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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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rechte Schlauköpfe manchmal nicht das kosteten, was sie kosteten. Also fast gar nichts, also rein gar nichts – und mit Andeutungen, Zwinkern, vertraulichen Mitteilungen hatte er es dahin gebracht, daß auch im Kopf seines Schwagers eine Verbindung zwischen dem neuen Auto und dem bevorstehenden Putsch entstanden war. Von dem Putsch hatte Egon natürlich auch schon gehört. Von dem Putsch schienen alle längst gehört zu haben, der Rittmeister jedenfalls am spätesten. Den Putsch schien der Schwager nicht sehr hoffnungsvoll zu beurteilen. Aber als echter Sohn seines Vaters meinte der junge Teschow, daß keine Unternehmung ganz schlecht sein könne, die ein solches Auto abwürfe.
    Als der Rittmeister dann sehr aufgekratzt nach Haus fuhr, die nicht minder aufgekratzte Weio an seiner Seite, war er schon fest davon überzeugt, daß die Reichswehr verpflichtet sei, ihm den Wagen zu bezahlen. Wie kam dieser kleine Major dazu, ihm das Antreten mit einem Wagen zu befehlen?! Sein Blut konnte das Vaterland jederzeit von ihm verlangen, mit seinem Gut mußte er haushälterischer umgehen. Und da von den Unkenrufen Evas und des Schwagers doch einiges in seinen Ohren haftengeblieben war, so beschloß der Rittmeister, gleich morgen, noch vor dem Putsch, einmal nach Ostade zufahren, den Kameraden von der Reichswehr auf den Zahn zu fühlen und eine kleine Abschlagszahlung herauszuschinden. Am zweiten Oktober sehr pünktlich würde die Anzahlung auf den Wagen eingefordert werden; der Rittmeister hatte nicht die geringste Vorstellung, woher er das Geld nehmen sollte. Aber es war auch überflüssig, sich darum Gedanken zu machen. Morgen in Ostade würde man schon sehen!
    Er wandte sich zur Seite und erkundigte sich bei seiner vergnügt vor sich hin summenden Tochter, wie sie über eine Fahrt nach Ostade denken würde.
    Violet war natürlich begeistert. Sie warf sich ihrem Vateran den Hals und küßte ihn mit solcher Wärme ab, daß der Rittmeister beinahe ein bißchen bedenklich wurde. Aber es war wohl nur der Alkohol, die lockende Autofahrt, die nun endlich überstandenen langen, eintönigen Wochen des Stubenarrestes!
    Trotzdem hatte der Rittmeister einen Augenblick lang die richtige Witterung gehabt: nicht der Vater, der Geliebte war geküßt worden. Was galt das neue Auto, was die Fahrt – Ostade bedeutete den Leutnant. Es war unmöglich, nach Ostade zu fahren und den Leutnant nicht zu sehen!
    Nur der Gedanke an die Mutter machte Violet einige Sorgen, darum fragte sie sehr vorsichtig: »Und die Mama?«
    Richtig war der Vater sofort leicht verärgert. »Deine Mama ist nicht für diese militärischen Unternehmungen. Am besten behelligen wir sie nicht damit. Am schönsten ist es doch, wir machen unsere Sache richtig und überraschen sie nachher mit dem Erfolg.«
    »Aber vielleicht möchte Mama gerne mitfahren?« Violet war sehr ängstlich, die Mama konnte sie bei ihrem Wiedersehen mit dem Leutnant bestimmt nicht gebrauchen. »Oder sie erlaubt nicht, daß ich mitfahre?«
    »Wenn ich es dir erlaube, Violet!«
    Es klang sehr nach dem Herrn im Hause, im Innern war der Rittmeister sich seines Bestimmungsrechts über die Tochter nicht ganz so sicher. Er verstand nicht viel von Mädchen; die Art, wie Violet ihn eben abgeküßt hatte, war direkt beängstigend gewesen. Aber wahrscheinlich verstand Eva ebensowenig davon. Der wegen nichts und wieder nichts verhängte Stubenarrest war eine rechte Blamage gewesen. Gottlob war Violet nicht nachtragend. Doch hätte Eva gut in der letzten Zeit – zur Entschädigung – etwas netter zu ihr sein können! Nein, Violet hatte diesen Ausflug nach Ostade regelrecht verdient –!
    »Ich werde heute abend noch mit Mama sprechen. Aber wie gesagt, sie wird nicht mitfahren mögen. Sei zeitig unten. Um sieben trinken wir Kaffee, und um halb acht fahren wir. –Und sei leise auf der Treppe – du weißt, deine Mutter schläft gern lange.«
    Wieder ein Stich, wenn es auch besorgt klang. Ganz wohl war dem Rittmeister nicht dabei, wie er die Stellung der Mutter bei der Tochter untergrub. Aber Eva wollte es ja leider nicht anders! Wenn sie ihn wie einen Narren behandelte, in ein Sanatorium schickte, von der Verwaltung des Gutes ausschloß, so hatte er noch das Recht, seiner Tochter zu zeigen, was für ein Mann er war und daß die Mutter auch ihre kleinen Schwächen hatte! Er ging doch wahrhaftig mit aller Diskretion vor!
    Dann war der Streit am Abend gekommen, Frau Eva war nicht aufgefordert, ja nicht einmal

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