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Wolfsfeder

Wolfsfeder

Titel: Wolfsfeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Oehlschläger
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Beim Tanzen dann
hat sie mich umgarnt wie eine Schlange, sie posierte in allen möglichen
aufreizenden Stellungen, umkreiste mich mit verführerischen Bewegungen –
und das alles nur, damit die anderen im Zelt was zu gaffen hatten.« Pagels Stimme
schnappte über. »Dieses Luder!«
    »Was geschah dann?«, fragte Mendelski
unbeeindruckt.
    »So manchen reichte es nicht, nur zu
gaffen«, echauffierte sich der Lehrer. »Zwei meiner Schüler haben mit ihren
Handys eifrig Fotos geschossen und sogar ein kurzes Filmchen gedreht. Damit
sind sie später überall hausieren gegangen – eine unvorstellbare Blamage
für mich.«
    »Haben Ihre Schüler die Bilder ins Netz
gestellt?«, wollte Maike wissen.
    »Sie meinen ins Internet? Ich hoffe doch
nicht. Jedenfalls ist mir davon noch nichts zu Ohren gekommen.« Pagel
verstummte. Mit genervtem Gesichtsausdruck schaute er demonstrativ auf seine
Uhr.
    »Wie ging’s dann weiter mit Ihnen und
Yadira?«, fragte Mendelski beharrlich.
    »Na ja, ich konnte das natürlich nicht auf
mir sitzen lassen.« Pagel schien sich wieder beruhigt zu haben. »Schließlich
hatte sie mich vor halb Eschede lächerlich gemacht. Also habe ich sie bei
unserer nächsten Deutschstunde in der Jagdhütte zur Rede gestellt. Aber statt
sich wenigstens zu entschuldigen, wurde sie auch noch patzig. Seitdem gingen
wir getrennte Wege.«
    »Sie haben sie in der Jagdhütte nicht etwa
belästigt? Sind ihr vielleicht zu nahe gekommen oder gar zudringlich geworden?«
    »Um Gottes willen!« Pagel hob abwehrend
beide Arme. »Nein!«
    Er schluckte.
    »Sie haben ihr aber doch Drohbriefe
geschrieben?« Das kam von Maike.
    »Was soll ich? Drohbriefe? Warum denn? Was
fällt Ihnen denn noch Verrücktes ein? Jetzt reicht’s mir aber!«
    »Zweifellos haben Sie sich doch gewünscht,
dass das Mädchen schnellstmöglich aus Eschede verschwindet. Oder?«
    »Natürlich.« Pagel guckte böse. »Nach
allem, was sie mir angehängt hat.«
    Mendelski setzte gerade zur nächsten
Fragenkanonade an, als sein Handy klingelte. Eigentlich wollte er es
unauffällig ausschalten, doch nachdem er gesehen hatte, woher der Anruf kam,
nahm er das Gespräch an.
    »Ja, was gibt’s?«, fragte er, erhob sich
von seinem Stuhl und ging hinaus in den Flur. Maike fixierte derweil Pagel mit
funkelnden Augen, sagte jedoch nichts. Der Lehrer fühlte sich dadurch immer
unbehaglicher in seiner Haut.
    Als Mendelski zurückkehrte, hatte sich
sein Gesichtsausdruck verändert. Er warf Maike einen vielsagenden Blick zu.
    »Wir müssen gehen. Jetzt sofort!«, sagte
er. An Pagel gewandt fügte er hinzu: »Sie kommen bitte mit.«
    »Wohin denn?«, fragte der Lehrer wie ein
trotziges Kind.
    »Zu den Kreinbrinks«, erwiderte Mendelski
in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    »Und was soll ich da?«
    »Das werden Sie schon sehen.« Er warf
einen Blick auf die Saufeder. »Ach ja. Die würde ich gern mitnehmen. Nur leihweise.
Sie bekommen sie nachher zurück.«
    Pagel zuckte mürrisch mit den Achseln,
fügte sich aber in sein Schicksal. »Ich zieh mir nur rasch Schuhe an«, sagte er
und verschwand im Flur.
    »Was ist denn los?«, fragte Maike leise,
als sie allein im Wohnzimmer waren. Ihr war deutlich anzusehen, dass sie den
Pagel gern noch etwas gründlicher in die Mangel genommen hätte.
    »Das war Heiko«, flüsterte er zurück. »Er,
Jo und Ellen sind gerade auf dem Weg zum Allgemeinen Krankenhaus.«
    »Zum Wiegand?«
    »Nein. Da ist jemand aus der
Dominikanischen Republik eingeliefert worden, eine junge Frau.«
    »Wie bitte?«
    Mendelski konnte nicht mehr antworten,
denn Pagel betrat den Raum.
    »Also meinetwegen kann’s losgehen.«
    * * *
    Die junge drahtige Ärztin mit
dem blonden Kurzhaarschnitt seufzte.
    »Das geht hier ja heute zu wie in einem
Gefängniskrankenhaus«, sagte sie, während sie Heiko Strunz und Ellen Vogelsang
durch den Gang zur Notaufnahme führte. »Am Morgen waren Ihre Kollegen bei
diesem verhinderten Selbstmörder aus Eschede. Und jetzt schon wieder die
Polizei – dieses Mal wegen einer geheimnisvollen exotischen Schönheit in
Nöten …« Sie verzog das Gesicht zu einem ironischen Grinsen.
    »Wie geht’s ihr denn?«, wollte Strunz
wissen.
    »Eigentlich ganz gut. Körperlich
zumindest. Die Rettungssanitäter wollten auf Nummer sicher gehen und haben sie
deshalb vorsorglich hergebracht. Sie war bereits wieder bei Bewusstsein, als
der RTW auf dem Bahnhof eintraf.«
    »Was war denn passiert?«, fragte Ellen
Vogelsang.
    »Das können wir

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