Wolfsbrut
Er wollte nach der Waffe greifen, als sich etwas mit Zähnen heftig gegen seinen Arm warf. Das bedeutet: Was immer es war, es war verdammt schnell.«
Becky Neff mußte sofort an die Hunde denken, mit denen ihr Mann Dick häufig bei der Rauschgiftfahndung arbeitete. »Wachhunde«, sagte sie. »Sie beschreiben einen Angriff von Wachhunden.«
Der Gerichtsmediziner zuckte die Achseln. »Ich beschreibe den Zustand der Leichen. Wie es dazu gekommen ist, ist Ihre Sache, Becky - Ihre und die Seiner Exzellenz.«
»Kannst mich mal, Evans.«
Becky versuchte, nicht auf Wilson zu achten - sie war an seine gallige Art gewöhnt. Solange Leute wie Evans weiter mit ihm zusammenarbeiteten, spielte es eigentlich keine Rolle. Aber manchmal tat es gut zu sehen, daß andere ihn ebensowenig mochten wie sie.
»Wenn wir beweisen können, daß Wachhunde das getan haben«, sagte sie, »grenzt das unsere Suche ziemlich ein. Die meisten Wachhunde töten nicht.«
»Wenn der gute Doktor sagt, daß sie imstande waren, das zu tun, dann könntest du recht haben. Sprechen wir mit Tom Rilker, verschaffen wir uns etwas Hintergrundwissen zu dem Thema.« Rilker richtete Hunde für die Polizei ab.
Becky nickte. Sie und Wilson fingen an, gemeinsam zu denken, wie immer, wenn sie sich für einen Fall erwärmten. Sie gingen zum Auto zurück. Der erste Schritt war jetzt klar: Sie mußten herausfinden, ob Wachhunde im Spiel waren. Wenn ja, war dies etwas Einmaliges; bisher waren noch niemals Polizisten von Hunden ermordet worden. Hunde waren eine ungewöhnliche Waffe, weil es einen geschickten Abrichter erforderte, sie darauf zu dressieren, Menschen zu töten. Und geschickte Abrichter bildeten Hunde nicht für jeden aus. Wenn man sich einen Hund als Wachhund abrichten ließ, würde der Mann, der es getan hatte, sich sicher an einen erinnern. Die meisten sogenannten »Wachhunde« taten nichts weiter als laut zu bellen oder auch einmal zuzubeißen. Daß sie tatsächlich einem Menschen an den Hals springen, ist sehr ungewöhnlich.
Im Auto fing Wilson an zu erzählen, woran er sich an Fälle mit Wachhunde erinnerte. »Im Oktober 1966 wurde ein Fußgänger in Queens von einem Hund getötet. Der Hund war nicht abgerichtet; man ging davon aus, daß es ein Unfall war. Ich habe diesen Fall bearbeitet und hielt ihn stets für zweifelhaft, konnte aber nie etwas beweisen. Im Juli 1970 entkam ein Wachhund aus dem Lager der Willerton Drug Company in Long Island City und tötete einen siebzehnjährigen Jungen. Auch ein Unfall. April 1975 - unser einziger nachweislicher Mord mit einem Hund. Ein Schurke namens Big Roy Gurner wurde von drei Hunden in Stücke gerissen, die später zur Thomas Shoe Company zurückverfolgt werden konnten, was eine Tarnorganisation der Carlo-Midi-Familie war. Ich war damals nahe dran, Midi festzunageln, aber die hohen Herren haben mich von dem Fall abgezogen. Korrupte Scheißkerle. Das ist mein Archiv über Hunde. Hast du noch was?«
»Nun, ich kann mich an keinen Fall mit Hunden erinnern, seit ich bei der Polizei bin. Ich habe natürlich vom Fall Gurner gehört. Aber man sagte, daß du mit Hilfe einer ansehnlichen Summe zurückgepfiffen worden bist.« Sie beobachtet dabei, wie er das Kinn zurückzog - seine charakteristische Geste des Zorns.
Ihr wurde klar, sie hätte ihn nicht verspotten sollen; Wilson war ein ehrlicher Polizist, so viel stand fest. Er haßte Korruption bei anderen und würde sich selbst sicherlich nie vergessen. Es war eine garstige Bemerkung und sie verabscheute sich dafür. Sie versuchte sich zu entschuldigen, aber er ging nicht darauf ein. Sie hatte ihren Fehler gemacht; es hatte keinen Zweck, weiter darüber zu reden. »Mein Mann arbeitet ständig mit Hunden«, sagte sie, um das Thema zu wechseln. »Wachhunde auch, aber hauptsächlich Spürhunde. Sie sind seine beste Waffe, sagt er«
»Ich habe von den Hunden gehört. Angeblich sind alle zum Töten abgerichtet. Ich habe Geschichten über diese Hunde gehört.«
Sie runzelte die Stirn. »Was für Geschichten?«
»Oh, eigentlich nichts weiter. Nur, daß diese Köter manchmal so aufgeregt werden, wenn sie Stoff gefunden haben, daß sie eben den Typen umbringen, bei dem sie ihn finden... manchmal. Aber ich denke, das wird dir dein Mann alles erzählt haben.«
»Lassen wir das, Wilson. Wir haben es nicht nötig, so aufeinander herumzuhacken. Mein Mann hat mir nichts von Hunden erzählt, die Verdächtige umbringen. Hört sich verdammt weit hergeholt an, wenn du mich
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