Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall
ganz gut«, gab er zurück, stieß anschließend einen Stoßseufzer aus. »Aber sonst gehen die bei dir zu Hause natürlich alle ganz schön auf dem Zahnfleisch. Sogar dein Hund vermisst dich so arg, dass er, seitdem du weg bist, fast nichts mehr gefressen hat. Der liegt nur noch traurig in der Ecke rum.«
Allem Anschein nach wollte Tannenberg sich nicht näher mit diesem traurigen Thema beschäftigen. Diese Sache ging ihm viel zu sehr an die Nieren. Also knüpfte er nochmals an das Vorherige an. Dabei betrachtete er von der Seite Maximilians sonnengebräuntes, glattrasiertes Gesicht.
»Du hältst dich da bitte ganz raus! Das ist nämlich viel zu gefährlich. Eigentlich ist das, was wir hier machen, schon viel zu gefährlich. Wenn da jetzt einer vorbeikäme und uns sehen würde.«
Max fing seinen Blick auf, machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Ach was, bei der Hitze geht doch niemand freiwillig in den Wald. Die liegen alle im Schwimmbad rum oder sitzen zu Hause auf der Terrasse im Schatten. – Kann ich denn Marieke und den anderen nicht wenigstens sagen, dass es dir gut geht?«
»Nein, um Himmels willen. Damit würdest du doch nur alle in Gefahr bringen. Nein, mir reicht wirklich schon, dass ich den armen Benny in diesen Schlamassel mit hineingezogen habe.«
»Benny?«
Da Maximilian weder etwas von Tannenbergs Reise zu seinem holländischen Freund wusste, noch bislang von dem Anschlag auf dessen Reisemobil erfahren hatte, klärte er ihn in Kurzfassung über den aktuellen Stand der Dinge auf. Er vermied dabei aber jeglichen Hinweis auf den Ort seines Unterschlupfes.
Während Max immer noch mit versteinerter Miene diese schier unglaubliche Geschichte zu verarbeiten versuchte, hatte Tannenberg sich von der Bank erhoben und direkt vor ihn postiert.
»Max, wir müssen von hier weg. Wir sitzen hier genau auf dem Präsentierteller. Du machst dich jetzt auf die Socken. Ich meld mich demnächst wieder bei dir. Und du sagst niemandem ein Sterbenswörtchen. Klar?«
»Klar.«
Nachdem Max sich aufgerichtet hatte, drückte er ihn fest an sich. »Mach’s gut, Junge. Und pass ja auf dich auf!«
Tannenberg verfrachtete noch schnell den mitgebrachten Proviant in seinen eigenen Rucksack, zog sich den Integralhelm auf den Kopf und ging zu Mariekes Scooter.
Allerdings hatte er die Rechnung ohne Kurt gemacht. Denn der war allem Anschein nach nicht bereit, sich schon von seinem Herrchen zu verabschieden. Mit wedelndem Schwanz trottete er neben ihm her und ließ sich von Maximilians Befehlen nicht die Bohne beeindrucken. Als Tannenberg den Roller bestieg, begann Kurt unvermittelt so laut und hysterisch zu bellen, dass man seine deutlichen Unmutsbekundungen bestimmt kilometerweit hören konnte.
»Aus! Aus!«, schimpfte Tannenberg wütend.
Kurt reagierte auf diese Befehle, allerdings anders als von seinem Herrn beabsichtigt: Zwar verstummte er sogleich, dafür schlug er aber seine Zähne in den Hosensaum und begann wild daran herumzuzerren.
»Das hat so keinen Sinn«, gab sich Tannenberg geschlagen. »Komm, Max, nimm dieses schreckliche Monster hier mal an die Leine. Dann fahr ich dich eben runter an dein Auto und helfe dir, dass du diesen ...« Er packte Kurt mit beiden Händen hinter den Ohren und schüttelte ihn,»anhänglichen Braunbären da ins Auto reinkriegst.«
Nach ein paar Minuten hatten sie den kleinen Parkplatz in unmittelbarer Nähe der zum Hungerbrunnen führenden Landstraße erreicht. Tannenberg hatte natürlich nicht vor, sich hier länger als nötig aufzuhalten. Deshalb setzte er alles daran, den keuchenden Mischlingshund so schnell wie möglich auf die Rückbank von Maximilians Corsa zu verfrachten.
Doch der schien den Braten zu riechen, denn er legte sich einfach neben der Beifahrertür ab. Tannenberg packte ihn am Halsband, zog ihn nach oben, schaffte es aber nicht, das widerborstige Tier ins Auto zu ziehen. Anschließend versuchten beide Männer gemeinsam, Kurt hochzuheben.
Das war aber nun allerdings zu viel des Guten, fand Kurt jedenfalls. Aus Protest begann er furchterregend zu knurren, so als brodelte ihm etwas in der Kehle. Gleichzeitig sträubten sich bedrohlich seine Nackenhaare und die gelbbraune Rute richtete sich auf.
Was tun? Tannenberg grübelte. Plötzlich hatte er eine Eingebung. Er ging auf die andere Seite des Kleinwagens, zog den Rucksack ab, fischte den Ring Fleischwurst heraus, der ihm Max eingepackt hatte, schnitt ein Stück davon ab, befreite es von der undurchdringlichen
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