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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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fand sie in dieser Heirat gar nicht so viel Schlimmes, aber sie verstand doch Kränkung, Schmerz, Verlassenheit der Herrin. Vorsichtig legte sie ihr die verarbeiteteHand auf den Rücken und sagte: »Es braucht ja noch nicht wahr zu sein, gnädige Frau. Es ist noch lange nicht alles wahr gewesen, was Frau von Anklam erzählt hat.«
    »Diesmal ist es wahr«, flüsterte Frau Pagel. »Irgend jemand hat das Aufgebot gelesen, als es aushing, und hat ihr davon erzählt. Heute um halb eins.«
    Sie hob den Kopf, sah suchend die Wände entlang. Dann besann sie sich, und der Blick fand die Uhr, die sie suchte, an ihrem Arm. »Schon halb zwei!« rief sie. »Und der Brief hat so lange draußen gelegen, ich hätte es rechtzeitig wissen können …«
    Wahres Leid findet in allem Nahrung, selbst im Widersinnigen. Daß sie es nicht rechtzeitig gewußt hatte, daß sie nicht um halb eins hatte denken können: Jetzt werden sie getraut – das verstärkte Frau Pagels Kummer noch. Mit rinnenden Tränen, bebender Lippe saß sie da, sah ihre Minna an und sprach: »Jetzt brauchen wir kein Gedeck mehr aufzulegen, jetzt ist Wolf ganz fort, Minna. Ach, dieses schreckliche Frauenzimmer – und nun heißt sie Frau Pagel, ganz wie ich!«
    Sie bedachte den Weg, den sie gegangen war unter diesem Namen; den stürmenden, eiligen Blütenweg zuerst. Dann die langen, die endlos langen Jahre an der Seite des gelähmten Mannes, der, immer fremder werdend, ruhig und freundlich Bilderchen pinselte, indes sie für ihn nach einer Gesundheit jagte, nach der er doch nichts mehr zu fragen schien. Schließlich erinnerte sie sich an das Erwachen, an den wieder Auferstandenen mit den weißen Schläfen, der, in die albernsten Geckereien verstrickt, ihr schändlich gestorben ins Haus getragen wurde …
    Jeder Schritt dieses weiten Weges war so mühsam gegangen worden von ihr, kein Jahr ohne Sorge; Leid war ihr Bettgenoß gewesen, und ihr Schatten hieß Kummer. Aber darüber war sie eine Pagel geworden, aus den holden Täuschungen jungen Fleisches war die feste Frau erstanden, die nun und für ewig Frau Pagel hieß. Noch im Himmel würde sie eine Pagel sein; es war völlig unmöglich, daß Gott sie je etwas anderessein ließ als eine Pagel. Aber all dies schwer Erkämpfte, diese Verwandlung, die ein schmerzliches Wachsen gewesen war in ihre Bestimmung hinein, das fiel diesem jungen Ding in den Schoß, als sei es nichts. Liederlich, wie sie zusammengekommen waren, banden sie sich aneinander. Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch; da will ich auch begraben sein. Der Herr tue mir dies und das; der Tod muß mich und dich scheiden! – Ja, so hieß es, aber davon wußten sie nichts. Frau Pagel, das war kein Name, das war ein Schicksal! Sie aber machten einen Aushang, ließen halb eins hineinschreiben – und damit war es gut!
    Minna sagte es auch grade, ihr zum Trost, aber es war richtig: »Es wird bloß Standesamt sein, gnädige Frau, keine Kirche.«
    Die Gnädige richtete sich ein wenig auf, sie fragte eifriger: »Nicht wahr, Minna, Sie denken das auch? Wolfgang hat es sich nicht recht überlegt, er macht es nur, weil ihn dies Mädchen zwingt. Standesamt sieht er auch nicht für voll an. Den Kummer macht er mir nicht.«
    »Es ist wohl«, erklärte die unbestechliche Minna, »weil Standesamt sein muß, Kirche nicht. Er wird mit Geld knapp sein, der junge Herr.«
    »Ja«, sagte Frau Pagel und hörte nur, was ihr recht war. »Und was so zusammengelaufen ist, läuft auch ebenso leicht wieder auseinander.«
    »Der junge Herr«, meinte Minna, »hat es immer zu leicht gehabt. Er hat keine Ahnung, wie ein armer Mensch Geld verdient. Erst haben Sie ihm alles leicht gemacht, gnädige Frau – und jetzt tut es das Mädchen. Manche Männer sind so – das ganze Leben brauchen sie ein Kindermädchen – und es ist komisch, sie finden auch immer eins.«
    »Geld«, wiederholte die alte Frau. Sie werden kaum Geld haben. Ein junges Ding ist eitel, zieht sich gerne hübsch an – wenn wir ihr Geld gäben, Minna?«
    »Sie würde es doch nur ihm geben, gnädige Frau. Und er würde es verspielen.«
    »Minna!« rief Frau Pagel entsetzt. »Was Sie bloß denken! Er wird doch nicht mehr spielen, jetzt, wo er verheiratet ist! Es können doch Kinder kommen –«
    »Die konnten vorher auch kommen, gnädige Frau, das hat doch mit dem Spielen nichts zu tun.«
    Die gnädige

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