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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall
Autoren: Roman Rausch
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nicht.«
    »Und ich dachte schon, hier würde regiert und nicht gepennt.« Kilian betrat die Herrentoilette. Halb geöffnet, stieß die Tür gegen eine andere, die in der Mauer eingelassen war. Er blickte in den dahinter liegenden Raum und fand Besen, Eimer und Reinigungsmittel vor. Bevor er die Tür wieder schloss, fiel ihm am Boden etwas auf. Er kniete nieder und erkannte einen Glassplitter.
    »Norbert, hast du die Besenkammer schon überprüft?«, rief er nach draußen.
    Ein verächtliches »Ha!«, war Antwort genug.
    »Dann vergiss es nicht.«
    »Sonst noch was?!«
    Kilian schloss die Tür und wandte sich den drei Kabinen zu. In der letzten war, im Gegensatz zu den zwei anderen, der Klodeckel samt Auflage gegen das Wasserrohr gelehnt. Ein Stehpinkler, dachte er und wollte sich schon umdrehen, als er dennoch die Kabine betrat und in die Schüssel sah. Auf der schmalen Wasseroberfläche schwamm ein Stück Papier. Ein Schnipsel, nicht größer als die Hälfte eines Zehnmarkscheines, der die Anschläge einer alten Schreibmaschine mit Couriertypen aufwies. Kilian beugte sich über die Schüssel, drehte den Kopf, um zu lesen, was auf dem Schnipsel geschrieben stand. Neben Zahlenkürzeln, seltsamen Wörtern wie ›Amtsrat‹, ›Sheriff‹ und
    ›Keiler‹, konnte er sich keinen Reim darauf machen, um was es sich bei dem Schriftstück gehandelt hatte, als es noch vollständig gewesen war. Nichts Ungewöhnliches für eine Behörde, dachte er sich. Doch seit wann spülen die ihre Akten die Toilette hinunter? Ein allseits bekanntes und gefürchtetes Kürzel schoss ihm ins Auge. Es waren die Buchstaben ›IM‹. Sie standen allen drei Wörtern vor. Kilian musste nun tun, was nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehörte. Er spreizte zwei Finger zu einer Pinzette und griff den Schnipsel aus dem Wasser. Das Wasser hatte die Schwärze stark aufgeweicht, sodass die Konturen der Buchstaben verschwammen. Schnell lief er zu Norbert und steckte den Schnipsel vorsichtig in eine der durchsichtigen Plastiktüten, in denen Spuren als mögliche Beweismittel gesammelt wurden.
    »Check das mal«, sagte Kilian und gab Norbert die Tüte.
    »Besorg mir Unterstützung«, antwortete Norbert gelassen, »und du kriegst deinen Check. Wenn nicht, dann hab Geduld.«
    »Dann schick es halt zu Pia«, sagte Kilian, »vielleicht hat sie mehr Zeit, Spuren auszuwerten, als du.«
    »Gebongt«, sagte Norbert genervt. Er zog vorsichtig die Klebefolie von der Fensterscheibe ab und legte sie zu den anderen fünf, die ihn den Rest des Tages beschäftigen würden.
    Kilian trocknete sich die Finger mit einem Tuch aus Norberts Koffer, verabschiedete sich und nahm den Aufzug nach unten. Vor der Tür schippte der Pförtner noch immer den blutgetränkten Sand in einen Eimer. Das, was er mit der Schaufel nicht aufnehmen konnte, wurde mit dem Besen der Kanalisation übergeben. Kilian lief an ihm vorbei und überquerte den Platz zum Nachbarhaus. Er drückte nur auf die Klingelknöpfe vom dritten Stock, die anderen ließ er außer Acht. Wenn jemand etwas gesehen haben konnte, musste er mindestens auf gleicher Höhe zum vierten Stock gewesen sein. Ansonsten war der Lichteinfallwinkel auf die Fensterscheiben zu groß, sodass man nur das Spiegelbild des verhangenen Würzburger Himmels sehen konnte.
    Unter den Namen Bausewein und Vogler kam keine Antwort. Erst bei ›Wilhelm‹ surrte der Öffner. Kilian drückte die Tür auf und betrat den Hausgang.
    Eine junge Thai stand schüchtern vor ihm. Sie lächelte, schaute ihm aber nicht in die Augen, sondern zu Boden. Sie war ein zierliches Geschöpf und reichte ihm mit ihrem schwarzen Schopf bis zur Brust. Kilian zückte seinen Ausweis und hielt ihn ihr vor das Gesicht. »Guten Tag, meine Name ist …«, konnte er noch sagen, als die Frau das Lächeln verlor und in die Wohnung rannte.
    »Entschuldigen Sie bitte«, rief Kilian ihr nach, »ich möchte Sie nur etwas fragen.«
    Durch den Gang sah er in das Wohnzimmer, das geradewegs auf das Gebäude der Regierung wies. Er tat einen Schritt nach vorn, als die Thai aus dem Wohnzimmer gelaufen kam und ihm ihren Pass in die Hände drückte.
    »Legal. Deutsch. Legal«, wiederholte sie unablässig, während sie sich vor Kilian immer wieder verneigte und die gefalteten Hände bittend an die Brust legte.
    Kilian öffnete den thailändischen Pass und überprüfte den Stempel der gültigen Aufenthaltsgenehmigung. Die Frau hieß Ling Wilhelm und war wohnhaft unter der angegebenen
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