Wolf unter Wölfen
Geld in der Kasse?«
»Wenig, Herr Geheimrat. Genauer gesagt: nichts!«
»Aber wie denkt ihr euch denn das?! Ich denke, ihr habt ein bißchen Pacht zusammengekratzt? Ihr könnt doch nicht so einfach … Na also, davon reden wir morgen ernsthaft. – He, und noch eins, Herr Pagel! Der Förster, der olle Kniebusch, liegt denn der noch immer faulkrank im Bett –?«
»Nein, Herr Geheimrat! Ich denke, Ihre Tochter hat Ihnen das geschrieben? Der Förster ist doch gestorben, der Förster ist doch –«
»Schluß!« schrie der Geheimrat wütend. »Schluß! Hätte ich doch die drei Minuten nicht draufgelegt. Nischt wie schlechte Nachrichten … Also um zehne, um zehne an der Bahn! Mahlzeit!«
»Und keine Frage nach seiner Enkelin!« sagte Pagel zu Amanda und hängte an. »Sohn wie Vater, eine Wichse!«
»Na ja«, sagte Amanda, »was soll er denn so tun?! Der ist doch bloß froh, wenn er seinen Hof wiederhat! Aber wie ich das schaffen soll – jetzt noch aufs Postamt und dann die Zimmer im Schloß richten, ein bißchen warm sollen sie doch auch sein …«
»Geben Sie mir das Geld wieder«, sagte Pagel, nahm es, sah Amanda an und steckte es in seine Brieftasche. »Ich hab so ’ne Ahnung, als wenn ich morgen fliegen lernte, und da kann ich es ja schließlich der Gnädigen persönlich bringen. Sparen wir noch das Porto.«
»Schön«, sagte Amanda. »Ich will sehen, daß ich ein paar Frauen aus dem Dorfe kriege. Es muß ja schließlich auch etwas zu essen dasein.«
»Immer los! Ich werde mich noch ein bißchen hinter meine Geschäftsbücher setzen, es hilft zwar auch nichts, in Ordnung kommen die nie, aber ich könnte doch mal versuchen, so etwas wie einen Kassenbestand festzustellen …«
Er setzte sich hin. Als er mit dem Geheimrat gesprochenhatte, war er noch ganz vergnügt und aufgeräumt gewesen, aber nun war die gute Laune verflogen. Wenn er sich jetzt den ollen Rauschebart vorstellte und sein Gebrüll, und wie er rot anlief, und wie er einem auf die Pelle rückte, und wie er roch, und wie er jeden Einspruch niederschrie, und wie er feucht sprühte, wenn er wütend war … Verdammt noch mal, es würde morgen ein sehr bescheidener Tag werden, er, der einzige Prügelknabe für all und jedes. Und was das schlimmste war, er war seiner Nerven auch nicht mehr ganz sicher. Und er haßte es, die Beherrschung zu verlieren. Es machte ihn hinterher ganz elend!
Aber deswegen kneifen?
Nie!
Unterdessen hatte sich wie ein Lauffeuer im Dorf die Kunde verbreitet, der alte Herr komme heute abend zurück und die Weiber putzten schon im Schlosse … Und zwanzig Männlein und Weiblein machten sich ein Gewerbe und gingen am Schloß vorüber, und wenn sie wirklich die Fenster im Zimmer des alten Herrn erleuchtet und offen sahen, so nickten sie zufrieden mit dem Kopfe. Und sie freuten sich sehr auf das, was es morgen früh geben würde –!
Alle hatten sie vergessen, wie sehr sie einmal den jungen Pagel begrüßt hatten, wie sie ihn gerne gemocht und »Junkerchen« genannt hatten und wie glücklich sie gewesen waren, nach dem unanständigen Negermeier den anständigen Pagel bekommen zu haben. Alle promenierten sie am Bürofenster vorüber und versuchten hineinzuschielen, und die Neugierigsten dachten sich ein Anliegen aus, und noch nie war Pagel so oft und so sinnlos bei dem Addieren seiner Millionen-, Milliarden- und Billionenkolonnen gestört worden.
Kamen die Neugierigen aber wieder heraus, so fragten die andern: »Ist er noch da?«
Und wenn die Späher antworteten: »Er sitzt und schreibt«, so schüttelten sie die Köpfe und sagten: »Er hat ja wohl gar keine Scham im Leibe. Packt er denn nicht wenigstens?«
»Was soll er denn packen?« fragten sie wieder. »Der hat bestimmt seinen Kram in Sicherheit gebracht, so oft wie der die letzten Tage in die Stadt gefahren ist!«
Und sie waren sich gar nicht einig, was sie nun eigentlich wünschen sollten: daß Pagel hierbliebe und nach riesigem Krach ins Kittchen wanderte oder daß der Pagel ausrisse und der Alte sich die Platze ärgerte. Beides war schön!
»Paß auf, morgen früh ist er weg!« sagten die einen.
»I wo«, meinten die andern. »Der ist so schlau – den legt nicht mal der alte Herr rein! Das ist der gerissenste Kerl, den wir je auf dem Hof gehabt haben.«
»Eben! Weil er das ist, ist er morgen früh weg.«
Und das war er denn ja auch.
7
Um sieben Uhr abends klappte Pagel seine Bücher mit dem Seufzer: »Es hilft ja doch alles nichts!« endgültig zu.
Er warf
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