Wolfgang Ambros - Die Biografie
ich hol dich vom Flughafen ab.«
Okay, hab ich mir gedacht und ihn beim Wort genommen. Ich stand mit Kind und Kegel in Mombasa, wer war nicht da: eh klar. Ich habe ihn in irgendeiner Bar ausfindig gemacht und einmal anständig angebrüllt: »Spitzer! Wie stellst du dir das jetzt vor!«
Er wollte kalmieren. »Ich habe schon was anderes gecheckt für dich, schau!« Er führte mich zu einer Bruchbude am Strand, breitete die Arme aus und sagte: »Das habe ich für dich gemietet.«
Dieses ewige Hin und Her mit der Klärung der Wohnsituation hat sich dann aufgehört, wie der Thomas Sollacher sukzessive ein Haus direkt am Strand und dahinter ein Hotel für Taucher gebaut hat, das Diani Marine. Auf dem Hügelchen hinter seiner Villa stellte er ein Häuschen hin, gedacht als Ausgedinge für seine Mutter, die aber nie dort eingezogen ist. Irgendwann war es eine Ruine, das Dach eingefallen, der Weg dorthin zugewachsen und kaum begehbar. Das einzig Feine war eine Art Plateau, von dem man am Haupthaus vorbei aufs Meer schauen konnte.
Wenn man das nur ein bissel vergrößerte, dachte ich mir, dann hätte man eine Terrasse, auf der ich schon gern sitzen würde. Wie ich mir das so überlegte, ist das Haus richtig vor mir aufgetaucht. Ich habe es praktisch in Gedanken saniert, umgebaut und eingerichtet und heute wohne ich dort. Es hat ein großes, offenes Wohnzimmer, im Mittelpunkt ein Esstisch, an dem zwölf Leute sitzen können. Links eine kleine Küche, mit einer Bar, wo sich die Besucher mit dem Gastgeber unterhalten können, während er Spaghetti kocht oder Mojitos mixt. Über diesen Teil des Hauses stülpt sich ein Kegel von einem Dach in der typischen hiesigen Bauweise. Eine Holzkonstruktion, mit Schilf gedeckt, bildet eine Pyramide, die wie ein langer, spitzer Hut auf dem Haus sitzt.
Der Wohnraum geht über in einen flach überdachten, aber sonst nach allen Seiten offenen Bereich mit einer ausladenden Sitzgarnitur, an den die Terrasse mit einem zweiten Esstisch anschließt, so wie ich es mir damals vorgestellt habe. Sogar für einen Massagetisch habe ich noch Platz. Hinter geschwungenen Wänden verstecken sich die Nebenräume, ein Schlafzimmer und das Bad. Über eine Wendeltreppe kommt man auf die Galerie, einen Raum direkt unter dem Pyramidendach. Es ist keine Nobelvilla, es ist ein wunderschönes, gemütliches Haus, alles in Weiß und Braun gehalten, in dem sich bis jetzt alle sofort daheim gefühlt haben. Und mehr brauche ich auch nicht. Ich will den Wind, ich will das Meer und ein Dach über dem Kopf.
Der Sollacher und ich haben das Haus gemeinsam renoviert und fortan dort sozusagen Wange an Wange residiert. Ist nicht immer ganz leicht mit so einem Münchner Sturschädel, aber meiner ist ja auch nicht so, dass man mit ihm nicht durch die Wand könnte. Manchmal spielen wir Backgammon. Manchmal gehen wir tauchen. Manchmal trinken wir was im Beach Club direkt neben uns unten am Strand. Manchmal fahren wir mit dem Boot hinaus. Manchmal gehen wir ins Nomad’s, ein Restaurant, das zwei Freunde von mir führen, der Richie und die Claudia. Zwei Österreicher, aus deren exquisiter Küche so was wie Pasta vom Seeigel kommt oder auch ein g’standenes Gulasch, wenn einemdanach ist. Und manchmal reden der Sollacher und ich nur das Notwendigste.
Guten Tag.
Jambo.
Bitte.
Tafadhali.
Vielen Dank.
Asante sana.
Ja.
Ndiyo.
Nein.
Hapana.
Ich hätte gern ein eiskaltes Bier.
Tafadhali nataka bia baridi.
Prost.
Afya! Vifijo.
Auf Wiedersehen.
Kwaheri.
Manchmal philosophieren wir die Nacht durch.
Leser: »Was heißt Philosophieren auf Suaheli?«
Hab mich doch gern.
Leser: »Wirklich? Das habe ich nicht gewusst.«
Lustiges Kerlchen. Philosophieren heißt in Kenia oft einfach nur still sein. Auf den Wind hören, der dir erzählt, wie es immer war und wie es immer sein wird. Und aufs Meer schauen. Wenn du stirbst, wenn ich sterbe, wenn die ganze Menschheit sich in die Luft terrorisiert, dann wird das Meer hier immer noch rauschen. Es ist der Klang der Ewigkeit, der mich fasziniert. Pass auf, ich sag sie dir:
Die sieben Regeln vom Meer
Allem liegt das System von Flut und Ebbe zugrunde. Der Indische Ozean, auf den du zum Beispiel schaust, wenn du in
Diani Beach sitzt, der geht bis nach Indien. Da ist nichts dazwischen.Das heißt, was immer daherkommt, kommt ungespitzt über Tausende von Kilometern. Wir hatten seinerzeit
sogar die allerletzten Ausläufer des Tsunamis hier. Das Meer
verändert sich, Tag für
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