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Wolfgang Ambros - Die Biografie

Wolfgang Ambros - Die Biografie

Titel: Wolfgang Ambros - Die Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ambros
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wieder nachgehakt hat, ich solle dem Mann im Rollstuhl doch den Gefallen tun, hatte daheim in Österreich angerufen und den Unfall brühwarm dem Kurier gesteckt.
    Und dann ist es losgegangen. Sie haben mich mehr oder weniger zum Mörder gestempelt. Wolfgang Ambros war schuld, dass ein Mann, behindert obendrein, ums Leben kam. Wolfgang Ambros saß am Steuer. Wolfgang Ambros hat einen Menschen auf dem Gewissen. Wolfgang Ambros tötete einen gelähmten Atomwissenschaftler.
    Die Fakten legte man sich schnell zurecht. Zwei Boote knallten auf offenem Meer aufeinander. Wo doch wirklich genug Platz ist. Wo nur Jux und Tollerei den Gashebel bedient haben konnten. Obwohl ich nicht das Geringste dafürkonnte, war ich der Böse. Der Vorfall müsse restlos geklärt werden, hieß es. Es kam zu einer Gerichtsverhandlung. In Griechenland.
    Es gab ein Protokoll der Hafenpolizei. Ich hatte den Beamtendetailliert erklärt, was geschehen war. Es war einer der wenigen Fälle, bei denen man sagen musste: Keiner konnte was dafür. Es war, wie wenn zwei Läufer aneinander vorbei wollen, der eine läuft nach rechts, der andere läuft im selben Moment nach links und sie stoßen zusammen. Diese Dinge passieren einfach. Und sie passieren ohne Absicht.
    Beim Prozess wurde ich in letzter Konsequenz freigesprochen. Es hatte zwei Verhandlungen in Griechenland gegeben und seltsamerweise einen weiteren Prozess in Österreich. Die damalige Staatsanwältin Helene Partik-Pablé hatte das angestrengt. Da war natürlich was los, das kann man sich vorstellen. Sie haben mit dem Finger auf mich gezeigt und wollten mich nach Strich und Faden fertigmachen. Niemand fragte, warum ein österreichisches Gericht einen Bootsunfall in Griechenland klären sollte. Würde ich nicht Ambros heißen, wäre niemand auf den Gedanken gekommen, so auf den Putz zu hauen. Auch eine Frau Partik-Pablé nicht. Aber einen Ambros klagt man auf jeden Fall einmal an. Wird schon was dabei herauskommen, zum Beispiel Publicity. Erst der Richter hat das Verfahren nach kurzer Zeit eingestellt, mit der Begründung: »Das interessiert mich alles nicht, das gehört in Griechenland verhandelt.« Damit war es vorbei.
    Der Nockerl wurde dann auch noch angeklagt und ebenfalls in allen Punkten freigesprochen. Es waren harte Zeiten, die wünsche ich niemandem. In der Zwischenzeit habe ich halt, so gut es ging, meinen Job weitergemacht. Den Kurier habe ich geklagt und den Prozess gewonnen. Gefreut hat’s mich nicht. Ich wollte nur Gerechtigkeit. Die Richtigstellung. Dem Kernphysiker hat das auch nichts mehr geholfen.
    Ich brauchte Abstand. Vor allem vor mir selbst. Beruflich funktionierte ich wie eine Maschine. Innen war ich hohl. Mit dem Mann in Griechenland ist auch in mir etwas gestorben. Was genau, kann ich nicht sagen. Vielleicht die Unbekümmertheit.
    Die Welt drehte sich weiter. In Amerika verwenden sie in solchen Situationen eine Plattitüde: The show must go on. Banal, aber zutreffend. Die Single Langsam wachs ma zamm war schonein paar Monate am Markt. An meinem Geburtstag hatte ich zweimal vor einer wieder ausverkauften Stadthalle gespielt. Das Nächste, was anstand, war ein Protest. Immerhin haben wir dadurch Wackersdorf verhindert. Dreihunderttausend Menschen kamen dorthin und standen einer machtlosen Exekutive gegenüber. Wir haben keinen Radau gemacht. Wir haben uns auf die Bühne gestellt und gesagt: »Wir kommen aus Österreich, wo es keine Kernkraftwerke gibt.« Ruhig, kurz. Genauso wie einst in Hainburg, im tiefsten Winter, wo sie geglaubt haben, sie können uns dort vertreiben, weil wir die Au retten wollten. Sie haben uns nicht vertrieben. Und zum Schluss sagte der damalige Bundeskanzler Fred Sinowatz: »Dann denken wir halt noch ein bissel drüber nach.«
    Ich schloss das Jahr mit einer Triple-LP-Box ab, der ersten in Österreich überhaupt, ein Geschenk an meine Fans. Selected Live – die besten Live-Nummern der vergangenen sechs Jahre. Ein Journalist fand, damit sei es genug, und hat mich schriftlich in Pension geschickt. War nicht der Einzige. Ich trat mit dem Pianisten Friedrich Gulda und der Jazz-Sängerin Jessye Norman im Wiener Konzerthaus auf und im Sommer darauf zum ersten Mal auf der Donauinsel, dem größten Open Air in Europa. Hunderttausend Menschen hörten mir zu. Wenn so die Pension ausschaut, dachte ich.
    Zwei Jahre nach dem Unfall ging die No. 1 vom Wienerwald, jetzt mit Harry Stampfer am Schlagzeug, wieder auf Deutschland-Tournee und ich mit meiner Familie

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