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Wolfsfeder

Wolfsfeder

Titel: Wolfsfeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Oehlschläger
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dass die
Kriminalbeamten endlich von dannen zogen.
    Irene Hogreve verhielt sich geschickter.
Sie stand am Bügelzimmerfenster im Dachgeschoss, hielt ihr Gesicht hinter der
Gardine im Dunkeln und starrte den beiden Ermittlern nach.
    In den Händen hielt sie einen frisch
gebügelten Minirock von Yadira. Ein unanständig kurzes Stück Stoff, wie die
wohlerzogene Haushälterin befand.
    Ein Stockwerk tiefer herrschte
Unruhe.
    »Hey, was ist mit dir los?« Finn, der sich
wieder an den Küchentisch gesetzt hatte, schaute genervt hinter Kai her, der
wie ein aufgescheuchtes Huhn durchs Erdgeschoss rannte. »Kann ich dir irgendwie
helfen?«
    Endlich blieb Kai stehen. »Ich such nur
mein Handy und mein Schlüsselbund.«
    »Willst du weg?«
    »Darauf kannst du Gift nehmen.« Kais
Gesicht zeigte wilde Entschlossenheit. »Und du kommst mit.«
    »Wo soll’s denn hingehen?« So langsam
machte Finn die Euphorie seines Freundes Bange.
    »Gleich«, wiegelte Kai ab. Er deutete
stirnrunzelnd auf den Küchentisch. »Wo ist die ›Land & Forst‹ geblieben?
Die, in der wir vorhin unsere Notizen gemacht haben?«
    Finn schaute sich suchend um. »Keine
Ahnung. Als die Kripo kam, haben wir sie hier auf dem Tisch zurückgelassen und
sind ins Wohnzimmer rüber.«
    »Die Hogreve?« Kai war sich nicht
schlüssig. »Auch egal. Ich werde sie später fragen. Los jetzt.«
    Finn erhob sich, blieb dann aber wie
angewurzelt stehen. »Sag mir erst, was du vorhast.«
    Kai trat ganz nah an ihn heran und
flüsterte: »Ich glaub, ich weiß, wer hinter der Wolfsangel steckt.«
    »Und wer, bitte schön?«
    »Das sag ich dir unterwegs.«
    * * *
    »Sag mal, spielt
Hannover 96 heute nicht in Wolfsburg?« Mendelski streckte ungeniert seine
langen Glieder und gähnte hörbar. »Wölfe, wohin man schaut …«
    »Du meinst das heutige Freitagspiel?«
Maike Schnur guckte sich im Restaurant um, es schien jedoch niemand Anstoß am
Verhalten ihres Kollegen genommen zu haben. »Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass meine
Hertha morgen zu Hause gegen die Bayern spielt.«
    »Na, das gibt ja wieder eine Klatsche.«
    »Warten wir’s ab.«
    Sie bestellten Aschauteicher
Forellenfilets, in Mandelbutter gebraten – eine Spezialität des »Deutschen
Hauses« in Eschede.
    Nachdem sie ihre Getränke bekommen hatten,
legte Mendelski los: »Wolfsangel … tssss … und das passiert mir!«
    »So was kommt in den besten Familien vor«,
tröstete ihn Maike, während sie an ihrem Wasser nippte. »Auch in
Jägerfamilien.«
    »Ich hatte mal ‘nen Nachbau von so ‘ner Wolfsangel
in der Hand. Bei Wilhelm Hanebuth, ehemaliger Bürgermeister von Großburgwedel,
der sich als Wappenforscher betätigt hat. Ich wollte das vorhin den beiden
Jungen nicht auch noch auf die Nase binden. Aber so ein Stück Eisen kann –
zweckentfremdet natürlich – auch eine fürchterliche Schlagwaffe sein.«
    »Denkst du etwa, dass es da Zusammenhänge
mit den Hämatomen der Toten gibt?« Maike runzelte die Stirn. »Erst bewusstlos
geschlagen und dann in irgendein Wasser geworfen.«
    »Möglich, vielleicht«, erwiderte er,
während er unschlüssig den Kopf wiegte. »Aber ich weiß nicht recht …«
    »Und die Fremdenfeindlichkeitstheorie?«
    »Immer langsam mit den jungen Pferden.«
Mendelski klopfte suchend seine Jacke ab. »Hast du vielleicht Block und Stift
dabei?«, fragte er. »Meine Sachen sind im Auto. Ich muss mal wieder etwas
kritzeln, um den Überblick nicht zu verlieren.«
    Maike kramte aus ihrer Handtasche das
Gewünschte hervor und reichte es ihm.
    »Gehen wir chronologisch vor«, sagte er,
während er in Großbuchstaben DROHBRIEFE schrieb. »Da meint es jemand nicht gut mit der exotischen Schönheit aus der
Dominikanischen Republik. Dieser Jemand sendet drei Drohbriefe, damit Yadira
das Weite sucht. Wer macht so was?«
    Maike nahm ihre Finger zu Hilfe und zählte
spontan auf: »Jemand, der eifersüchtig ist, der missgünstig oder neidisch ist,
der sich rächen möchte, der unter ihr leidet, der sich von ihr bedroht fühlt,
der fremdenfeindlich ist, der vielleicht einfach nur einen üblen Scherz machen
möchte, der gerne bunte Papierschnitzel aufklebt, der …«
    »Genug, genug.« Mendelski hob beide Hände.
»Ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit bitte. Kennen wir jemanden, der in eine der
Kategorien passt?«
    »Bisher nicht – abgesehen von
Matthias Stadler, der ja auf den Kanaren weilen soll.«
    »Hm … also nächste Frage: Meinte der
Verfasser der Drohbriefe es ernst und schritt zur Tat,

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