Wolfsblut
Macht besaß, so machte er sich über niedrigere Wesen her.
Wolfsblut wußte wohl, warum er geschlagen worden war. Als der Graue Biber ihm den Riemen um den Hals gebunden und das Ende Schmitt übergeben hatte, ahnte er wohl, daß es seines Herrn Wille sei, mit dem andern zu gehen, und als der ihn draußen im Fort angebunden hatte, wußte er, daß es Schmitts Wille sei, daß er da bliebe. Also war er gegen beide ungehorsam gewesen und hatte Strafe verdient. Er hatte früher beobachtet, daß Hunde ihre Eigentümer wechselten und daß jene, wenn sie entliefen, wie er jetzt, geschlagen wurden. Klug war er zwar, aber es lagen noch höhere Kräfte in seiner Natur als die Klugheit, und dazu gehörte die Treue. Er liebte den Grauen Biber nicht, doch war er ihm, obgleich er ihm zürnte, treu. Er konnte nicht anders. Diese Treue lag in dem Stoff, aus dem er gemacht war. Es war die Eigenschaft, die sein Geschlecht vor andern Tieren auszeichnet und die den Wolf und den wilden Hund zwingt, die Freiheit aufzugeben, um Gefährten des Menschen zu werden.
Darauf wurde Wolfsblut ins Fort zurückgeschleppt. Diesmal band ihn Schmitt mit einem Stocke fest. Allein Wolfsblut gab einen Herrn nicht so leicht auf, und wenn der Graue Biber ihn auch verraten und verlassen hatte, so machte das nichts. Nicht umsonst hatte er sich ihm einst mit Leib und Seele hingegeben. Auf Wolfsbluts Seite war keine Klausel bei dem Bündnis, und es konnte nicht so leicht gebrochen werden. Also machte er sich nachts, als die Leute im Fort schliefen, mit den Zähnen daran, den Stock, mit dem er angebunden war, durchzunagen. Zwar war das Holz hart und trocken und der Stock so dicht am Halse festgebunden, daß er ihn nur durch die stärkste Anspannung der Halsmuskeln zwischen die Zähne bekommen konnte, dennoch gelang es ihm durch unendliche Geduld – und es mußte Stunden gedauert haben –, den Stock zu zerbeißen, was Hunde gewöhnlich nicht tun. Aber Wolfsblut tat es und wanderte am frühen Morgen vom Fort hinweg, während das Ende des Stockes ihm noch am Halse hing.
Wäre er nun klug gewesen, so würde er nicht zum Grauen Biber zurückgekehrt sein, allein seine Treue zwang ihn, zu dem zurückzukehren, der ihn schon zweimal verraten hatte. Wieder ließ er sich den ledernen Riemen um den Hals binden, wiederum kam Schmitt, ihn zu holen, und wiederum wurde er geprügelt, aber diesmal schlimmer als je zuvor. Der Graue Biber sah unbewegt zu, während der Weiße die Peitsche schwang. Der Hund gehörte ihm ja nicht mehr, also nahm er sich seiner auch nicht mehr an. Als es vorüber war, war es Wolfsblut übel zumute. Ein weichlicher Hund aus dem Südland wäre daran gestorben, aber Wolfsbluts Lebensschule war eine härtere gewesen, und der Stoff, aus dem er gemacht, war auch zäher, also überlebte er es. Aber ihm war übel zumute, und der schöne Schmitt mußte eine halbe Stunde warten, bis Wolfsblut aufstehen konnte. Dann schleppte er sich halb blind und taumelnd nach dem Fort.
Diesmal wurde er an eine Kette gebunden, die seinen Zähnen widerstand und die er vergebens mit dem Holzpflock aus dem Boden zu reißen versuchte. Ein paar Tage später zog der Graue Biber bankrott, aber nüchtern den Porcupinefluß hinauf, um die lange Reise nach dem Mackenzie anzutreten. Wolfsblut blieb am Yukon, das Eigentum eines Menschen, der halb verrückt und durch und durch roh war. Aber was weiß ein Hund von menschlicher Verrücktheit! Für ihn war Schmitt der Herr, wenn auch ein fürchterlicher; und er wußte, daß er sich dem Willen dieses neuen Herrn zu unterwerfen und jeder seiner Launen zu gehorchen hätte.
DRITTES KAPITEL
Das Regiment des Hasses
Unter der Herrschaft dieses tollen Herrn wurde Wolfsblut zum Teufel. Schmitt hielt ihn im Hundestall hinten im Fort an der Kette, neckte und reizte ihn und machte ihn durch allerlei Quälerei wild. Er entdeckte bald Wolfsbluts Empfindlichkeit gegen das Gelächter, und wenn er ihn tüchtig gequält hatte, dann lachte er ihn aus. Dies Lachen war laut und höhnisch, und zu gleicher Zeit wies er mit dem Finger spöttisch auf ihn. Dann verließ Wolfsblut der letzte Rest Überlegung, und in seiner Raserei war er toller als der schöne Schmitt selber.
Früher war Wolfsblut der Todfeind seiner Gattung gewesen und hatte nach ihrem Blute gelechzt, jetzt wurde er jedermanns Feind. Er wurde so sehr gequält, daß er blind und ohne jedes Fünkchen von Verstand haßte. Er haßte die Kette, mit der er angebunden war, die Leute,
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