Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall
Amis oder den Asiaten überrannt zu werden.«
»Ist es denn nicht so?«, fragte Heinlein überrascht.
»Angenommen, du wärst der amerikanische Präsident, und in deinem Land hättest du die Firmen, die das Internet aufgebaut und mit ihrer Soft- und Hardware entscheidend geprägt hätten. Und angenommen, diese Internet-Kiste wird wirklich zu dem, was sie uns ständig versprechen. Informationsgesellschaft, bargeldloser Handel, Millionen neuer Arbeitsplätze und so weiter. Du, als amerikanischer Präsident, müsstest doch mit der Schaufel geprügelt sein, wenn du dir nicht ein kleines, aber entscheidendes Hintertürchen offen hieltest.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Ich kann mir ums Verrecken nicht vorstellen, dass die Nachrichtendienste aufgehört haben zu spionieren. Früher haben sie es mit Agenten gemacht, heute haben sie bessere und effektivere Mittel zur Verfügung. Internet und Satelliten. Der ganze Kommunikationsbereich läuft über Computer, die miteinander vernetzt sind und abgehört werden können.«
»Aber das ist doch illegal. Nur bei begründetem Verdacht und mit einer richterlichen Anordnung darf abgehört werden. Da gibt es eindeutige Gesetze.«
»Wo kein Kläger, da kein Richter. Zumal, wer überblickt denn diese ganze Technik noch? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass außer ein paar Technikern und Softwareentwicklern noch irgendjemand einen Durchblick hat. Am wenigsten unsere Politiker. Deren einzige Ziele sind doch nur noch der Machterhalt und die nächsten Wahlen. Die werden einen Teufel tun, eine neue Technik, die ihnen politische und wirtschaftliche Vorteile bringt, abzulehnen. Denk an den Bangemann, wie der sich von der spanischen Telekommunikationsfirma hat kaufen lassen. Das war einer, der Insiderwissen aus der EU in ein Privatunternehmen gebracht hat. Die ganze Sache stinkt zum Himmel, und ich könnte das Kotzen kriegen, wenn ich nur daran denke, dass es die anderen bisher unbemerkt genauso gemacht haben. Und wenn so ’ne Sauerei wirklich mal auffliegt, dann gehen die mit fetten Pensionen in den Ruhestand oder werden als Berater aktiv. Kein Zeichen der Reue oder Scham. Im Gegenteil. Die schreiben dann Bücher oder werden in den Talkshows herumgereicht. Das nenne ich Vermarktung. Früher wurden die in die Verbannung geschickt oder unters Fallbeil.«
»Jetzt mach mal langsam«, echauffierte sich Heinlein. »Das sind von uns demokratisch gewählte Volksvertreter. Die kannst du doch nicht einfach unters Fallbeil schicken, wenn die mal einen Fehler gemacht haben. Sag mal, bist du ein Rechter?«
»Schmarr’n. Ich hab nur die Schnauze voll von diesen unantastbaren heiligen Kühen. Wenn einer von uns kleinen Fischen eine rote Ampel überfährt, dann hagelt es Punkte und Führerscheinentzug. Aber wenn einer von denen das Gleiche macht, weißt du doch selbst, dass die Sache im Nichts verläuft. So was nenne ich Rechtsbeugung. Die sollen anständig ihren Job machen und ihre Pensionen einstreichen. Dann ist die Sache klar und gerecht für mich.«
»Sei’s drum. Was hat das alles mit uns zu tun?«
»Ich glaube, dass Stahl ein Spion war. Für wen er gearbeitet hat, weiß ich noch nicht. Vielleicht für die Stasi. Aber ich werd’s herauskriegen.«
Heinlein wurde mulmig zu Mute. »Stahl ein Spion?! Du sprichst von unserem neuen … ehemaligen Regierungspräsidenten. Kilian, ich glaub, du spinnst.«
»Das wird sich noch herausstellen. Dein Freund Walter hat mir die Berichte über Stahl und dieses geheime Waffensystem auf dem Giebelstädter Flughafen aus 75 gezeigt. Noch bevor 79 der NATO-Doppelbeschluss verabschiedet wurde, haben die Amis dort mit neuen Lenkwaffensystemen gearbeitet. Ich kann mir gut vorstellen, dass eine Verwicklung Stahls in diese Vorgänge ihn nachträglich den Kopf hätte kosten können.«
»Apropos Walter. Er hat mich gestern angerufen und gebeten, dass du die Finger von der Geschichte lässt. Er meint, dass du dich in etwas verrennst. Und, um ehrlich zu sein, ich stimme ihm zu.«
»Wie bitte?! Ich hör wohl nicht richtig?«
»Kilian. Die Sache ist über zwanzig Jahre her. Was damals, war, ist vorbei und vergessen. Du legst dich da mit Leuten an, denen du nicht gewachsen bist. Kapier das endlich.«
»Nichts ist vorbei. Jeder stellt sich mir in den Weg, wenn ich in dieser Sache etwas erfahren will. Und jetzt kommst auch du noch daher und willst, dass ich die Finger davon lasse. Sag mal, auf welcher Seite stehst du denn eigentlich? Das ist mein Fall, und ich werde den
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