Wolfsfeder
mit ihm sprechen
können. So kommen wir nicht weiter«, entgegnete Mendelski ärgerlich. Er war mit
dem Ergebnis ihrer nächtlichen Pirsch überhaupt nicht zufrieden. »Das ist doch
alles sehr merkwürdig: Die brennenden Schwedenfeuer am Fundplatz der Leiche,
die Brüche, die zur Hütte führen, und da liegt der Pagel sturzbetrunken auf der
Erde.« Er schaute seinem Gegenüber skeptisch ins Gesicht. »Sie kennen den Pagel
doch ganz gut. Ob er das alles selbst inszeniert hat?«
»Keine Ahnung.« Von Bartling zog die
Schultern hoch. »Wer weiß, ob er sich morgen früh noch an irgendetwas von heute
Abend erinnert. Ich denke, wir bringen ihn jetzt nach Hause und ins Bett.«
»Okay, gut. Dann also Feierabend für
heute. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag.«
Das hörte Maike mit Freuden. Denn sie war
noch verabredet.
»Wie kommen wir denn am schnellsten zu
unseren Autos?«, fragte sie von Bartling.
»Wir steigen alle in den Volvo und fahren
am Streckenplatz vorbei. Hab schon gesehen, der Schlüssel steckt.«
* * *
Die Dunkelheit kam ihm gerade
recht. Eine dichte Wolkendecke verbarg immer noch Mond und Sterne. Der dichte
Trauf der Randbäume, unter dem er sich verborgen hielt, schluckte jegliches
Restlicht. Selbst im Wald hinter ihm konnte man keine fünf Meter weit sehen.
Auch wenn ihm in den letzten Tagen nicht
alle Götter beigestanden hatten, so meinte es jetzt wenigstens Petrus gut mit
ihm.
Ihm war klar, dass ihn der verirrte
Lichtstrahl einer Taschenlampe treffen könnte; dann wäre er entdeckt. Daher
bewegte er sich sehr vorsichtig, als er, hinter dem Stamm einer alten Kiefer
verborgen, zur Jagdhütte hinüberlugte.
Doch diejenigen, die er schon eine ganze
Weile beobachtete, achteten nicht auf ihre Umgebung. Sie interessierten sich
für Joachim Pagel, für dessen Auto und die Jagdhütte.
Aus der Deckung heraus beobachtete er, wie
zwei Männer den Lehrer zum Volvo schleppten und ihn auf die Rückbank
verfrachteten. Der eine musste der stattlichen Zwei-Meter-Statur nach von
Bartling sein. Bei dem Kleineren tippte er auf den Waldarbeiter Jagau.
Sein Plan war aufgegangen. Die Fährte, die
er mit den Brüchen gelegt hatte, funktionierte: Endlich kümmerte sich die
Polizei um Pagel. Um diesen liederlichen Dreckskerl, der sich Yadira gegenüber
so mies benommen hatte. Und mit dem er selbst auch noch eine Rechnung offen
hatte.
Innerlich aufgewühlt, aber regungslos
beobachtete er, wie das Licht in der Hütte erlosch und die Tür zugezogen und
abgeschlossen wurde. Jemand machte sich mit der Taschenlampe an dem
Fensterladen neben der Tür zu schaffen. Er vermutete, dass dieser Jemand dort
den Jagdhüttenschlüssel versteckte. Dann stiegen alle vier zu Pagel ins Auto
und fuhren davon.
Nachdem er vorsichtshalber weitere fünf
Minuten in seinem Versteck gewartet hatte, brach auch er auf.
Um zu seinem Fahrzeug zu gelangen,
bedurfte es eines guten Stücks Fußmarsch. Zum Glück konnte er einen gut
ausgebauten Waldweg benutzen. Im Wald selbst hätte er sich in dieser Finsternis
die Haxen oder gar das Genick gebrochen.
Eine Viertelstunde später war er am Ziel.
Sein Auto stand unversehrt in einer ehemaligen kleinen Sandkuhle –
zwischen jungen Birken, deren welkes Laub leise im Nachtwind raschelte.
Bevor er einstieg, lauschte er in die
dunkle Nacht. Das Rauschen der Blätter im Wind wirkte beruhigend auf seine
angekratzten Nerven. In der Ferne schreckte ein Reh. Vielleicht hat eine Rotte
Sauen es gestört, dachte er beim Einsteigen. Oder der böse Wolf, der sich ja
neuerdings in den heimischen Wäldern herumtreiben sollte. Über sein verhärmtes
Gesicht huschte ein schräges Grinsen.
Er ließ den Motor an und legte den ersten
Gang ein. Ohne die Scheinwerfer einzuschalten, fuhr er los.
* * *
Gegen zweiundzwanzig Uhr dreißig
kam vor Pagels Haus in Eschede eine Auto-Karawane zum Stehen. Vorneweg von
Bartlings Geländewagen, dahinter der Volvo, den Mendelski steuerte und auf
dessen Rückbank der Lehrer seinen Rausch ausschlief. Maike Schnur folgte mit
dem Kripo-Dienstwagen, zum Schluss kam der Pick-up von Jagau.
Bevor sie am Streckenplatz in ihre Autos
gestiegen waren, hatten Mendelski und Maike noch die Brüche in der Nähe der
abgebrannten Schwedenfeuer sichergestellt und in ihren Kofferraum verfrachtet.
Damit sollte sich nächste Woche das Labor vergnügen. Den Warnbruch von der
Jagdhütte und die Folgebrüche wollten sie am Samstag holen.
»Herr Jagau und ich kümmern uns noch um
Pagel«,
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