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Wolfsblut

Wolfsblut

Titel: Wolfsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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erschien. Dieser Kinnbacken hätte den Eindruck größter Festigkeit erregen können; allein dies wäre eine Täuschung gewesen, denn Schmitt war weit und breit als ein erbärmlicher Feigling bekannt. Die beiden Augenzähne, länger als ihre breiten gelben Gefährten, ragten wie Stoßzähne zwischen den schmalen Lippen hervor, und die Augen sahen so unbestimmt in der Farbe aus, als hätte die Natur die Reste aus all ihren Farbtöpfen zusammengekratzt. Dasselbe galt von dem spärlichen Haar, das auf dem Kopf zu Berge stand, im Gesicht jedoch wie Korn wuchs, das vom Winde verweht war.
    Eine solche Ungeheuerlichkeit war der schöne Schmitt, der für die Leute im Fort die Küche, das Aufwaschen und alle groben Arbeiten besorgte. Man behandelte ihn nicht gerade schlecht – im Gegenteil –, denn man fürchtete ihn. Konnte er nicht in feiger Wut einen von hinten erschießen oder einem Gift in den Kaffee mischen? Jemand mußte doch die Küche besorgen, und warum sollte es nicht durch Schmitt geschehen, was auch immer seine Fehler waren! Dieser Mann aber war von Wolfsbluts Tapferkeit und Blutdurst so sehr entzückt, daß er wünschte, ihn zu besitzen. Er näherte sich Wolfsblut freundlich, ohne daß dieser ihn beachtete. Als diese Annäherungen zudringlicher wurden, knurrte Wolfsblut und wies ihm die Zähne, indem er rückwärts ging. Der Mann gefiel ihm nicht. Wolfsblut witterte in ihm Schlimmes und fürchtete seine ausgestreckte Hand und die sanften Worte.
    Die Tiere unterscheiden leicht zwischen Gut und Böse; jenes bringt ihnen Behagen, Zufriedenheit, Schmerzlosigkeit, und sie haben es darum gern; dieses verursacht Unbehagen und Pein, und darum hassen sie es. Und Wolfsblut fühlte, daß Schmitt böse wäre. Aus dem mißgestalteten Körper, aus dem verderbten Gemüt stiegen geheimnisvoll wie Nebel aus den Fieber erzeugenden Sümpfen ungesunde Ausdünstungen und Ausstrahlungen empor. Nicht durch den Verstand, auch nicht allein durch die Sinne, sondern durch feinere, noch unerforschte Kanäle kam ihm das Gefühl, daß dieser Mensch Übles im Schilde führe, daß er ihm schaden könne, kurz, daß er schlimm sei und verabscheut werden müsse.
    Als Schmitt zum erstenmal den Grauen Biber besuchte, befand sich Wolfsblut im Lager. Beim leisen Ton der fernen Fußtritte, noch bevor er den Ankömmling sehen konnte, wußte Wolfsblut, wer da käme, und sein Haar sträubte sich. Er hatte bequem gelegen, aber er stand rasch auf, als der andere sich näherte, und schlich wie ein echter Wolf ans äußerste Ende des Lagers. Er wußte nicht, was die beiden miteinander sprachen, aber er verstand es dennoch. Als Schmitt einmal mit dem Finger nach ihm wies, zeigte er knurrend die Zähne, als hätte die Hand des Mannes ihn berührt, während sie doch eine weite Strecke von ihm entfernt war. Schmitt lachte darüber, und Wolfsblut schlich in den Schutz des Waldes und wandte den Kopf zurück, als er lautlos über den Boden glitt.
    Allein der Graue Biber hatte keine Lust, den Hund zu verkaufen. Er war durch den Handel reich geworden und verlangte nichts weiter. Auch war Wolfsblut ein wertvolles Tier, der stärkste Schlittenhund, den er je gehabt hatte, und der beste Leithund. Es gab nicht seinesgleichen, weder am Mackenzie noch am Yukon! Wie konnte er kämpfen! Er brachte die Hunde so leicht um, wie man Mücken totschlägt, und bei diesen Worten zuckte es wie ein Blitz in den Augen des schönen Schmitt auf, und er leckte sich gierig die dünnen Lippen. Nein, Wolfsblut war um keinen Preis zu haben!
    Doch Schmitt kannte die Indianer. Er besuchte den Grauen Biber oft und trug jedesmal unter dem Rock versteckt ein paar dunkle Flaschen. Nun ist es eine eigentümliche Eigenschaft des Branntweins, daß er Durst erzeugt, und der Graue Biber bekam Durst. Seine fiebernden Pulse, seine versengten Eingeweide verlangten immer mehr von der brennenden Flüssigkeit, und sein Gehirn, durch das ungewohnte Reizmittel verstört, trieb ihn an, alles zu tun, um es zu erlangen. Das Geld, das er für Felle, Handschuhe und Mokassins eingenommen hatte, fing an zu schwinden, und je leerer sein Geldbeutel wurde, desto schlechter wurde seine Laune. Endlich waren Geld, Waren und Standhaftigkeit dahin; nichts blieb ihm übrig als der Durst, der mit jedem nüchternen Atemzug mächtiger wurde. Da redete Schmitt wieder über Wolfsbluts Verkauf mit ihm und bot ihm diesmal den Preis in Flaschen und nicht in Geld an. Der Graue Biber spitzte die Ohren. »Wenn du den Hund greifen

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