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Wolfsfeder

Wolfsfeder

Titel: Wolfsfeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Oehlschläger
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einen Grünrock als Leichenableger?«
    »Warum nicht? So einer konnte sich doch im
Wald am unauffälligsten bewegen. Besonders dann, wenn er an der Jagd beteiligt
war.«
    »Du meinst, da hatte einer der
Jagdteilnehmer die Leiche vielleicht sogar bei sich im Auto, bevor er sie dann
bei einer günstigen Gelegenheit am Streckenplatz ablegte?«
    »Hm … also … das klingt dann
doch eher unwahrscheinlich …«
    Mendelski rieb sich mit dem Stift die
Nase. »Sei’s drum. Die entscheidende Frage lautet aber: Warum sollte man die
Tote so schnell finden, und warum ausgerechnet dort auf dem Streckenplatz?«
    »’ne Leiche im Kofferraum kann einem schon
ganz schön den Schweiß auf die Stirn treiben. Er musste sie loswerden.«
    Mendelski schien nicht zufrieden. »Aber
doch nicht ausgerechnet dort, wo es von Jägern nur so wimmelt? Steckt nicht
vielleicht eher ein Hinweis dahinter?«, schlug er vor. »Ein Tipp, ein
Fingerzeig, ein Wink mit dem Zaunpfahl?«
    »Für wen denn? Für uns Ermittler?«
    »Möglich.«
    »In welche Richtung könnte so ein Hinweis
gehen?« Maike beantwortete die Frage selbst: »Eigentlich doch nur in Richtung
der Jäger, speziell vielleicht in Richtung Jagdveranstalter und Revierinhaber,
in Richtung von Bartling also.«
    »Das wäre viel zu einfach«, brummte
Mendelski.
    »Wenn du’s lieber kompliziert hast, dann
eben genau das Gegenteil.«
    »Wie bitte?«
    »Ein Ablenkungsmanöver.«
    »Eine falsche Fährte?« Des Kommissars Züge
hellten sich auf. »Eigens für uns arrangiert?«
    »Jedenfalls eine Fährte weg vom Tatort«,
legte Maike nach. »Weg vom Gewässer, in dem das Mädchen ertrunken ist. Macht
doch Sinn.«
    Die Kellnerin erschien und servierte das
Essen. Sie unterbrachen ihre Analyse. Mendelski hasste es, beim Essen über einem
Fall zu brüten.
    * * *
    Ein Land Rover, ein
dunkelgrünes, ziemlich verschmutztes Defender-Modell älterer Bauart, raste die
Rebberlaher Straße hinauf, passierte die Eschenhalle und die Flohrmühle und bog
dann links ab.
    Am Steuer saß Kai Kreinbrink, zu seiner
Rechten Finn Braukmann. Sie unterhielten sich angeregt.
    »Los, komm«, drängelte Finn. »Nun sag mir
endlich, wohin wir fahren.«
    »Das wirst du in zwei Minuten sehen«,
erwiderte Kai ruhig. »Natürlich direkt zu einem Verdächtigen.«
    »Zu einem der Mordverdächtigen? Spinnst
du?«
    »Ganz und gar nicht. Vertrau mir.«
    »Mensch, Kai, was machst du? Das ist doch
Sache der Kripo.«
    »Keine Bange.« Kai bremste, ließ einen
entgegenkommenden Lieferwagen passieren und bog dann rechts ab. »Eigentlich
verdächtige ich ihn nicht wirklich«, fuhr er fort. »Dazu kenne ich ihn zu gut.
Deshalb habe ich auch den Bullen erst mal nichts gesagt.«
    »Nun mach’s nicht so spannend …«
    »Du kennst ihn übrigens auch.«
    Finn guckte Kai groß an.
    »Die Wolfsangel hat mich drauf gebracht.«
    »Du sagtest es bereits.« Finn wurde
langsam ärgerlich.
    »Er hat aber nichts mit den Rechten zu
tun. Das wäre mir jedenfalls neu.«
    »Ach nee.« Finn flüchtete sich in
Sarkasmus.
    »Es ist einer von uns«, erzählte Kai
unbeirrt weiter. »Ein Jäger.«
    »Hab ich’s mir doch gedacht.«
    »Ich will ihm in die Augen schauen, wenn
ich ihn frage. Es wäre ungeheuerlich, wenn er was mit Yadiras Tod zu tun hat.«
    Der Land Rover stoppte vor einem kleinen
Einfamilienhaus aus rotem Backstein, dessen Vorgarten von einer mannshohen
Buchsbaumhecke umgeben war.
    »Hier?« Finn schaute seinen Freund
ungläubig an. »Das ist doch das Haus von unserem ehemaligen Pauker Pagel?«
    * * *
    »Bleibt die Wolfsangel«, sagte
Mendelski, nachdem das benutzte Geschirr abgetragen worden war und sie einen
Espresso schlürften. »Wolfsangel«, wiederholte er, während er schrieb. »Nach
den Drohbriefen und dem Streckenplatz unser dritter Anhaltspunkt. Es könnte
sich einmal mehr sowohl um einen Hinweis als auch um eine falsche Fährte
handeln.«
    »Der Hinweis ginge in Richtung Fremdenfeindlichkeit,
sprich: rechte Szene.« Maike gab einen halben Löffel Zucker in ihren Espresso.
»Oder fällt dir noch was anderes ein?«
    »Nein. Wir werden wohl den
Verfassungsschutz einschalten müssen. Soweit ich weiß, gibt es
Neonazi-Gruppierungen, die sich in der Tradition der Werwölfe sehen und bei
ihren Anschlägen und Grabschändungen gern Zeichen wie die Wolfsangel
hinterlassen.«
    »Werwölfe, uh, wie gruselig …«
    »Nein.« Mendelski musste schmunzeln. »Ich
rede nicht von der Sagengestalt, die du als Horrorwesen aus dem Kino kennst.
Die

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