Wolfsfeder
erklärte von Bartling, als sie ausgestiegen waren. »Dann fahren wir
nach Hause.«
»Machen Sie das«, entgegnete Mendelski.
»Morgen früh stehen wir aber wieder auf der Matte. Falls Sie noch ein
vernünftiges Wort mit Herrn Pagel wechseln sollten: Er möchte sich bitte zu
unserer Verfügung halten.«
»Ich werde mein Bestes tun. Dann also gute
Nacht.«
Mendelski und Maike wollten gerade in ihr
Auto steigen, als sich der Kommissar noch einmal umwandte. »Ach ja, Herr
Jagau«, sagte er zu dem Forstwirt, der gerade seinen Pick-up abschloss. »Bevor
ich’s vergesse: Das Fichtengrün für den Streckenplatz – das haben Sie doch
geschnitten?«
»Ja, hab ich.«
»Und dann haben Sie es mit Ihrem Wagen
transportiert? Auf- und abgeladen und so weiter?«
»Genau.«
»Dabei haben Sie doch sicher
Arbeitshandschuhe getragen?«
»Selbstverständlich. Fichte pikst sehr und
harzt.«
»Sie haben die Handschuhe nicht zufällig
in Ihrem Wagen?«
»Ja. Aber was soll die Fragerei?« Hatte
Jagau zunächst noch bereitwillig geantwortet, wurde er nun langsam ungehalten.
»Ich will es Ihnen erklären«, entgegnete
Mendelski mit einem Lächeln. »Unser Labor hat im Fichtengrün des
Streckenplatzes diverse Faserspuren entdeckt, winzige Partikel, die für unsere
Ermittlungen von Bedeutung sein können. Wenn die Fasern nun aber von Ihren
Handschuhen stammen, sind sie für unsere Ermittlungen ohne Belang. Wenn die
Fasern nicht von Ihnen sind, könnten sie etwas mit der Leiche zu tun
haben – oder besser gesagt mit demjenigen, der die Leiche dort abgelegt
hat.«
»Verstehe«, erwiderte Jagau, dem die
Erleichterung anzumerken war. »Und darum wollen Sie die Handschuhe gern
mitnehmen?«
»Das wäre furchtbar nett.«
»Moment, das werden wir gleich haben.«
Jagau öffnete die hintere Tür seiner Doppelkabine und holte ein Paar
Arbeitshandschuhe hervor. »Das sind die, die ich vorgestern getragen habe«,
sagte er, während er Mendelski die Handschuhe reichte.
Der Kommissar bedankte sich artig und
wünschte freundlich eine gute Nacht.
Dass man im Fichtengrün des
Streckenplatzes auch Haare hatte sichern können, hatte Mendelski wohlweislich
verschwiegen.
* * *
»… gab es für Hannover 96 in
Wolfsburg diesmal nichts zu holen. Im Freitagsspiel der Fußballbundesliga
schlugen die Wölfe die Roten auf eigenem Platz verdient mit drei zu zwei Toren.
Zur Halbzeit hatte es bereits …«
Mendelski schaltete das Autoradio aus. Um
seinen Ärger und Frust zu unterdrücken, gähnte er gekünstelt und rieb sich die
müden Augen.
»Ausgerechnet gegen die Wölfe«, murrte er.
»Hertha hat’s morgen gegen die Bayern auch
nicht leicht«, versuchte Maike ihn zu trösten. Als eingefleischter Fußballfan
wusste sie nur zu gut, wie er sich gerade fühlen musste.
Auf der B191 zwischen Eschede und Garßen
waren zu dieser späten Stunde nur wenige Fahrzeuge unterwegs. Die schnurgerade,
nahezu autobahnbreite Straße, die überwiegend durch einsame Wälder führte, lud
geradezu zum Rasen ein.
Maike gab ordentlich Gas. Sie wollte rasch
heim, in den wohlverdienten, verspäteten Feierabend.
»Vorsicht, vergiss das Wild nicht«, warnte
sie Mendelski. »’nen Hirsch auf der Haube – das ist bei dieser
Geschwindigkeit nicht ohne.«
Maike murmelte etwas Unverständliches und
raste mit unverminderter Geschwindigkeit weiter. Mendelski beugte sich
demonstrativ zu ihr rüber, um auf den Tacho sehen zu können.
»Hundertvierzig! Mensch, Maike, wenn jetzt
eine Rotte Sauen …«
»Ich denk, Wildschweine gibt’s genug«,
konterte sie trocken. »Und Rehe und Rotwild auch. Sagst du doch immer, oder? Um
einen Wolf hingegen würd’s mir direkt leidtun.« Sie kicherte boshaft. »Von der
Spezies gibt’s ja nicht so viele.«
Immerhin fuhr sie nun ein bisschen langsamer.
»Was für ein Tag«, wechselte Mendelski das
Thema, nachdem er sich zurückgelehnt hatte. »Die Ereignisse überschlagen sich
geradezu. Wir schaffen es ja kaum, die neuen Erkenntnisse auszuwerten und zu
beurteilen.«
Maike schwieg geflissentlich.
»Beginnen wir mit heute Morgen«, fuhr
Mendelski ungerührt fort. »Im vorläufigen Obduktionsbericht der Grote war
doch …«
»Nein, jetzt bitte nicht mehr«, unterbrach
Maike ihn brüsk. »Irgendwann muss doch auch mal Schluss sein. Morgen ist auch
noch ein Tag. Ich habe jetzt Feierabend.« Ihr Gesichtsausdruck ließ keinen
Zweifel daran, dass es ihr bitterernst war.
»Okay, hast recht«, sagte er versöhnlich.
»Schlimm genug, dass
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