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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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du das nicht?«
    »Nein, keine Ahnung. Ich kenn sie doch erst seit ein paar Monaten.«
    »Sie kam vor der Wende über die ungarische Grenze. Ihre Eltern waren im MfS aktiv. Sie hat sich nicht mit ihnen verstanden und konnte ihre politische Tätigkeit nicht akzeptieren. Ich glaube, bis heute hat sie kein Wort mit ihnen gewechselt. Also alles, was nur nach Stasi riecht, ist für sie ein rotes Tuch.«
    »Na bravo. Hättest du mir das nicht vorher sagen können?«
    »Wieso? Du machst doch eh, was du willst, egal, was man dir sagt. Ich kann dir nur empfehlen, dich bei ihr zu entschuldigen.«
    Kilian konnte und wollte nicht nachvollziehen, was ihm Heinlein riet. Alles, woran er denken konnte, war, dass sein einzig verwertbarer Hinweis verschwunden war. Die Rückkehr nach München konnte er sich nun getrost abschminken. Aber so leicht wollte er nicht aufgeben. Er griff zum Telefonhörer, ließ sich die Nummer der Gauck-Behörde in Berlin geben und rief dort an.
    »Was hast du vor?«, fragte Heinlein.
    »Voller Einsatz. Wir werden bald erfahren, ob ich Recht habe.«
    Kilian ließ sich mit einem Sachbearbeiter verbinden, der für die Entgegennahmen von Überprüfungen zuständig war.
    »Ich ermittle im Falle eines Dr. Wolfgang Stahl, der gestern in Würzburg auf unnatürliche Weise zu Tode gekommen ist. Der Tote steht in Verdacht, für das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet zu haben. Ich möchte Einblick in seine Akte, soweit sie Ihnen vorliegt. Zudem erweitere ich die Anfrage auf einen Dr. Robert Engelhardt, seines Zeichens Leiter der Oberstaatsanwaltschaft in Würzburg. Und wenn Sie schon dabei sind, dann überprüfen Sie auch eine gewisse Dr. Pia Rosenthal.
    Die ganze Sache muss schnell gehen. Es besteht Verdunkelungsgefahr.«
    Kilian legte den Hörer auf und atmete durch. »Dann wollen wir doch mal sehen, wer hier alles Dreck am Stecken hat.«
    Heinlein stand fassungslos vor ihm. »Kein Zweifel. Du bist eindeutig verrückt geworden.«
    *
    Julia zeigte dem Rezeptionisten ein Bild von Bent und fragte ihn, ob er Gast im Hause sei. Der Mann sah es sich flüchtig an und verneinte freundlich.
    »Sind Sie sicher?«, fragte Julia.
    »Ich kenne unsere Gäste. Dieser Mann ist nicht darunter. Versuchen Sie es doch bei einem anderen Hotel, das in der Nähe des Congress Centrums liegt. Dort ist der Großteil der Gäste abgestiegen«, versicherte er und wandte sich einem Gast zu, der hinter ihr ungeduldig wartete.
    »Da war ich schon. Können Sie nicht trotzdem in Ihrem Computer …«, bat Julia.
    Doch es war zwecklos. Sie steckte das Bild in ihre Manteltasche und ging auf die Straße hinaus. Sie lief durch die enge Seitengasse stadteinwärts. Als sie in die Domstraße kam, entdeckte sie an einem Kiosk die Todesmeldung mit einem Bild von Stahl in der Tageszeitung. Es zeigte Stahl, der dankend die Verabschiedungsurkunde aus den Händen des bayerischen Innenministers entgegennahm. Um ihn herum standen Vertreter der örtlichen Gemeinden in folkloristischer, oberbayerischer Tracht. Von Dank und Bedauern ob seiner Versetzung war die Rede. Stahls Lächeln brachte ihr die Erinnerung an das Dachzimmer in Köln zurück.
    Das Bündel Kopien trug den Stempel »Geheime Verschlusssache«. Er prangte quer neben dem Bundesadler. Darunter erhob sich in breiten Lettern »Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland«. Das Bündel wurde durch einen roten Einweckgummi fest zusammengehalten und lag auf dem kleinen Nachttisch neben dem Bett. Julia hielt die Decke zwischen Knien und Armen umklammert und beobachtete Bent, wie er sich am Waschbecken wusch. Durch das schmale Fenster fiel karges Licht herein. Der dünne, lange Schatten des Schneeregens bildete sich auf ihrer weißen Bluse ab, die über der Stuhllehne lag. Der Nummer-eins-Hit »True« von Spandau
    Ballet wimmerte durch den kleinen Lautsprecher des Radios. Julia hatte es bei jedem Treffen dabei, um dem unwirtlichen Raum etwas Stimmung zu geben.
    »Musst du schon gehen?«, fragte sie ihn. »Es ist doch erst halb acht.«
    Bent setzte sich neben sie aufs Bett. Er streichelte ihr übers Haar.
    »Du weißt doch, dass ich nicht zu spät kommen darf. Wenn ich nicht rechtzeitig erscheine, fliegt er ohne die Akten«, sagte Bent und küsste sie auf die Wange. Er stand auf und zog sich an.
    »Es ist doch nur ein Arbeitspapier. Die endgültige Fassung wird erst im Frühjahr bei der nächsten NATO-Sitzung in Brüssel behandelt.«
    »Das habe ich ihm auch gesagt. Aber es ist nicht meine

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