Wolfsblut
kannst, so magst du ihn haben«, war des Grauen Bibers letztes Wort. – Die Flaschen wurden übergeben, aber zwei Tage später sagte der schöne Schmitt zu ihm: »Greif du den Hund.«
Eines Abends hatte sich Wolfsblut ins Lager geschlichen und mit zufriedenem Seufzer niedergelegt, denn der gefürchtete Weiße war nicht da. Seit Tagen war es ihm klargeworden, daß er ihn zu greifen wünschte, und er hatte darum das Lager gemieden. Er wußte nicht, was ihm von dem Manne Schlimmes drohte, nur daß es ihm drohte, das wußte er, und daß es besser wäre, ihm fernzubleiben. Allein kaum hatte er sich niedergelegt, als der Graue Biber auf ihn zutaumelte und ihm einen ledernen Riemen um den Hals schlang. Dann setzte er sich neben Wolfsblut nieder, indem er das Ende des Riemens in der Hand behielt. In der andern Hand hielt er eine Flasche, welche er unter Begleitung gurgelnder Töne von Zeit zu Zeit umgekehrt über den Kopf hielt. So verging eine Stunde, da verkündete das Geräusch von Tritten einen Ankömmling. Wolfsblut hörte es zuerst, und sein Haar sträubte sich, denn er erkannte den Kommenden, während der Graue Biber schlaftrunken nickte versuchte Wolfsblut den Riemen leise aus der Hand seines Herrn zu ziehen, aber dessen Finger faßten fester zu, und der Graue Biber wurde munter.
Schmitt kam ins Lager und blieb vor Wolfsblut stehen. Dieser knurrte den Gefürchteten an und verwandte kein Auge von seinen Händen. Die eine war ausgestreckt und senkte sich langsam auf Wolfsbluts Kopf nieder. Je näher die Hand kam, desto lauter und rauher wurde das Knurren, dann duckte sich Wolfsblut, und indem er die Hand immer argwöhnisch im Auge behielt, wurde das Knurren durch die schnelleren Atemzüge immer kürzer, bis er plötzlich so flink wie eine Schlange zuschnappte. Die Hand fuhr schnell genug zurück, so daß die Zähne leer zusammenklappten, aber Schmitt war erschrocken und ärgerlich, und der Graue Biber gab Wolfsblut ein paar derbe Ohrfeigen, so daß dieser sich gehorsam tief zur Erde duckte.
Allein seine Augen verfolgten mißtrauisch jede Bewegung der beiden Männer. Er sah, wie Schmitt wegging und mit einem derben Stock zurückkam. Dann ergriff er den ledernen Riemen und schickte sich zum Gehen an, wobei er an dem Riemen zerrte. Doch Wolfsblut widersetzte sich. Da stieß ihn der Graue Biber rechts und links, so daß er endlich aufstand, um zu gehen. Aber er tat es mit einem Satz, indem er auf den Fremden, der ihn wegschleppen wollte, lossprang. Doch Schmitt hatte das erwartet und gebrauchte den Stock so tüchtig, daß er Wolfsblut mitten im Sprunge zu Boden warf. Der Graue Biber lachte und nickte billigend. Schmitt zog wieder den Riemen straff an, und Wolfsblut schlich mit gesenktem Kopf und Schwanz hinterdrein.
Er lehnte sich nicht ein zweites Mal auf. Ein Schlag mit dem Stock hatte hingereicht, um ihn zu überzeugen, daß der weiße Mann wußte, wie er ihn gebrauchen sollte, und Wolfsblut war zu klug, um sich nicht in das Unvermeidliche zu fügen. Also folgte er verdrossen und leise knurrend, aber Schmitt behielt ihn wohl im Auge und hielt den Stock immer zum Schlage bereit.
Im Fort angekommen, band ihn Schmitt fest an und ging schlafen. Wolfsblut wartete eine Stunde, dann biß er den Riemen in wenigen Sekunden so glatt durch, als wäre er mit einem Messer durchschnitten. Wolfsblut blickte grollend und mit gesträubtem Haar zum Fort empor, dann kehrte er um und trabte ins Lager des Grauen Biber zurück. Er schuldete dem Fremden ja keine Treue, denn er gehörte dem Grauen Biber, dem er sich immer noch zu eigen glaubte.
Am folgenden Tage ereignete sich die nämliche Szene, nur mit dem Unterschiede, daß Schmitt ihm eine tüchtige Tracht Prügel verabfolgte. Da Wolfsblut festgebunden war, so half alles Rasen nichts, und er mußte sich der Strafe unterwerfen. Stock und Peitsche, beides wurde gebraucht, und nie war Wolfsblut in seinem Leben so geschlagen worden. Selbst was der Graue Biber ihm in der Jugend angetan hatte, war nichts dagegen. Schmitt hatte seine Freude daran. Seine Augen leuchteten, als er Stock und Peitsche schwang und dem kläglichen Geschrei und Gebelfer des geschlagenen Tieres lauschte. Schmitt war wie alle Feiglinge grausam. Er krümmte und bückte sich unter den Schlägen oder unter den ärgerlichen Worten eines Menschen, dafür rächte er sich darauf an schwächeren Geschöpfen. Denn alles was lebt, liebt die Macht, und Schmitt bildete keine Ausnahme. Da er aber über andere Menschen keine
Weitere Kostenlose Bücher