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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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nichts gegen die gnädige Frau – aber sie will nicht. Kommt Trudchen – aber Trudchen will auch nicht. Trudchen hat sogar eine Entschuldigung: die Villa ist ihr zu graulich. So weit ab vom Dorf, und jetzt, wo die Zuchthäusler ausgerissen sind …
    »Ich kann es ihr ja eigentlich kaum verdenken, Eva«, flüstert Frau von Teschow. »Wie du es mit Violet verantworten magst, du solltest sie uns nach Berlin mitgeben.«
    Einen Augenblick denkt Frau von Prackwitz, daß dies wirklich gut wäre. Aber: »Violet ist mit ihrem Vater fortgefahren.«
    »Ach ja, in euerm neuen Auto! Horst-Heinz hat gleich in Berlin angerufen, an die zwanzigtausend Mark kostet solch ein Wagen. Wie ihr das erschwingen könnt, und da stöhnt ihr über die Pacht …«
    »Also wie ist es mit einem Mädchen, Mama?«
    »Ja, mein liebes Kind, du hörst doch selbst – ich kann sie unter diesen Umständen doch nicht zwingen. Wenn ihnen in der Villa was passierte, ich müßte mir ja ewige Vorwürfe machen.«
    »Nein, das sollst du natürlich nicht, Mama, ich werde mich mit der Minna oder der Hartigen behelfen.«
    »Ich wäre dir ja gern gefällig gewesen, Evchen. Aber du mußt wirklich mehr auf Autorität bei deinem Personal sehen. Du sollst ja manchmal eine ganze Woche nicht in die Küche kommen!«
    Kleine Sticheleien, Beteuerungen, Abschied …
    Als sie zum Wagen hinuntergehen, steht auf der Diele der Geheimrat von Teschow in seinem stadtfeinen Anzug, der den haarigen Ostelbier noch grausiger kleidet als das gewohnte Loden.
    »Einen Augenblick, Eva. Ja, steig schon ein, Belinde. Ich habe mit Eva noch ein paar Worte zu reden.« Er nimmt ihren Arm, er geht mit ihr ein paar Schritte abseits in den Park. »Ich möchte dir speziell eines sagen, Eva, deinem Mann würde ich es nicht sagen, der hört ja doch nicht. Du wunderst dich über diese Reise …«
    »Mama sagt, wegen der entsprungenen Zuchthäusler –«
    »Unsinn! Glaubst du, ich fahre wegen ein paar dammlichen Zuchthäuslern weg?! In das elende Berlin? Hähä, so sieht der Geheime Ökonomierat Horst-Heinz von Teschow aus! – Nein, hast du was von einem Putsch gehört?«
    Er sieht seine Tochter musternd an, sie antwortet nicht.
    »Na also, du brauchst mir auch nichts zu sagen – ich kann es mir an den fünf Fingern abzählen: plötzliche Rückkehr meines Herrn Schwiegersohns, das neue Auto … Dein Mann will also mitmachen. Hoffentlich hat er sich wenigstens das Geld fürs Auto vorher geben lassen. Nun, so dumm wird er ja nicht sein, für die Herren noch Schulden zu machen …«
    Frau Eva schweigt.
    »Also doch!« kräht Herr von Teschow erfreut. »Na ja, jeder so doof, wie er kann. Mir soll’s egal sein. Ich verstehe dich bloß nicht. – Schön. Gut. Schwamm drüber! – Also für dich gesagt: der Putsch fliegt auf. Die Herren können sagen, was sie wollen: Die Reichswehr macht nicht mit. Ich bin die letzten Tage immer auf den Beinen gewesen, habe überall rumgehorcht – ein totgeborenes Kind! Hier aus dem Dorf machen auch über zwanzig Dumme mit, der Schulze Haase, der Schlauberger, vorneweg. Der zweite Schlauberger ist also mein Schwiegersohn …«
    »Papa, man müßte die Leute doch warnen!«
    »I wo! Glaub einem alten Mann, Kind; jeder nimmt es dir übel, wenn du ihn seine Dummheiten nicht alleine machen läßt. Vielleicht gibt’s ein bißchen Kämpfe – na schön! Sie können das Kämpfen ja immer noch nicht lassen, begreifen nicht, daß die Herren Clemenceau und Poincaré sich die Bäuche halten vor Lachen, daß wir uns hier gegenseitig totschlagen. Also, Evchen, sieh, daß du deinen Mann mit Schlauheit rumkriegst: reist auch ab! Wenn man hier ist, muß man irgendwie Stellung nehmen, man wird reingezogen in das Schlamassel. Fahrt lieber weg!«
    »Er will doch mitmachen!« sagt sie leise.
    »Na, Mädchen, muß ich dir noch erzählen, wie man einen Mann rumkriegt? Sag, du willst heute abend nach Frankfurt, bekomme meinethalben eine Blinddarmentzündung – nur weg!«
    »Laß ihn doch, Papa!«
    Der alte Herr schaut hoch. »I du Donner!« ruft er erstaunt. »Ist es nun soweit? Na, Evchen, verdammt lange hat es mit dir gedauert! Ich dachte immer, ich hätt ’ne kluge Tochter …«
    »Ach, Papa …«
    »Na, also schön, laß ihn mitmachen, laß meinethalben auch den Wagen hops gehen …« Er hält inne, erschrocken über seine eigene Großzügigkeit. »Nee, das ist ja nun wirklich nicht nötig. Du müßtest es irgendwie hinkriegen, Evchen, daß der Wagen morgen nicht fahren kann. Frag mal den

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