Wolfsfeder

Strandhaubitze.«
    »Mensch, Pagel!« Von Bartling kniete sich
nun ebenfalls auf die Holzdielen. »Was zum Kuckuck ist denn in den gefahren?«
    »Es ist also Pagel?«
    Von Bartling nickte.
    »Gibt es hier irgendwo Licht?«, fragte
Maike Schnur, die mit Jagau in der Tür stehen geblieben war.
    »Ja, eine Gaslampe«, antwortete der
Forstwirt. »Ich mach das mal schnell …« Als er sich am Tisch
entlangtastete, um die Gaslampe zu holen, trat er gegen eine leere Flasche.
Laut polternd landete diese an der Hüttenwand.
    »Passen Sie doch auf!«, brauste von
Bartling auf – offenbar am Ende seiner Nerven.
    Maike hob die Flasche auf und schnupperte
daran. »Ich glaub, da war Whisky drin«, bemerkte sie mit vor Ekel gerümpfter
Nase. »Da haben wir den Grund für sein Nickerchen.«
    Kurz darauf erhellte die Gaslampe den
spartanisch eingerichteten Hüttenraum. Ein Tisch, vier Stühle und ein
abgewetztes Sofa – viel mehr gab es nicht.
    Mendelski versuchte, Pagel zu wecken. Dazu
drehte er ihn auf den Rücken und hob seinen Kopf leicht an. Mit der flachen
Hand schlug er vorsichtig gegen seine Wangen.
    »Muss der aber einen getankt haben«,
kommentierte von Bartling die Aktion. »Soll Ihnen Herr Jagau nicht besser einen
Eimer Wasser holen?«
    »Nicht nötig«, erwiderte Mendelski, der
mit dem Klapsen aufgehört hatte. »Da tut sich schon was.«
    Tatsächlich: Pagel schlug die Augen auf
und blinzelte ins Licht. Als er Mendelski erkannte, hob er reflexartig die
Hand.
    »Was … was … wollen Sie denn von
mir?«, röchelte er. Als er den Kopf hob, nahm er im schummrigen Licht der
Gaslampe weitere menschliche Gestalten wahr. Wehleidig jammerte er los: »Ich
war’s nicht, ich war’s wirklich nicht … Ich hab nur …«
    »Mensch, Pagel«, herrschte ihn von
Bartling an. »Reißen Sie sich doch zusammen.«
    »Nein, lassen Sie ihn nur.« Mendelski
ärgerte sich schwarz darüber, dass von Bartling Pagel unterbrochen hatte. Denn
Betrunkene sind redseliger als Nüchterne – und meist sprechen sie die
Wahrheit. Er wandte sich rasch wieder dem Lehrer zu: »Was wollten Sie sagen?
Was haben Sie nur …«
    Doch Pagel hatte Lunte gerochen. »Von
Bartling, sind Sie’s?« Er versuchte sich aufzurichten, plumpste jedoch
unbeholfen in die Rückenlage zurück.
    »Ja, ich bin’s.« Von Bartling beugte sich
vor. »Was, zum Teufel, ist mit Ihnen passiert?«
    »Passiert?«, lallte der Lehrer, während er
einen zweiten Versuch startete, sich aufzurichten. »Ich hab mir nur einen
gezwitschert … nichts weiter … hihi.«
    »Herr Pagel«, fuhr Mendelski energisch
dazwischen. »Wer war hier bei Ihnen?«
    »Wie, hier bei Ihnen?«, käute Pagel
wieder, nachdem er es endlich in die Sitzposition geschafft hatte. »Ups …
oh Mann, is’ mir schlecht.«
    Bevor er sich lautstark würgend übergab,
schafften es von Bartling und Jagau gerade noch, den Lehrer vor die Hüttentür
zu schleppen. Danach zerrten sie ihn zu einer Pumpe, die sich hinter der Hütte
befand, und hielten seinen Kopf unter den kalten Wasserstrahl. Als sie die
Prozedur beendet hatten, bugsierten sie Pagel auf die Rückbank seines Volvo, wo
er im Halbschlaf vor sich hin dämmerte.
    Inzwischen hatten Mendelski und Maike die
Hütte untersucht, aber nichts Besonderes entdecken können. Nur einen prall
gefüllten Aschenbecher, dessen Inhalt sie in einer Beweismitteltüte sicherten,
und ein schmuckloses Wasserglas, das sie wie die Whiskyflasche mitnahmen.
Nachdem sie sich die Wolfsangel über der Eingangstür noch einmal eingehend
angesehen hatten – ohne Zweifel, die eingebrannte Markierung hatte schon
einige Jahre auf dem Buckel – und Maike ein paar Fotos mit dem Handy
geschossen hatte, gingen sie zum Volvo hinüber, dessen hintere Türen offen
standen.
    Ein Versuch, Pagel noch einmal zu wecken,
scheiterte. Der Lehrer war bedrohlich röchelnd und schnarchend auf der Rückbank
des Wagens eingeschlafen. Sternhagelvoll widerstand er jedem Versuch, ihm ein
sinnvolles Wort zu entlocken.
    »Mit dem können Sie jetzt wohl nichts
anfangen«, meinte von Bartling, während er die Autotür zuschlug. »Haben Sie in
der Hütte noch etwas gefunden?«
    »Nichts von Belang«, erwiderte Mendelski.
»Vor allem keine Jagdutensilien.«
    »Im Auto liegt auch kein Gewehr, keine
Munition, nichts.« Von Bartling, der sich von Mendelski dessen Taschenlampe
ausgeliehen hatte, leuchtete systematisch das Wageninnere ab. »Vielleicht
wollte er einfach nur seine Ruhe haben.«
    »Zu dumm, dass wir nicht