Wolfsblut
versetzte der andere. Der Hundetreiber blickte auf den verletzten Hund, der in den blutigen Schnee hingesunken war und offenbar in den letzten Zügen lag.
»Ihm geschah recht. Das sagten Sie ja selbst, Herr Scott. Er versuchte Wolfsblut das Fleisch wegzunehmen, und dafür machte er ihn mausetot. Das war nicht anders zu erwarten. Ich möchte nicht so viel«, und er schnippte mit den Fingern, »für einen Hund geben, der nicht sich und sein Futter verteidigt.«
»Aber Sie selber, Matt! Es ist ja alles recht schön und gut, was die Hunde betrifft, aber dies, Ihnen gegenüber, ist doch ein bißchen zu weit gegangen.«
»Mir geschah ganz recht«, entgegnete Matt eigensinnig. »Wozu mußte ich ihm auch den Fußtritt geben! Sie sagten selber, er wäre im Recht gewesen, dann war ich also im Unrecht, ihn mit dem Fuß zu stoßen.«
»Es wäre nur eine Barmherzigkeit, wenn man ihn totmachte«, beharrte Scott. »Er ist doch nicht zu zähmen.«
»Na, sehen Sie, Herr Scott, geben Sie erst dem armen Teufel eine Gelegenheit, sich zu zeigen. Er hat ja noch gar keine gehabt. Er kommt wie aus der Hölle, und dies ist das erstemal, daß er in Freiheit ist. Versuchen Sie es noch einmal mit ihm, und wenn er wieder nichts taugt, dann will ich selber ihn töten. Ja?«
»Gott weiß, ich will seinen Tod nicht«, erwiderte Scott, indem er den Revolver einsteckte. »Wir wollen ihn frei herumlaufen lassen und sehen, was Güte bei ihm tun kann, und ich will gleich den Anfang damit machen.«
Er ging zu Wolfsblut hin und fing an, ihm leise und freundlich zuzusprechen.
»Nehmen Sie aber einen Stock mit«, riet Matt.
Scott schüttelte den Kopf und fuhr fort, um Wolfsbluts Zutrauen zu werben. Aber dieser traute dem Frieden nicht. Ihm drohte etwas. Hatte er nicht den Hund dieses Herrn getötet, seinen Gefährten gebissen, was konnte er da anderes als eine schreckliche Strafe erwarten? Allein gegen eine solche erhob er sich im Zorn. Sein Haar sträubte sich, und mit gespanntem Auge und kampfbereitem Körper ließ er den Mann ganz nahe kommen, da dieser keinen Stock hatte. Und da kam auch schon die Hand und senkte sich langsam auf seinen Kopf herab. Wolfsblut kauerte sich zusammen, aber er blieb sprungbereit, als er sich bückte. Hier drohte Gefahr, Verräterei oder Ähnliches. Er kannte die Hände der Menschen, wie geschickt, wie schlau sie im Wehetun waren. Er knurrte drohender, während er sich tiefer bückte, aber die Hand kam näher. Er wollte nicht beißen, er ertrug bis aufs äußerste die drohende Gefahr, bis der Instinkt, das unstillbare Verlangen zum Leben, die Oberhand gewann.
Weedon Scott hatte geglaubt, daß er dem Biß rasch genug ausweichen könnte, doch er sollte erst die erstaunliche Schnelligkeit Wolfsbluts kennenlernen, der so flink und so sicher wie eine Schlange biß. Scott schrie überrascht auf, indem er die verletzte Hand mit der andern ergriff, und Matt stieß einen derben Fluch aus, als er an seine Seite sprang. Wolfsblut schritt geduckt rückwärts, zähnefletschend und mit bösem, drohendem Blick, denn nun konnte er so fürchterliche Prügel erwarten, wie er sie nur je von dem schönen Schmitt erhalten hatte.
»Matt, was machen Sie da?« rief Scott plötzlich aus. Matt war ins Haus gestürzt und kam mit einer Büchse heraus.
»Nichts«, antwortete er langsam und mit erheuchelter Ruhe, »ich will nur das ausführen, womit ich vorhin gedroht habe. Ich denke, ich schieße ihn tot.«
»Nein, das sollen Sie nicht.«
»Ich werde es doch! Passen Sie auf.«
Allein wie Matt vorhin für Wolfsblut gebeten hatte, so plädierte für ihn jetzt Weedon Scott.
»Sie haben doch selber gesagt, wir müßten ihm Zeit lassen, und das müssen wir tun. Wir haben doch erst einen Anfang gemacht und können nicht gleich die Geduld verlieren. Auch hatte ich es diesmal verdient, und – aber sehen Sie doch nur das an!«
Wolfsblut stand dicht an der Ecke des Blockhauses, in einer Entfernung von etwa vierzig Fuß, und knurrte fürchterlich, doch nicht gegen Scott, sondern gegen den Hundetreiber gewendet.
»Na, da hol einen doch gleich der Henker!« rief dieser erstaunt aus.
»Sehen Sie nur, wie klug er ist«, versetzte Scott hastig. »Er kennt die Feuerwaffen ebensogut wie Sie und ich. Er hat Verstand, und wir müssen ihm Zeit lassen. Stellen Sie einmal die Flinte weg.«
»Na schön, das will ich«, sagte Matt bereitwillig, indem er die Büchse an einen Holzstoß lehnte.
»Aber sehen Sie sich das nur an!« rief er im nächsten
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