Wolf
und sehnig. Seine Bewegungen von unübertroffener Geschmeidigkeit. Dunkel vom Typ her. Daneben die größere, bulligere Gestalt von Tarakan, blondes Haar. Seine Bewegungen eher behäbig.
Valerion hielt an, blickte zu ihm. Er war noch zu weit weg, um seinen Gesichtsausdruck zu deuten, doch Julian selbst konnte sich kaum beherrschen, nicht in Tränen auszubrechen. Er ging ihm entgegen, doch Valerion bog mit Tarakan in die Büsche ab. Unweit der Stelle, wo Julian den Kerl gestern das erste Mal entdeckt hatte. Er ging ihnen nach, blickte mit zehn Schritten Abstand zu ihnen, als sie anhielten. Valerion blickte zurück, wollte sich offensichtlich gar nicht verabschieden. War auch nicht notwendig, denn Julian sah die Trauer in seinen Augen. Julian hielt schwer an sich, sein Gesicht wenigstens halbwegs unter Kontrolle zu halten.
Schon überhaupt, als Valerion die Hände zusammenführte, seinen Ring drehte. Unbewusst schien es zu sein, eine Suche nach Halt. Ein Ringen nach Fassung.
Ich liebe dich doch , hätte Julian am liebsten geschrien. Doch er sagte nichts. Seine Kehle war viel zu eng, sein Brustkorb auch. Seine Augen brannten, doch er hielt die Tränen tapfer zurück - noch.
Da begann die Luft zwischen ihnen zu vibrieren. Sichtbar zu vibrieren. Es sah ähnlich aus, wie bei der Wandlung, doch es bildeten sich weiße Schlieren aus dem Nichts. Dichter und dichter wurden sie, bis Julian der Blick auf die beiden verwehrt war. Er konnte nicht mehr. Tränen traten in seine Augen, rannen über seine Wangen.
Weg. Valerion war weg. Zurückgekehrt in seine Welt, wo er hingehörte. Hatte Julians Herz damit gebrochen, denn anders war der Schmerz nicht zu erklären.
Gebannt hatte er auf das Tor geblickt, das sich jetzt wieder schloss. Waren es nur Sekunden gewesen, die es offen gewesen war? Die Schlieren legten sich, wurden durchscheinend. Julian kniff die Augen zusammen, wischte sich die Tränen weg. Dort war doch etwas, auf der anderen Seite?
War jemand durchgekommen?
Die Luft stabilisierte sich wieder, lag klar vor ihm. Julian starrte und starrte. Dann schlug die Erleichterung mit solcher Wucht zu, dass er in die Knie ging.
„Mein Schöner“, flüsterte er erstickt. Sein Wolf erhob sich, kam zu ihm. Ohne nachzudenken, schlang Julian die Arme um ihn, drückte ihn an sich. Hemmungslos rannen die Tränen über seine Wange und er schluchzte auf. Auch wenn es erbärmlich war, er konnte sich einfach nicht beherrschen. Nicht nachdem er den ganzen Tag um Selbstbeherrschung gerungen hatte.
Scheinbar ewig dauerte es, bis er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Sein Wolf hielt die ganze Zeit still, ließ zu, dass er ihm das Fell vollheulte. Dann löste Julian sich von ihm, blickte ihm noch immer fassungslos in die Augen: „Warum?“, flüsterte er, „Deine Welt. Deine Freiheit.“
Die Luft verschwamm, dann kniete Valerion vor ihm. Liebevoll blickte er ihn an, strich die Tränen von seiner Wange. Seine Antwort war schlicht: „Aber du wärst nicht dagewesen.“
ENDE
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