Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall
damals in der Schlossklinik reingekniet.«
Tannenberg drehte sich zu Dr. Schönthaler hin. »Gibts wenigstens dort einen Hinweis oder eine Spur?«
»Nein, Wolf leider auch nichts. Die BKA-Ermittlungen bezüglich dieses Falls sind noch immer nicht abgeschlossen. Das ist eben eine internationale Angelegenheit mit allen möglichen Komplikationen. Und das ...«
»Verdammt!«, unterbrach ihn Tannenberg und warf einen beschwörenden Blick hinauf an die Holzdecke der Hütte. »Irgendwo muss doch wenigstens ein kleiner Hinweis auf eine Querverbindung zwischen den Studentenmorden und dem organisierten Verbrechen zu finden sein.«
Der Rechtsmediziner warf die Stirn in Falten, kniff die Augen zusammen. »Weißt du, was auch mehr als merkwürdig ist?«
Tannenberg ließ lediglich ein undefinierbares Geräusch verlauten, das eindeutig aus dem animalischen Bereich kam und dort irgendwo zwischen Brummen und Knurren einzuordnen war.
Dr. Schönthaler fuhr fort: »Sabrina hat uns vorhin davon berichtet, dass unser allseits geschätzter Herr Kriminaldirektor alle Mitarbeiter des K1 dazu genötigt hat, ein Diensttagebuch zu führen.«
»Ein Diensttagebuch?«, fragte Tannenberg verwundert nach.
»Ja. Und das kontrolliert er sogar höchstpersönlich – und zwar täglich! Die müssen darin jeden einzelnen Schritt, den sie tun, genau dokumentieren. Außerdem hat er sie so mit Arbeit überschüttet, dass sie überhaupt nicht mehr wissen, wo ihnen der Kopf steht.«
»Der Eberle bezweckt doch damit eindeutig, dass die Kollegen keine Zeit haben, mir zu helfen.«
»Natürlich, Wolf«, pflichtete Benny de Vries bei. »Das ist bestimmt der Grund.«
»Sabrina hat aber gesagt, dass sie sich davon nicht beeindrucken ließen und seitdem eben außerhalb ihrer Dienstzeit weiterermitteln würden. Dezent versteht sich. Diese Todesmutigen sparen bei ihren Privatrecherchen noch nicht einmal den Herrn Kriminaldirektor und unseren lieben neuen Polizeipräsidenten aus. Beide leben ja auf recht großem Fuß, wie man ...«
»Was? Sind die denn wahnsinnig geworden? Was meinst du wohl, was die beiden veranstalten, wenn sie rauskriegen, was da hinter ihrem Rücken abläuft?«
Tannenberg griff Dr. Schönthalers Handy, das neben dessen Schlüsselbund direkt vor ihm auf dem Holztisch lag. »Ich ruf jetzt sofort meine Kollegen an. Und zwar einen nach dem anderen. Ich muss doch diese Irren zurückpfeifen. Die setzen schließlich alle ihren Job auf’s Spiel!«
Der Gerichtsmediziner legte behutsam seine Hand auf die Tastatur. »Nichts tust du, Wolf. Lass die ruhig mal machen. Die sind garantiert sehr vorsichtig. Vielleicht werden deine Freunde dadurch ja auch ein wenig nervös und begehen einen kleinen Fehler. Vielleicht ist genau das unsere Chance.«
»Aber, Rainer, nun mal ohne Witz: Du kennst doch den Eberle auch schon so lange wie ich. Kannst du dir wirklich vorstellen, dass der hinter der ganzen Sache steckt? Oder etwa der neue Polizeipräsident?«
»Konntest du dir denn bis vor ein paar Tagen vorstellen, dass man dich einmal als zweifachen Mörder suchen würde?«
Mit einem bitteren, stakkatoartigen Lachen entgegnete Tannenberg: »Nein, das konnte ich mir wirklich nicht vorstellen.«
»Wolf, wenn wir nun einmal davon ausgehen, dass das K1 tatsächlich mit Mikros verwanzt worden ist – was wir ja bis jetzt noch nicht definitiv wissen –, dann drängen sich uns doch wohl zwei entscheidende Fragen auf. Die erste lautet: Wer hat ein Interesse daran, die Wanzen anzubringen?«
Dr. Schönthaler hatte diese Frage, während er sich von seinem Stuhl in die Höhe schraubte mitten in den Raum hineingeworfen.
Benny antwortete zuerst: »Na, selbstverständlich diejenigen, die ein starkes Interesse daran haben, unserem lieben Wolf zwei Morde in die Schuhe zu schieben.«
»Genau, Benny, das liegt ja offensichtlich auf der Hand«, bestätigte der Rechtsmediziner. »Deshalb ist die zweite Frage auch viel interessanter.«
»Du meinst: Wer hatte die Gelegenheit dazu?«, fragte nun Tannenberg.
»Richtig, Wolf. Also, wir schließen mal die Kollegen des K1 aus.«
»Warum?«
»Na, weil sie dir sonst wohl kaum so engagiert helfen würden.«
Tannenberg ließ sich von diesem Argument nicht so leicht überzeugen. »Aber genau das könnte doch auch die Ablenkungsstrategie dieses Verräters sein.«
»Wolf, jetzt hör doch endlich mal auf mit diesen ab-strusen Verdächtigungen. Das glaubst du doch auch gar nicht wirklich, oder?«
Für wenige Sekunden kehrte Stille
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