Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)
Campingausrüstungen und biss schließlich zwei Männer. Er reagierte aggressiv, wenn er auf Einzelpersonen traf, aber nicht, wenn es mehrere Personen waren.
Der erste Vorfall geschah am 3. August, als ein neun Jahre alter Junge allein von der Toilette zu seinem Zelt zurück ging und gegen 7:30 Uhr auf den Wolf traf. Das Kind rannte davon, der Wolf jagte es, biss es in die Seite und verletzte es leicht. Der Vater des Jungen reagierte auf dessen Schreien und verscheuchte den Wolf. Der aber hielt nach zwei Metern an und beobachtete den Jungen noch eine ganze Weile.
Am 1. September 1994 war eine Frau dabei, aus ihrem Zelt zu kriechen. Als ihr Mann sie rief, drehte sie sich nach ihm um. In dem Augenblick näherte sich ein Wolf und biss ihr in die Beine. Die Frau kroch ins Zelt zurück, und der Wolf begann, die Ausrüstung des Ehepaares zu zerstören. Schließlich wurde das Tier getötet. Die Tollwutuntersuchung war negativ.
Das Anknurren könnte als Hinweis auf ein Verteidigungsverhalten eingestuft werden, aber die zwei Bisse waren forscher und fanden ohne Provokation durch den Menschen statt.
In beiden Fällen biss der Wolf, als die Menschen ihm schon den Rücken zugedreht hatten, sich aber noch in seiner Nähe befanden.
Algonquin Provincial Park, Ontario 1996
Im Algonquin Provincial Park gibt es »Heul-Nächte«, wo die Besucher mit den Wölfen heulen können, in der Hoffnung auf eine Antwort der wilden Vierbeiner. Im August 1996 verbrachte die Familie Delventhal aus Pittsburgh, Pennsylvania, ihren Urlaub dort und nahm ebenfalls an dem Ereignis teil. Ein einsames Wolfsheulen antwortete ihnen.
Was dann geschah, erzählte drei Monate später der elfjährige Zachariah selbst:
»Die schrecklichste Nacht in meinem Leben war die letzte eines wunderschönen Camping-Urlaubs im Algonquin-Park. Wir waren erschöpft und wollten am nächsten Morgen früh aufbrechen, darum beschlossen wir, im Freien zu schlafen. Ich erinnere mich, dass ich gerade von meinen Eltern träumte, die durch einen Wald gingen. Plötzlich fühlte ich einen Druck auf meinem Kopf und mein Traum begann zu verschwinden. Ich wachte auf und spürte immer noch den Druck, aber jetzt auch Schmerzen. Ich schrie, und sofort ließen der Druck und der Schmerz nach. Ich öffnete meine Augen und sah aber nichts. Ich war zwei Meter fortgezogen worden – von einem Tier. Ich schrie: ‚Mich hat was gebissen!‘ Meine Mutter kam und drückte den Schlafsack an mein Gesicht, um das Blut zu stillen. Dann stand mein Vater auf und begann zu schreien. Ich bekam Angst, als er im Gebüsch verschwand, aber er kam zurück. Ich fragte: ‚Was war das?‘ Zwei schreckliche Worte: ‚Ein Wolf.‘ Sofort kroch ich von der Stelle fort, wo ich war; ich war verrückt vor Angst und zur gleichen Zeit völlig verwirrt. Ich wollte nicht von so einem kräftigen Tier gefressen werden. Ich hatte immer gehört, dass Wölfe keine Menschen angreifen, und jetzt war ich beinahe von einem Wolf getötet worden. Ich hatte sehr viele Verletzungen: Meine Wunden mussten mit über 80 Stichen genäht werden, meine Nase war an fünf Stellen gebrochen, mir fehlte ein Stück von meinem Ohr. Mein Gaumen, meine Tränendrüsen und meine Wangenknochen hatten Löcher.
Trotz allem soll niemand Angst davor haben, in den Wald zu gehen. Wölfe sind keine Killer. Die Gefahr, angegriffen zu werden ist so gering. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass mir das passiert ist. Meine Eltern hatten nicht recht, als sie mir sagten, dass Wölfe keine Menschen angreifen. Aber ich weiß auch, dass sie es fast nie tun.«
Später an diesem Tag näherte sich derselbe Wolf einer Frau, die im flachen Wasser im See stand. Der Wolf sprang vier Mal auf die Frau zu. Die Frau berichtete, dass ihr das Verhalten des Wolfes eher spielerisch vorkam. Jedes Mal, wenn sie ihm »Hau ab!« zurief, wich er zurück. Als zwei andere Leute kamen, zog sich der Wolf zurück, verließ aber nicht das Gebiet.
Drei Tage nachdem Zachariah gebissen worden war, näherte sich der Wolf am späten Abend zwei Frauen bei ihrem Zelt. Die Frauen stiegen schnell in ihr Kanu und paddelten fort. Als sie mehrere Stunden später zurückkamen, hatte der Wolf einen Leinensack zerrissen und den Inhalt ihres Zeltes auseinandergenommen.
Am 23. August erschossen die Behörden den offensichtlich gesunden Wolf auf dem Zeltplatz der Familie Delventhal. Sein Magen enthielt etwa ein Kilo Fleisch, Bohnen, Karotten, Bindfäden und Aufkleber, was darauf hinwies, dass er sich
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