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Wolfgang Ambros - Die Biografie

Wolfgang Ambros - Die Biografie

Titel: Wolfgang Ambros - Die Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ambros
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Dreihundertsechsunddreißig verschiedene Bäume, hundertvierzehn verschiedene Reptilien, fünfhundertsieben Vogelarten. Neben allem anderen, was man so kennt von Antilope bis Zebra. Südafrika ist ein sehr komisches Land. Die Stellenbosch-Weine sind traumhaft, aber die Leute sind dummdreist. Schwarze wie weiße, sehr freundlich, aber durch die Bank fetzendeppert. Und laut. Ich bin in meinem Leben noch nie so lauten Leuten begegnet wie in Südafrika. Alle schreien mit dir. HOW ARE YOU! NICE TO MEET YOU! WHERE ARE YOU FROM?
    Vor meinem Rendezvous mit der Malaria war ich Bungee springen. Hundertfünfzig Meter von einer Brücke im freien Fall an einem Seil, auch ein Freizeitvergnügen. Das Blut schießt dir in die Birne, das Adrenalin spritzt dir aus den Ohren, zehn Meter bevor du aufs Wasser aufklatschst, schnalzt es dich wieder hinauf, ich habe geglaubt, die Bandscheiben fliegen mir weg wie Tontauben, und dann pendelst du so vor dich hin. Brauch ich nicht noch einmal.
    Auf der Flussfahrt im Zululand hat es langsam angefangen. Wir sahen so gut wie nichts von dem, was uns die Werbeschilder versprachen, zwei, drei Hippos und die Augenlider von einem Krokodil. Ich lehnte an der Reling und mir wurde irgendwie anders. Zuerst dachte ich, das käme von dem Bier und dem Essen,auf dem Schiff kriegst du ja ständig was in die Fresse geschoben. Aber davon wird einem nicht kalt mitten in der Sonne. »Ist es kühl hier?«, fragte ich die Margit, sie schüttelte den Kopf. Irgendetwas stimmte nicht mit mir.
    Aus der Sicht der Malaria war alles wunderbar. Einzellige Parasiten namens Plasmodien wucherten in meinem Körper. Sie hatten ihr Opfer gefunden. Das Wort »Malaria« kommt aus dem Italienischen und steht für schlechte Luft, die aus den Sümpfen aufsteigt, deswegen wird die Krankheit auch Sumpf- oder Wechselfieber genannt. Malaria bekommt man, wenn einen eine weibliche Gelse der Gattung Anopheles sticht, die den Erreger überträgt. Wird Malaria nicht behandelt, fällt man ins Koma und hat exzellente Chancen auf den Tod.
    Ich konnte mich sogar an den Moment der Ansteckung erinnern. Zehn Tage davor hatten wir uns einen Leuchtturm angeschaut. Ein Wunderwerk der Mechanik, das mit einer Art riesigem Pendelwerk ohne Strom funktioniert, und oben auf dem Plateau werfen Unmengen von Spiegeln den Schein von Kerzen zurück. Muss man sich vorstellen, kleine Flämmchen werden hundertfach reflektiert und auf jedem Schiff sieht man das von Weitem. Ich setzte mich oben auf die Plattform, ließ mir die Konstruktion fasziniert durch den Kopf gehen und dabei die Beine baumeln. Wie ich mir ein paar Minuten später meine Füße anschaute, waren die schwarz. Übersät von Moskitos, eine davon war offenbar eine Anopheles-Schlampe.
    Wenn dich die Malaria umarmt, fühlt sich das an, als wärst du in Watte gepackt, und langsam rinnt dir der Saft aus. Die Kraft verschwindet aus deinem Körper und du kriegst Fieber. Es ist, als würdest du jede Minute um ein Jahr altern.
    Wir fahren sofort in die nächste Stadt, oder was in Afrika halt »sofort« heißt. Gleich am Stadtrand sehe ich ein Grünes Kreuz. Ich setze die Margit im Hotel ab, gehe in die Ambulanz und bitte um ein Fieberthermometer.
    »Der Doktor ist nicht da«, herrscht mich eine Blunzen der unfreundlichsten Art an.
    »Aber Sie werden doch irgendwo ein Fieberthermometer für mich haben«, sage ich, »ich kaufe es Ihnen auch ab.«
    Sie wird noch giftiger: »Nein, das kann nur der Doktor und der Doktor ist nicht da.«
    »Kann man ihn nicht anrufen?«, frage ich.
    »Nein, heute ist Sonntag, heute ist keiner da.«
    Sie hat mir kein Fieberthermometer gegeben. Ich ziehe unverrichteter Dinge dort ab und begehe im Hotel wahrscheinlich den größten Fehler eines Malariakranken: Ich werfe eine Schlaftablette ein, dazu ein Influbene. Nach sechs Stunden wache ich triefnass auf und denke, jetzt kann ich den Totengräber bestellen. Ich muss fast vierzig Fieber haben, das spüre ich. Wenn du lange hohes Fieber hast, geht es dir irgendwann besser, weil die Halluzinationen einsetzen. Das Gefühl der Levitation. Du glaubst, du schwebst.
    Ich versuche nachzudenken. Johannesburg ist zwei Tage mit dem Auto entfernt. Dort, wo ich gerade bin, gibt es keine Hilfe. Ich habe noch ein paar Lariam-Tabletten im Gepäck, eine Standby-Medizin, die ich immer mitnehme, wenn ich durch Afrika reise. Der Wirkstoff Mefloquin stört die Stoffwechselfunktionen der Erreger und tötet sie ab. Geht furchtbar auf die Leber und die Nieren

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