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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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– und doch erzittert der Leutnant. »Mein Lieber, bilden Sie sich doch nichts ein, Sie sind erledigt, so oder so. Sie haben Mist gemacht, Sie haben gelogen – nein, Freundchen, Sie sind futsch …«
    Er sieht den Leutnant mit seinem gefrorenen Blick an. Der Leutnant bewegt die weißen, dünnen Lippen, aber er bringt kein Wort heraus.
    »Nein«, wiederholt der Dicke und nimmt die Hand zurück. »Um Sie handelt es sich nicht mehr, es handelt sich um die andern. Die wollen wir kennen …«
    »Sie wissen ja doch alles«, sagt der Leutnant mühsam. »Sie sagen, der kleine Meier hat im Auto gesessen – da kennen Sie doch den Verräter!«
    »Es gibt ein Verbindungsglied zwischen Ihnen und dem Verräter, das müssen wir kennenlernen.«
    »Ich bin kein Verräter!« ruft der Leutnant.
    »Habe ich das gesagt?« fragt der Dicke gleichmütig.»Glauben Sie, ich hätte Sie aus der Stube beim Richter gelassen, wenn Sie ein Verräter wären? Glauben Sie, ich ginge hier mit Ihnen, wenn Sie ein Verräter wären –? Nein, Sie sind bloß ein Windhund – und eine Art von Ehre haben Sie schon noch im Leibe … Trotzdem es ein besonderes Ding von Ehre sein muß – denn Sie haben bei Ihrer Ehre geschworen, das Waffenlager wäre sicher, und da wußten Sie schon, es war hops.«
    »Ich habe es nicht gewußt!« ruft der Leutnant verzweifelt.
    »Sie sind feige und dumm. Sie sollten nicht soviel an sich denken, Herr. Es ist gar nicht so wichtig, ob Sie leben. Geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß und sagen Sie mir alles, was Sie wissen.«
    Er bleibt stehen, er richtet seinen kalten Blick auf den Leutnant.
    Der Leutnant scheint nachzudenken, aber dann sagt er bloß: »Warten Sie einen Augenblick. Ich gehe hier mal rein.«
    Er geht in die kleine Kneipe, vor der sie gerade stehen. Aber der Dicke wartet nicht, er geht ihm nach, er hört zu, wie der Leutnant sagt: »Hören Sie, Herr Wirt, hier ist Ihre Windjacke wieder. Ich habe sie schon ausgebraucht. Geben Sie mir meine Lumpen zurück.«
    »Aber so eilig wäre es doch nicht gewesen, Herr Leutnant. Herr Leutnant können doch nicht in der schmutzigen Jacke gehen! Warten Sie wenigstens, bis meine Frau sie ein bißchen ausgebürstet hat …«
    »Geben Sie mir meinen Lappen zurück«, beharrt der Leutnant. Und während er die Windjacke wechselt, flüstert er leise: »Ich würde sie meinen Jungen morgen doch nicht anziehen lassen, nein!«
    Des Wirtes Augen werden töricht vor Erstaunen.
    »Wiedersehen und danke schön, Herr Wirt«, sagt der Leutnant und geht wieder aus der Kneipe.
    »Immer Theater«, sagt der Dicke mißbilligend. »Auf die Windjacke wäre es nun auch nicht angekommen. Sie werden in Ihrem Leben schon mehr verdorben haben als eine Windjacke. Aber edel vor sich dastehen, ja, das möchten alle. Ichhabe noch keinen Mörder getroffen, der gesagt hat, er hat wegen Geld gemordet. Eigentlich hatten alle eine edle Entschuldigung …«
    »Hören Sie!« schreit der Leutnant. »Wenn Sie mir schon nachlaufen, halten Sie Ihre Schnauze! Oder …«
    »Oder was –?« sagt der andere drohend, legt seine Hand um den Oberarm des Leutnants und drückt ihn zusammen. Der Druck verstärkt sich mehr und mehr, er scheint alle Muskeln zu zerdrücken, die Adern wollen platzen. Der Leutnant muß die Zähne zusammenbeißen, um nicht zu schreien.
    »Ich weiß, Sie haben eine Pistole in der Hosentasche. Versuchen Sie es, holen Sie das Ding doch raus, wenn ich nicht will.«
    Nein, der Leutnant versucht es nicht einmal, dieser fürchterliche Griff zermürbt auch noch das Gefühl von Kampfkraft, das er immer gehabt hat.
    Der Dicke läßt den Arm los, er sagt gleichmütig: »Im übrigen laufe ich Ihnen nicht nach, sondern ich bringe Sie.«
    »Und wohin bringen Sie mich?«
    »In den ›Goldenen Hut‹. Ich nehme Ihren Vorschlag an. Wir wollen einmal Herrn von Prackwitz und seine Tochter wegen des Waffenlagers befragen. Besonders seine Tochter.«
    »Nein!« ruft der Leutnant und bleibt stehen.
    »Warum nein?« fragt der Dicke. »Sie haben es selbst vorgeschlagen, Herr Leutnant!«
    »Ich stehe nicht wie ein Angeklagter – grade vor diesen Leuten!«
    »Die Sie nur vom Sehen kennen.« Der Dicke lacht. »Sie sind recht aufgeregt, junger Mann, bei der Aussicht, mit mir zu Fräulein von Prackwitz zu gehen?«
    »Das Fräulein von Prackwitz kann mir –«, schreit der Leutnant.
    »Richtig!« lacht der Kriminalist. »Genau, was ich annahm, Leutnant. Sie haben einen kleinen Privathaß auf das Fräulein – warum wohl?«
    »Das

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