Wolfsfeder
hatte. Er prüfte es kurz auf
seine Funktionsfähigkeit und stellte es an der Schuppenwand ab. »Wusste ja
nicht, dass Sie hier Holz hacken.«
»Sch-sch-schon gut.« Mit dem Hemdsärmel
wischte er sich über die schweißnasse Stirn. »Ist ja nichts passiert. Zu-zu-zum
Glück.«
»Da haben Sie recht.«
Der Gärtner schlug gekonnt mit der rechten
flachen Hand auf das äußerste Ende des Stiels der Spaltaxt, die sich dadurch
aus dem Hackeklotz löste. »Ei-ei-ein Unglück reicht. Hast sicher schon gehört?«
»Von Yadira? Natürlich«, antwortete Finn,
während er sich den Dreck von der Jeans klopfte.
»Di-di-dich hat sie besonders gemocht.«
Der Junge lief rot an. »Wo … woher …«
Nun war er es, der plötzlich stotterte. »Wie … wie kommen Sie darauf?«
Rolf Wiegand, dessen Gesicht nur
Traurigkeit zu kennen schien, murmelte: »Ich hab ja Augen.« Dann wurde er
wieder lauter: »Aa-aa-aber genug geplaudert, ich m-m-muss jetzt weiterarbeiten.«
Er griff nach dem nächstbesten Holzstück und postierte es auf dem Hackeklotz.
»Wissen Sie zufällig, ob Kai zu Hause
ist?«, fragte Finn flink.
Der Gärtner wies wortlos mit der Spaltaxt
zum Haus.
»Da bist du ja endlich«,
begrüßte Kai Kreinbrink seinen Besucher an der Haustür. »Mensch, Finn, hättest
dich ruhig mal melden können.«
»Und du?«
»Ich hab gestern Abend versucht, dich zu
erreichen. Mehrere Male. Bei deinem Handy war aber immer nur die Mailbox
dran.«
»Hatte keine Lust.« Finn winkte ab. »Außerdem
war ich mit den Bullen unterwegs.«
»Bitte?«
Finn drängte sich an Kai vorbei in den
Flur. »Los, lass uns in die Küche gehen«, sagte er. »Ich brauch ‘nen Kaffee.«
* * *
»Nettes Fleckchen hier«,
bemerkte Maike Schnur, als sie am Ortsausgang von Eldingen über die
Lutterbrücke in Richtung Norden fuhren. »Das ist ja ein richtig rauschender
Bach.«
»Wohl wahr«, stimmte Mendelski zu. Er
verdrehte den Kopf weit nach rechts, um besser sehen zu können. »Da gibt es
eine Staustufe und obendrein eine Wassermühle. Deshalb ist die Lutter hier so
breit.«
»Ideal, um jemanden ins Wasser zu werfen.«
Maikes Stimme hatte den Ton gewechselt.
Mendelski wiegte den Kopf. »Gewagte
Theorie«, gab er zu bedenken. »Wir sind bestimmt zwanzig Kilometer vom Fundort
der Leiche entfernt. Und dazwischen gibt es jede Menge Stellen wie diese hier.
Allein die vielen Brücken über die Aschau und den Quarmbach, dann die vielen
Teiche …«
»Ich dachte nur. Wegen Eldingen und dem
Stadler.«
»Der ist erst mal außen vor. Moment mal.«
Mendelski beugte sich vor, um das Autoradio lauter zu stellen. Auf NDR 2 liefen
gerade die Elf-Uhr-Nachrichten.
»… sind heute Morgen gegen sieben
Uhr dreißig bei Bargfeld im Landkreis Celle zwei Wölfe gesehen worden. Ein
Jäger will beobachtet haben, wie sich die beiden Tiere auf einer Weide einer
Heidschnuckenherde näherten, dann aber durch einen Traktor gestört wurden. Die
Wölfe seien darauf nach Norden, in Richtung Marwede weitergezogen. – Das
Wetter …«
»Bargfeld! Das ist doch gleich
hier um die Ecke«, rief Mendelski aufgeregt, nachdem er das Radio wieder leiser
gestellt hatte. »Höchstens drei Kilometer von hier. Wenn das kein Zufall ist.«
»Du und deine Wölfe«, lästerte Maike mit
einem breiten Grienen. »Ihr Jäger seid doch seltsame Geschöpfe.«
»Sagt dir Bargfeld eigentlich was?«,
versuchte er rasch das Thema zu wechseln. Denn mit Maike über Natur, Jagd und
Landleben zu diskutieren, endete doch nur im Streit. »Das Bargfeld von …«
»… Arno Schmidt«, vollendete sie
rasch den Satz.
Mendelski pfiff durch die Zähne. »Alle
Achtung. Ich dachte, bei euch jungen Leuten stehen Bücher ganz anderer Autoren
im Regal …«
»Stimmt ja auch.« Ihre Stimme klang
gekünstelt schnippisch. Dann lachte sie. »Mensch, Robert, wo lebst du denn? Ich
hab noch kein einziges Buch von Arno Schmidt in den Händen gehabt, trotzdem
kenne ich einige seiner Texte. Heute macht man das im Internet.«
»Ach so«, lenkte er ein und war froh, dass
sein Mobiltelefon bimmelte.
»Eigentlich ist das ja meine Sache«,
hörten sie Ellen Vogelsang durch die Freisprechanlage sagen, nachdem Mendelski
sein Handy in die Halterung gesteckt hatte. Ihre Stimme klang ärgerlich. »Aber
der Schisshase hat sich krankgemeldet. Und sich so vor einem Besuch hier im
Präsidium gedrückt. Daher kam mir die Idee, ob ihr ihm mal zu Hause auf die
Pelle rücken könnt? Ihr seid ja da ganz in der Nähe.«
»Du meinst
Weitere Kostenlose Bücher