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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Herrn von Studmann, der ist ja ein schlauer Hund.«
    »Ja, richtig, Papa, du fährst fort – wohin sollen wir denn morgen die Pacht bezahlen?«
    »Ach, die Pacht! Habt ihr sie denn? Na, laß es, bis ich zurückkomme.«
    »Nein, Papa, das geht nicht. Herr von Studmann bringt das Geld heute nachmittag mit – wir können keine Entwertung riskieren.«
    »I du Donner!« ruft der alte Herr und sieht seine Tochter verdutzt an. »Ich hab doch nie gedacht, daß ihr das Geld morgen bereit habt – was mache ich nun?«
    »Sag, an wen wir zahlen sollen, Papa. Ich lasse das Geld nicht über den ersten Oktober liegen.«
    »Und morgen ist der Putsch. Morgen kann die Mark fallen und fallen. Evchen, weißt du was, bezahl das Auto mit dem Geld.«
    »Nimmst du dann statt der Pacht das Auto, Papa? Das müßtest du mir aber schriftlich geben.«
    »I wo, wie wird denn das Auto vielleicht morgen schon aussehen?! In Geldsachen hört die Verwandtschaft auf. Weißt du was, ich werde was dranwenden. Schick euern jungen Mann, Pagel heißt er ja wohl, mir nach in den Kaiserhof.– Ich zahle ihm die Fahrt, dritter natürlich, und auch ’ne Kleinigkeit für Spesen.«
    »Das geht auch nicht, Papa, ich will aus bestimmten Gründen, daß Achim dir das Geld selber gibt.«
    »Zum Donnerwetter!« ruft der alte Herr wütend. »Wäre ich doch einfach abgereist, ohne mit dir zu sprechen! Dann könntet ihr sehen, wie ihr euer Geld loswerdet. Dann muß mir also Achim nachreisen!«
    »Das wird Achim nicht tun, Papa. Du weißt, was er morgen vorhat.«
    »Das muß er aber tun! Schulden bezahlen geht vor.«
    »Das wollen wir auch – aber hier!«
    »Ach so, du möchtest, daß ich hierbleibe? Nee, mein Kind, dazu ist dein Vater zu schlau. Elias, komm mal her. – Hör zu, Elias, du kriegst heute abend oder morgen früh von meinem Schwiegersohn einen Haufen Papier, was sie heute Geld nennen, verstehst du?«
    »Jawohl, Herr Geheimrat.«
    »Das tust du in meine alte braunlederne Reisetasche, und damit setzt du dich sofort auf die Bahn und fährst mit dem nächsten Zug zu mir ins Hotel Kaiserhof. Weißt du das noch, Elias?«
    »Am Wilhelmplatz, Herr Geheimrat.«
    »Richtig, Elias. Keinem Menschen ein Wort sagen. Am Bahnhof Friedrichstraße kannst du dir eine Taxe nehmen. Aber daß du mir die Reisetasche nicht einen Augenblick losläßt!«
    »Wie werd ich, Herr Geheimrat!«
    »Elias, manche schneiden im Gedränge die Tasche ab, nachher kommste bloß mit ’nem Henkel im Kaiserhof an …?«
    »Ich komme mit der Tasche!«
    »Na, Elias! Weißt du was, du tust ’nen Stein unten rein, daß du’s am Gewicht spürst …«
    »Jawohl, Herr Geheimrat.«
    »Na schön. Ist nun alles in Ordnung, Evchen?«
    »Nur noch die Pachtquittung, Papa!«
    »Nun schlägt’s aber dreizehn! So was von einer mißtrauischen Tochter! Ich kann dir doch die Quittung nicht geben, ehe ich nachgezählt habe, ob das Geld auch stimmt!«
    »Und wir können Elias das Geld nicht ohne Quittung geben!«
    »Hörste, Elias, die traut dir nicht! Wie oft hast du ihr den Schnuller in den Mund gesteckt, wenn sie in ihrem Wagen gebrüllt hat – und jetzt traut sie dir nicht! Also, Elias, ich schreib dir jetzt schnell eine Quittung aus. Da schreibst du genau die Summe rein, die du kriegst, Milliarden und Millionen – genau, Elias!«
    »Gewiß, Herr Geheimrat!«
    »Und dann die Uhrzeit, auf die Minute die Uhrzeit! Paß namentlich um zwölfe rum auf, wenn der Dollar wechselt. Warte, geht deine Bolle auch richtig?!«
    Noch werden mit Genauigkeit die Uhrzeiten verglichen, Elias bekommt die Quittung. Vom Landauer ruft Frau von Teschow schon seit fünf Minuten: »Wir erreichen den Zug nicht, Horst-Heinz! – Eva, wie du deinen Vater so aufhalten kannst!«
    Der Geheimrat schüttelt seiner Tochter die Hand, zögert einen Augenblick, küßt sie dann aber auf die Backe.
    Frau von Prackwitz geht langsam zurück zum Hof, zur Villa. Leer, leer … alles flieht von Neulohe, als sei es ein unheilbringender Ort.

4
    Der Rittmeister von Prackwitz hatte den plötzlich auftretenden Erwerbssinn all jener, die nichts von Geschäften verstehen. Als der Schwager Egon in Birnbaum den Horchwagen zwar sehr bewundert, aber doch recht teuer gefunden hatte, war im Kopfe des Rittmeisters der Gedanke aufgetaucht, das wahr zu machen, was er seiner Frau vorgeschwindelt hatte: sich nämlich den Wagen von den Herren Putschisten in Ostade bezahlen zu lassen.
    Mit einer überlegenen Miene hatte er seinem Schwager versichert, daß Wagen für

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