Wolfsfeder
Eitelkeit,
Bloßstellung, Eifersucht oder so …«
»Verletzte Eitelkeit oder Bloßstellung
vielleicht. Aber Eifersucht? Weswegen denn? Yadira hatte doch gar keinen
Freund.«
Hätte Kai bei diesen Worten nicht auf die
Kaffeetasse in seinen Händen, sondern in Finns Gesicht geschaut, wäre ihm ein
Anflug von Röte in dessen Gesicht nicht entgangen.
»Ich … ich mein ja nur …« Finn
gingen die Vokabeln aus. »Vielleicht dachte er, dass du …«
»Papperlapapp. Ich habe den Kerl doch noch
nie zu Gesicht bekommen.«
Finn versuchte, das Gespräch in eine
andere Richtung zu lenken. »Was wollen wir jetzt machen?«, fragte er.
»Lass uns noch mal die vorletzte Nacht
durchgehen. Wir machen eine Checkliste.« Kai nahm einen Kugelschreiber zur Hand
und blätterte in einer »Land & Forst«, die auf dem Tisch lag. Rasch hatte
er eine Werbeseite für Futtermittel gefunden, auf der genügend Platz zum
Kritzeln war. »Mittwochnacht«, begann er, »oder besser Donnerstag in der Früh
um halb eins: Wir vier, Hanno, Mira, du und ich sehen Yadira zum letzten Mal.
Hier in diesem Haus.«
»Hast du schon mit Hanno und Mira
gesprochen?«, fragte Finn.
»Na klar. Gestern Abend. Wir haben
mehrmals miteinander telefoniert. Mira hat nur geheult.«
»Die beiden wollten doch heute zum NABU -Seminar nach Meißendorf. Sind sie
tatsächlich gefahren?«
»Ja, sind sie.« Kai malte dort, wo Platz
war, einen Rahmen aufs Papier, während er weitersprach. »Sie haben sich bei der
Polizeistation hier in Eschede fürs Wochenende abgemeldet. Die Tschakos
meinten, sie könnten ruhig fahren, da sie ja im Landkreis Celle blieben und
jederzeit für Fragen erreichbar seien.«
»Dass die einfach so zur Tagesordnung
übergehen …«
»Das hat mich auch gestört«, entgegnete
Kai. »Sie wollten aber wohl dem ganzen Rummel hier in Eschede – mit den
Pressefritzen und so – entfliehen, besonders Mira.«
»Haben sie irgendeine Vorstellung,
irgendeinen, den leisesten Verdacht, was da in der Nacht passiert sein könnte?«
»Nein, nichts. Gar nichts. Dass Yadira tot
ist, haben sie doch erst gestern Nachmittag von mir erfahren. Wir könnten ihnen
aber von den Drohbriefen erzählen. Vielleicht fällt ihnen dazu was ein.«
»Gute Idee.« Finn schenkte sich einen
zweiten Kaffee ein. »Schreib mal auf: Hanno und Mira anrufen«, sagte er.
»Zurück zu vorgestern Nacht. Du hast also nichts bemerkt, nachdem wir gegangen
waren und du in deinem Zimmer warst?«
Kai schüttelte den Kopf. »Null, nichts.«
»Wer war noch im Haus?«
»Die Hogreve und später auch mein Vater.
Er ist so gegen ein Uhr gekommen.«
»Hast du das noch gehört?«
Kai überlegte einen Augenblick. »Nee,
nicht wirklich. Sonst kriege ich ja meistens mit, wie das Auto auf die Einfahrt
rollt – oder zumindest das Zuschlagen des Garagentors. Aber an dem
Abend … mir sind die Rum-Drinks ganz schön zu Kopf gestiegen. Ich bin in
voller Montur ins Bett und habe geschlafen wie ein Stein.«
»Du hast aber auch zugelangt …«,
sagte Finn tadelnd. »Mist, so kommen wir nicht weiter.«
»Wir kennen doch den Todeszeitpunkt gar
nicht«, verteidigte sich Kai. »Yadira kann gestern Morgen, als mein Vater und
ich zur Jagd fuhren, noch gelebt und in ihrem Bett gelegen haben.«
»Wie sieht’s denn in ihrem Zimmer aus? Hat
sie dort geschlafen?«
»Wohl nicht«, gab Kai kleinlaut zu. »Ihr
Bett war unbenutzt. Überhaupt: Das ganze Zimmer war penibel aufgeräumt. Ganz
untypisch für Yadira.«
»Wer war das denn? Die Hogreve?«
»Gestern hat sie der Polizei nichts davon
erzählt.«
»Wir können sie ja noch mal fragen.«
»Eigentlich müsste sie im Haus sein. Wenn
wir hier fertig sind, schau ich mal nach.«
»Schreib das am besten auch auf.« Finn
rieb sich die müden Augen. »Wer könnte uns noch helfen?«, fragte er. »Dein
Vater?«
»Ich glaube, der hat alles gesagt«,
erwiderte Kai. »Kennst doch meinen Alten. Der ist im Kopf so voll mit seiner
Arbeit.«
»Trotzdem. Er war doch der Letzte, der in
der Nacht nach Hause kam. Vielleicht stand draußen auf der Straße ein
Auto …«
»Das hat ihn der Kripomann schon gefragt.
Aber er kann sich an nichts Außergewöhnliches erinnern.«
»Und ihr beiden seid gestern Morgen zur
Jagd gefahren. Ohne, dass euch was aufgefallen ist?«
»Ja, verdammt noch mal!« Kai wurde langsam
wütend. »Wie oft soll ich das noch sagen?«
»Wann genau?«, fuhr Finn unbeirrt fort.
»Was, wann genau?«
»Wann genau seid ihr zur
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