Wolfgang Ambros - Die Biografie
Nashörnern. Und Löwen, die gähnen.
Wir stiegen in Mombasa aus dem Flieger und befanden uns auf einem anderen Planeten. Obwohl die Sonne brannte, war alles dunkler. Die Straßen, die Häuser, die Menschen sowieso. Wir fuhren mit dem Bus zur Fähre, dann über den Kanal und weiter ins Land hinein, Richtung Diani Beach. Mit jedem Kilometer habe ich mich mehr gefragt, wo ich denn da bin. Links und rechts von uns Busch, die Satire einer Straße machte sich endlos lang, bis das Hotelschild vor uns auftauchte: Robinson Club Baobab, was übrigens Affenbrotbaum heißt.
Es war noch sehr zeitig in der Früh und kein Mensch an der Rezeption. Ich hatte den Matthias an der Hand und machte mich mit ihm auf die Suche nach irgendwem. Wir gingen durch die Lobby und weiter zum Strand, unter den Palmen durch, an der Terrasse vorbei ums Eck und, paaaaauuuhhh, der Indische Ozean. Der Matthias hat den perlmuttweißen Sand gesehen und gerufen: »Nee! Nee!«, weil er geglaubt hat, das wäre Schnee.
Mir sind selber fast die Tränen gekommen. »Nein, Matthias», sagte ich, »das ist kein Schnee, das ist Sand, und hier werden wir uns die nächsten vierzehn Tage vergnügen.«
Und es war ein unfassbares Vergnügen. In diesen zwei Wochen habe ich tauchen gelernt und das Riff erforscht. Ich habeerfahren, dass sich ab fünf Metern Tiefe eine Primärfarbe verliert, es gibt einfach kein Rot mehr. Dafür Millionen Fische, auch Haie. Gesehen habe ich so ziemlich alles. Der Matthias war im Glück mit seinem Nee, die Margit war klass drauf und ein paar Österreicher trieben sich auch in der Gegend herum, unter anderem ein gewisser Gerry Fischer, der Incentive-Reisen organisiert und ein Schnapsmuseum in Wien geerbt hat. Er lud uns zum Essen in sein Haus.
»Was für ein Haus?«, fragte ich ihn.
Und dann hat er mir gezeigt, wie man hier noch um ein paar Klassen besser wohnen kann als in einem Affenbrotbaum-Hotel. Es gäbe da die Möglichkeit, ein Anwesen zu mieten, eine Lodge, wie er sie hatte, mit Butler und Koch. »Das kannst du auch haben«, sagte er, »du rufst mich an, ich sage dir, wann und wie.«
Was ich dann auch ein halbes Jahr später getan habe. Der Gerry hat mir ein lang gezogenes, altes englisches Haus gecheckt und wir sind eingezogen wie Landlords, Ambros samt Entourage. Ich habe geglaubt, das ist das Größte. Der junge Mann und das Meer.
Eine Welle hat mir einen Windsurfer ins Leben geschwappt. Der Blonde stellte sich vor als Thomas Sollacher. Sehr von sich überzeugt, aber nicht uneben. Sein Selbstbewusstsein reichte von München bis Mombasa, und nicht nur, weil er und sein Bruder Peter deutsche Surfmeister waren. Der Sollacher hatte sich desgleichen ein Haus organisiert und nach und nach geriet unser loses Zusammensein zu einer afrikanischen Lifestyle-Kommune. Und keiner teilte da die Welt in Schwarz und Weiß. Das Aussehen mag uns unterscheiden, aber irgendwie kommen wir alle von hier. Von Afrika ist alles ausgegangen.
Afrika ist meine zweite Heimat. Es ist natürlich schon ein Unterschied, ob du dir in Österreich den ganzen Winter über den Arsch abfrierst oder in Kenia mit dem Hintern im heißen Sand sitzt. Die Urlaube, die ich anfangs hier verbrachte, wurden immer länger, die Intervalle dazwischen immer kürzer. Ich entwickelte mich immer mehr zum Einheimischen, Wolfgang Ambrosutu, Herrscher von Diani und Gebieter über mich selbst.
Ein paar Jahre lang habe ich immer wieder das Haus gleich am Strand gemietet, in dem später der Klaus Eberhartinger und sein Kompagnon, der Thomas Spitzer, residierten. Die kamen nach uns nach Afrika. Was Kenia und Diani Beach betrifft, waren nämlich wir die erste allgemeine Verunsicherung. Der Gerry Fischer hat die beiden nach Kenia gebracht und erst einmal ins Golden Beach Hotel gesteckt, das es jetzt nicht mehr gibt. Ich habe sie eingeladen, sie haben mich besucht und irgendwann, wie ich das Haus wieder einmal buchen wollte, war es weg.
Mein Vermieter, ein gewisser Mister Winter, hat irgendwann das Zeitliche gesegnet. Als er noch nicht tot war, hatte er mich noch gefragt, ob ich das Haus nicht permanent zu mieten gedenke. Wozu, fragte ich ihn, ich komme, wann ich will, und wenn es das Haus nicht mehr gibt, dann gibt es das halt nimmer. Auf einmal hat es das Haus nicht mehr gegeben, weil es der Spitzer gehabt hat. Er hat’s mir unterm Hintern weggemietet.
Um den Hausfrieden nicht zu stören, hat mir Spitzer in die Hand versprochen: »Du kannst in dem Haus wohnen, wann immer du willst,
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