Wolf
seinen Lippen über Valerions, dann richtete er sich ein wenig auf.
„Ich muss los mein Schöner, aber du kannst gern noch liegen bleiben“, meinte er und drehte sich weg. Valerion sagte nichts dazu, rührte sich auch nicht. Julian sprang unter die Dusche, zog sich schnell an. Als er dabei einen Blick auf Valerion warf, hatte der die Augen geschlossen. Lächelnd betrachtete er ihn einen Moment, bevor er sich losriss und in den Park eilte. Dabei fiel ihm ein, dass er Valerion vielleicht einen Schlüssel geben sollte.
Was dachte er da? War er schon irre?
Er tat ja so, als wohnte der bei ihm, dabei hatte er gerade einmal bei ihm übernachtet. Nein, stimmte nicht. Dreimal.
Julian hielt mitten in der Bewegung inne, als ihm bewusst wurde, wie er mit ihm gerade umgegangen war. War er bescheuert? Er sprach mit ihm, wie mit einem scheuen Tier. Das er ja eigentlich auch war. Aber dann wieder nicht. Immerhin war er ein Mensch, wenn er ein Mensch war.
Oder nicht?
War es nicht Valerion selbst gewesen, der gesagt hatte, dass sein Misstrauen in seinem Instinkt begründet lag?
Julian riss sich zusammen und machte weiter. Er hatte noch immer Schützlinge, die auf ihn warteten. Doch seine Gedanken unterbrach er dabei nicht.
Valerion war es auch gewesen, der gesagt hatte, Julian könnte gut mit Tieren umgehen? Da hatte Julian noch nicht einmal ansatzweise gewusst, dass Valerion ein Wolf war. Denn so war es. Je länger er darüber nachdachte, desto deutlicher trat es zutage. Valerion war mehr Wolf, als Mensch. Die Frage blieb aber, ob Julians Verhalten dann gerechtfertigt war?
Julian hatte schon die Hälfte seiner Tiere gefüttert, als er sich diese Frage stellte.
Würde Valerion sich nicht irgendwie verarscht vorkommen, wenn er mit ihm redete, als wäre er ein scheues Tier? Oder war es genau das Richtige?
Julian war sich ja fast sicher, dass Valerion ihm sagen würde, wenn er sich falsch verhielt. Aber eben nur fast. Valerion war so scheu, würde er von sich aus wirklich Bescheid sagen?
Julian war bei den Wölfen fertig, als er zu dieser Frage kam. Er wusste einfach nicht, was er diesbezüglich machen sollte. Er konnte ihn ja schlecht fragen, denn das war ihm mehr als peinlich. Das passierte ihm ja auch irgendwie automatisch, wenn er in Valerions Augen blickte, dass er ihn so beschwichtigen wollte. So wie beim ersten Mal, als er ihn in die Ecke gedrängt hatte. Aber auch da hatte der sich entspannt, als er so auf ihn eingeredet hatte.
Julian seufzte schwer, blickte zu Valerions Platz, der allerdings leer war. Er würde einfach sehen, wie sich die Dinge entwickelten. Irgendwann würde Valerion seine Scheu ja komplett abgelegt haben. Dann würde er ihn vermutlich zum Teufel jagen, wegen seiner Art, aber das konnte er dann auch nicht ändern. Im den Momenten fühlte es sich jedenfalls immer richtig an.
Julian schob diese Gedanken endgültig zur Seite und widmete sich seinen Aufgaben. Immer wieder im Laufe des Tages, blickte er zum Ende des Wolfsgehe, doch Valerion war nie dort. Immer mieser fühlte Julian sich deswegen und die Frage, ob er ihn in der Früh verjagt hatte, drängte sich ihm auf. Doch er schob sie energisch bei Seite, konzentrierte sich auf die anderen Tiere.
Traurig war er trotzdem, als Valerion sich weiterhin nicht blicken ließ. In der Mittagspause saß er nachdenklich im Schatten, wohin er sich so oft zurück zog, dann machte er weiter.
Bei der letzten Fütterung war er überzeugt, dass Valerion auftauchen würde doch das passierte nicht. Niedergeschlagen lehnte er am Zaun, beobachtete die Wölfe und schalt sich einen Idioten. Er hätte ihn fragen sollen, statt einfach über ihn herzufallen. Da hatte er ihm endlich vertraut, hatte ihm was von seiner Welt erzählt und Julian hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als ihn zu bedrängen.
Aber er konnte nun mal nicht raus aus seiner Haut. Und er war im Umgang mit Menschen nun mal nicht so gut. Immerhin hatte er so gut wie keinen.
Er würde sich bei Valerion entschuldigen, wenn er ihn denn noch einmal sah. Er hob den Blick, bemerkte, dass es dämmerte. Konzentriert blickte er ins Gehege, auf der Suche nach seinem Wolf. Doch schon bald gab er auf. Wenn Valerion ihn nicht sehen wollte, würde sein Wolf es auch nicht.
Er wandte sich ab und ging nach Hause. Kaum hatte er die Tür aufgeschlossen und das Licht angemacht, kam sein Wolf auf ihn zu. Sofort lag ein Lächeln auf Julians Gesicht.
„Hallo mein Schöner, wo warst du denn den ganzen Tag?“, fragte er
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