Wolfsbrut
die Fünfergruppe von der Durchsuchung des Dachs herunterkam. »Nichts Verdächtiges.«
Was, zum Teufel, sollte das bedeuten? Diese Männer konnten Beweise nicht von Blumenkohl unterscheiden. »Laßt uns hoch«, knurrte Wilson. »Wir müssen uns selbst überzeugen.«
Die Streifenpolizisten gingen mit ihnen, die ganze Gruppe ging von einem Stockwerk zum anderen. Becky sah die verlassenen Räume in besserem Licht, aber sie konnte die flehenden Schreie nicht vergessen. Etwas war noch vor ein paar Minuten hier oben gewesen und war, ohne eine Spur zu hinterlassen, verschwunden.
Sie sahen vorsichtig in alle Zimmer, konnten aber nichts finden.
Als sie wieder im Keller waren, schüttelte Wilson den Kopf. »Das verstehe ich nicht«, sagte er. »Ich weiß, daß du etwas gehört hast.«
»Ach wirklich?«
»Ich habe es auch gehört; oder denkst du, ich bin taub?«
Becky war überrascht, sie hatte nicht gewußt, daß er es auch gehört hatte. »Warum bist du dann nicht mit mir nach oben gegangen?«
»Es war kein Kind.«
Sie sah ihn an, sah nackte Angst in seinem Gesicht. »Okay«, sagte sie und schluckte ihre beabsichtigte Erwiderung hinunter, »es war kein Kind. Was dann?«
Er schüttelte den Kopf und zog die Zigaretten heraus. »Bringen wir die Scheiße zum Analysieren ins Labor. Mehr können wir nicht tun.«
Sie verließen das Haus mit den trampelnden Männern des Suchtrupps. Sie fuhren mit ihren fest in Plastiktüten verschlossenen spärlichen Beweismitteln nach Manhattan zurück.
»Glaubst du, daß damit der Fall DiFalco neu aufgerollt wird?« fragte Becky.
»Wahrscheinlich.«
»Gut, dann müssen wir nicht mehr unter der Hand daran arbeiten.«
»Soweit ich mich erinnere, wurde uns der Fall weggenommen. Oder erinnerst du dich an etwas anderes?«
»Nun, ja, aber angesichts...«
»Angesichts gar nichts. Jetzt werden wir zu Sündenböcken gemacht. Neff und Wilson bekommen einen Fall. Kohlenmonoxid und wilde Hunde. Neff und Wilson schließen den Fall ab. Neue Beweise tauchen auf. Der Fall wird wieder aufgerollt. Neff und Wilson sind die Sündenböcke dafür, daß er überhaupt als erledigt zu den Akten genommen wurde.« Er unterdrückte ein Husten. »Verfluchte Luckies«, sagte er. »Gottverdammt, weißt du, ich könnte bald in den Ruhestand gehen.«
»Wirst du nicht.«
»Nein, freiwillig nicht. Kommt darauf an, wie sehr sich Underwood bemüht, mir die Schuld am Irrtum in diesem Fall zuzuschieben.«
»Aber es ist nur ein verdammter Fall.«
»Polizisten wurden in Ausübung ihrer Pflicht getötet. Wenn herauskommt, daß Underwood selbst den Fall ad acta gelegt hat, kann er seine Hoffnung, Commissioner zu werden, begraben. Und deshalb wird man dir und deinem Schatz die Schuld in die Schuhe schieben. Wir können uns auch einfach entspannen und den Spaß genießen.« Humorloses Gelächter schüttelte seine Schultern.
»Vielleicht haben wir etwas Handfesteres. Das wäre sicher hilfreich.« Sie machte eine Pause. Die Stille dehnte sich. »Was meinst du, wer tut es?« fragte sie.
»Nicht wer - was. Es ist nichts Menschliches.«
Jetzt hatte er die Worte ausgesprochen; Worte, die sie bisher nicht hatten aussprechen wollen. Nicht menschlich. »Weshalb bis du so sicher?« fragte Becky, die die Antwort bereits halb kannte.
Wilson sah sie überrascht an. »Natürlich das Geräusch. Das war nicht menschlich.«
»Was soll das heißen? Ich fand, es hat sich durchaus menschlich angehört.« Oder nicht? Becky erinnerte sich wie an einen Traum daran, die Stimme eines Kindes oder... etwas anderes. Es war alle paar Sekunden, als würde sie aufwachen und es wieder hören - eine gräßliche, unmenschliche Parodie voll fauchender Drohungen... und dann wieder ein Kind, hilflos, verletzt, sterbend.
»Paß auf!«
Sie trat auf die Bremse. Sie wäre beinahe frontal in den entgegenkommenden Verkehr der Third Avenue gerast. »Tut mir leid. Tut mir leid, George, ich...«
»Fahr rechts ran. Du bist nicht in guter Verfassung.«
Sie gehorchte ihm. Sie fühlte sich zwar ausgezeichnet, aber sie konnte nicht leugnen, was beinahe passiert wäre. Als würden die leisen Schreie immer noch ertönen, aber in einem Traum. »Mir geht es gut; ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.«
»Du hast dich wie hypnotisiert verhalten«, sagte er.
Sie hörte die Geräusche wieder, wimmernd, fauchend, monströs. Der Schweiß brach ihr am ganzen Körper aus. Sie fror und bekam eine Gänsehaut. Ihre Gedanken schweiften ab zur Treppe, zu der
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