Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)
Der zweite Wolf blieb anfänglich in Sichtweite der Familie, verschwand aber, sobald die Frau laut zu sprechen begann und die Arme bewegte. Keiner der Wölfe zeigte aggressives Verhalten gegenüber den Menschen.
Verhalten von Hundehaltern in Wolfsgebieten
Werden Hunde von Wölfen angegriffen und/oder getötet, bricht natürlich für den Hundehalter die Welt zusammen. Hinzu kommt die emotionale Stimmung und Berichterstattung in den Medien, die nach einem einzelnen Zwischenfall schnell wieder »unschuldige Kinder« gefährdet sehen. Ihr Einfluss auf die öffentliche Meinung zum Wolf ist ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Manchmal ist es schwierig festzustellen, unter welchen Kriterien der Wolf entscheidet, ob ein Hund eine Bedrohung oder eine Mahlzeit ist. Hunde großer Rassen, die auch vom Körperbau eher Wölfen ähneln, werden im Allgemeinen als Konkurrenz angesehen, die es zu vertreiben gilt. Kleinere Rassen sehen für den Wolf wie kleine Beutetiere aus und werden entsprechend als Futter betrachtet. Sie werden ganz oder teilweise gefressen.
Hundehalter, die in Wolfsgebieten leben, sollten ihre Tiere beim Spaziergang im Wald an die Leine nehmen und außerdem niemals den Hund unbeaufsichtigt im Garten oder Hof lassen, besonders nicht nachts. Trifft ein Hundebesitzer auf einem Spaziergang einen Wolf und reagiert dieser aggressiv, dann muss er wissen, dass sich die Aggression gegen seinen Hund richtet, nicht gegen ihn.
Normalerweise kann ein Hund schon allein dadurch, dass er sich in seinem Revier aufhält, eine Zielscheibe für den Wolf sein. Es ist völlig natürlich, wenn der Wolf einen Eindringling in sein Territorium konfrontiert.
Dass es auch anders sein kann und ein Wolf sogar einen Hund als »Spielgefährten« akzeptiert, zeigt eine Geschichte aus Alaska. Aber Vorsicht! Romeos Geschichte ist ein ganz großer Ausnahmefall. Ich rate keinem deutschen Hundebesitzer, zu versuchen, seinen Labrador mit einem wilden Wolf zusammenzubringen nach dem Motto: »Nun spielt mal schön!«
Romeos Geschichte
Romeo war einst das stolze Mitglied einer Familie von 13 Wölfen, die in den Bergen rund um den Mendenhall-Gletscher in der Nähe von Juneau, Alaska, lebte. Eines Tages verlor Romeo seine Familie. Alle Gruppenmitglieder bis auf Romeo und eine Wölfin waren in den Fallen eines Trappers gestorben. Die aufgebrachte Bevölkerung von Juneau verfolgte die Geschichte in den Medien und erreichte schließlich, dass die Regierung das Fallenstellen im Gletschergebiet verbot – nicht zuletzt dank einer mutigen Frau, die einen lebenden Wolf mit bloßen Händen aus einer Stahlfalle befreite und das Foto der blutigen Szene veröffentlichte.
Trotz des dramatischen Geschehens hatten Romeo und seine Gefährtin noch gute Chancen, eine neue Familie zu gründen. Dann aber benutzte ein gelangweilter Taxifahrer die lange Straße zum Besucherzentrum des Mendenhall-Gletschers für Geschwindigkeitstests, genau in dem Augenblick, als die überlebende Wölfin von der Jagd zurückkam und die Straße überqueren wollte. Sie wurde getötet – mit ihren vier Welpen, die sie in sich trug. Soweit zu Romeos Neuanfang.
Von da an lebte der schwarze Wolf alleine. Niemand weiß, warum Romeo weiter in der Gegend blieb und nicht abwanderte, um eine neue Familie zu finden. So wurde der einsame Wolf eine Legende in Juneau.
Wölfe sind normalerweise sehr vorsichtige Tiere, die Menschen meiden. Nicht so Romeo. Er suchte Gesellschaft. Als im Winter die Beutetiere des Wolfes in die Täler und in die Nähe des Gletschers kamen, folgte er ihnen. Sah er auf dem zugefrorenen Mendenhall-See Wanderer oder Skifahrer mit ihren Hunden, rannte er bis auf wenige Meter auf sie zu und versuchte, durch Bellen und Spielgesten die Hunde dazu zu bringen, mit ihm zu spielen. Immer mehr Menschen ließen dies zu. Romeo war nie aggressiv. Wurde er von einem anderen Hund angegriffen, unterwarf er sich oder lief fort. Nachts klang sein einsames Heulen durch das Tal.
Der Wolf war eine örtliche Berühmtheit. Manchmal versammelten sich über 30 Fotografen, um das perfekte Foto von ihm zu bekommen. Einige von ihnen nahmen Hunde als »Köder« mit, um Romeo anzulocken. Biologen und Ranger des Forest Service warnten und forderten, dass der Wolf wie ein Wildtier behandelt werden solle, egal wie freundlich er sich gebe – vergeblich. Warnschilder wurden aufgestellt, und es folgte ein Leinenzwang für Hunde, an den sich kaum jemand hielt.
Schließlich passierte das
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