeden Tag ein Fichtennadelbad und zehn StundenSchlaf – das erfrischt! – Also raus, Studmann, mit dem Schlimmsten: Was macht die Pachtzahlung –?«
    »Ich hole das Geld morgen aus Frankfurt«, sagte Studmann, ohne jeden Blick auf die gnädige Frau.
    Komisch, plötzlich war es dem Herrn von Studmann doch wieder nicht recht, daß er recht bekommen hatte mit seiner Reise.

8
    Wenn gegen Abend der Milchwagen von Rittergut Neulohe wieder auf den Hof zurückkommen und der Milchkutscher die Posttasche auf dem Büro abgeben wird, dann wird Herr von Studmann in dieser Tasche auch einen Brief des Geheimrats Schröck finden, der einiges Licht auf die plötzliche Rückkunft des Rittmeisters Joachim von Prackwitz wirft.
    »Sehr geehrter Herr von Studmann«, liest Studmann in diesem Brief des bärbeißigen und etwas wilden Behandlers der menschlichen Nerven- und Gemütsleiden. »Gleichzeitig mit diesem Brief wird Ihr Freund Prackwitz wieder bei Ihnen eintreffen, der mein Freund nicht geworden ist. Der Besuch des Herrn von Prackwitz wird mir immer angenehm sein – als zahlender Patient. Um aber Irrtümern vorzubeugen, möchte ich Ihnen schon heute bemerken, daß so labile, zu Depressions- und Erregungszuständen neigende Psychopathen wie der Herr Rittmeister von Prackwitz, mit starkem Geltungsdrang, aber schwacher Intelligenz, nicht eigentlich heilbar sind – zumal nicht im Alter unseres Patienten. In den meisten Fällen wird es sich darum handeln, solchen Menschen den Drang zu einer harmlosen Beschäftigung beizubringen, wie etwa Briefmarken sammeln, schwarze Rosen züchten, Fremdwörterverdeutschungen erfinden – dann richten sie keinen Schaden an und werden sogar ganz erträglich.
    Ich hatte Herrn von Prackwitz schon nahe beim fünfhundertsten Kaninchen und winkte sehr stark mit dem Rekord des tausendsten, als ihn – hol ihn der Teufel! – die Idee anfiel,er müsse jetzt meine Kranken heilen und ich machte alles falsch. Er ging los mit der

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