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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Fräulein ist mir ganz gleichgültig.«
    »Selbst jetzt, wo Sie sich zusammennehmen, können Sie nicht von ihr sprechen, ohne daß Ihr Gesicht zuckt. – Also, wie ist es, Leutnant, ›Goldener Hut‹ oder stille Beichte?«
    »›Goldener Hut‹«, sagt der Leutnant entschlossen.
    Sie mußten längst fortgefahren sein, wie sollten sie dort noch immer sitzen, jetzt, zwei, drei Stunden später? Nach dem Auftritt! Sie war geflohen, sie hatte ein Ansehen zu bewahren – aber selbst wenn sie nicht geflohen waren, vor die Augen von Vater und Tochter würde sich der Leutnant von diesem dicken Kriminalisten nicht führen lassen.
    Er würde schon eine Gelegenheit finden zu fliehen, er würde sich nicht noch das Letzte nehmen lassen: seine Rache an ihr, aus freiem Willen. Er wollte nicht gerichtet sein – er wollte sie richten!
    An etwas klammert sich der Mensch, ehe er zum Sterben geht, besonders, wenn er noch jung ist. Ehe er von dieser Erde scheidet, möchte er wissen, daß er nicht spurlos ausgewischt ist von der großen Schiefertafel des Daseins. Der Leutnant hatte keine Kinder, er hatte nichts zu vererben, an niemanden war ein Abschiedsbrief zu schreiben. Ausgelöscht würde er sein, als sei er nie gegangen über diese Erde. Lebend noch unter den Lebenden, waren schon abgefallen von ihm Ehre und Ziel, Selbstbewußtsein und Manneskraft. Aber –:
    Verweile doch, du bist so schön! Noch immer so schön! Da ist das weiße, in der Lust zergehende Gesicht, das du nie hast lieben können, nun kannst du es doch hassen. Hinter der Stirn liegt ein Hirn, in das du dich einschreiben wirst, solange es denkt. In der Brust klopft ein Herz, dessen Schlag angstvoll wird beim Gedanken an dich – noch in dreißig Jahren, wenn nichts mehr von dir dasein wird auf diesem Stern. Kleine Ewigkeit des Gestorbenen in jener, die noch wandelt im Licht; Spuren des Vergangenen in der Überdauernden!
    Zum ersten Male gehen die beiden schweigsam nebeneinander,der Leutnant, die Hände in den Taschen, mit einem rachsüchtigen Lächeln; der Kriminalist mit dem wachsamen Ausdruck im kalten Blick eines Hundes, der die Spur wittert.
    Aber erst einmal hat der dicke Mann kein Glück. Der Kellner, der einen argwöhnischen, fast bösen Blick auf den Leutnant wirft, teilt mit, daß Herr von Prackwitz fortgegangen und daß das gnädige Fräulein erkrankt ist. Nein, nein, unmöglich, sie zu sehen. Der Arzt war schon da, das gnädige Fräulein ist bewußtlos …
    Der Kellner dreht sich um, er fragt nicht einmal nach den Wünschen dieser Gäste. Bestimmt legt er auf ihr Bleiben keinen Wert, er geht wieder an seine Arbeit.
    Etwas höhnisch fragt der Leutnant: »Und was wird nun?«
    Eine Spur gereizt sagt der andere: »Sie fragen ein bißchen zu höhnisch. Sie verraten damit, wie froh Sie sind, daß aus dieser Unterhaltung noch nichts geworden ist. Nun, wir werden einfach hier auf Herrn von Prackwitz warten. Kellner, ein Helles!«
    Der Leutnant ist entschlossen, nicht auf den Rittmeister zu warten, er hat sich einen Plan zurechtgemacht.
    »Hören Sie zu«, sagt er. »Ich habe noch ein bißchen Geld in der Tasche, das mir gehört. Ich möchte das einem Mädchen schenken. Gehen wir rasch einmal dorthin, es dauert keine halbe Stunde.«
    »Dem Mädchen beim Obersten –? Das hätten Sie vorhin besorgen können. Was hat sie Ihnen übrigens erzählt –? Ober, ein Helles!«
    »Gar nichts!« antwortet der Leutnant bereitwillig. »Sie hatte eine Wut auf mich, weil ich nur käme, wenn ich etwas hören wollte. Wir wären Schisser und unser Putsch wäre auch Scheiße, irgend so etwas hat sie gesagt. Aber ich meine jetzt ein anderes Mädchen, in der Neustadt.«
    »Schisser und Scheiße, das ist schon alles mögliche«, meint der Dicke. »Das hat sie nicht aus sich, darum ist sie wahrscheinlich auch wütend auf Sie gewesen. Solche Weiberwerden immer wütend auf ihren Kerl, wenn irgendein Idiot schlecht von ihm spricht. – Ob der Kellner mir kein Bier bringen will? Herr Ober, ein Helles!«
    »Lassen Sie Ihr Bier!« bittet der Leutnant. »Lassen Sie mich jetzt zu dem Mädchen gehen. Es dauert keine halbe Stunde – hinterher treffen wir den Herrn von Prackwitz immer noch.«
    Der Ober setzt das Glas Bier hin. »Zwanzig Millionen!« sagt er unhöflich.
    »Zwanzig Millionen!« entrüstet sich der Dicke. »Was habt ihr denn hier für Helles –?! Überall kostet es dreizehn Millionen.«
    »Seit heute mittag. Der Dollar kommt jetzt mit zweihundertzweiundvierzig Millionen!«
    »So«,

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