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Wolfsfeder

Wolfsfeder

Titel: Wolfsfeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Oehlschläger
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»Aus, vorbei, abgemurkst.«
    Sie hatte ihn auch ohne weitere
Erläuterungen verstanden.
    Aus dem Telefonhörer, der am Kabel nach
unten baumelte, war eine Stimme zu hören: »Kreinbrink? – Wer ist denn
da? – Hallo! – Kreinbrink hier …«
    Ohnmächtig sank sie auf die Fliesen.
    * * *
    Sie hatten kaum das Wohnzimmer
betreten, da entdeckte Mendelski sie auch schon.
    Fast achtlos an die Wand gelehnt, zwischen
der antiken Glasvitrine, in der etliche historische Jagdutensilien wie
Pulverhörner, Hutabzeichen, Jagdtaschen und dergleichen ausgestellt waren, und
den beiden Ridinger Stichen mit Hirschmotiven.
    Eine Saufeder.
    »Was haben wir denn da?«, sagte Mendelski
erstaunt, stupste Maike an und trat einen Schritt näher.
    »Eine Saufeder«, erwiderte Joachim Pagel,
der immer noch nach Alkohol roch und ziemlich mitgenommen wirkte. »Haben Sie
daran was auszusetzen?«
    »Vielleicht«, giftete Maike, die dem
Lehrer am liebsten gleich die Handschellen angelegt hätte.
    Ohne die Saufeder zu berühren, studierte
Mendelski den etwa zwei Meter langen Spieß. Der Holzstab bestand aus hellem
Eschenholz; das messerscharf geschliffene Metall glänzte wie frisch poliert,
der Lederriemen, der geschickt um den Stab geflochten war, wirkte wie neu.
    »Zweifellos ein Nachbau«, brummte der
Kommissar leise. Doch Pagel hatte die Worte, die nicht für ihn bestimmt waren,
trotzdem verstanden.
    »Zweifellos richtig.« Seine Stimme klang
höhnisch. »Die hat mir im letzten Jahr ein Jagdscheinprüfling geschenkt. Als
Dank für die äußerst lehrreiche Zeit in meinem Kursus.«
    »Es handelt sich also nicht um die
Wolfsfeder?« Mendelski guckte etwas enttäuscht. »Um jene legendäre Saufeder,
mit der anno dazumal der letzte Wolf in den hiesigen Wäldern erlegt wurde?«
    »Leider nicht.« Pagel setzte ein breites
Grinsen auf. »Die hätte ich gern. Das gute Stück gehört aber Konrad Kreinbrink.
Sie wissen schon, der Steuerberater.«
    »Schade eigentlich«, murmelte Maike.
    »Aber deswegen sind Sie doch sicher nicht
hier?« Pagel war trotz seines angeschlagenen Zustands auf der Hut. Ansatzlos
ging er in die Offensive.
    »Ich hab übrigens ein Alibi«, sagte er,
ohne dass er danach gefragt worden war. »Mark von Bartling wird Ihnen
bestätigen, dass ich Mittwochnacht, also in der Nacht, als das Mädchen ums
Leben kam, bei ihm in Celle war. Bis weit nach Mitternacht haben wir den
anstehenden Jagdtag geplant und, da einige Jagdgäste kurzfristig abgesagt
hatten, noch einiges an der Besetzung der Ansitzböcke geändert. Ich bin erst
gegen zwei zurück nach Eschede gefahren. Sind Sie jetzt zufrieden?«
    Mendelski und Maike schauten sich erstaunt
an. Das, was Pagel da gerade von sich gegeben hatte, klang wie auswendig
gelernt und aufgesagt.
    »Immer langsam mit den jungen Pferden«,
erwiderte der Kommissar, nachdem er sich auf einem der Stühle aus vergilbtem
Flechtwerk niedergelassen hatte. »Zunächst wollen wir mal von Ihnen wissen, in
welchem Verhältnis Sie zu Yadira Martinéz standen. Wie haben Sie sie
kennengelernt, was haben Sie zusammen unternommen, und warum kam es zum Bruch
zwischen Ihnen?«
    Pagel lachte auf. »Ha, da wissen Sie ja
schon alles.« Dann wurde er ernst. »Aber wenn’s der Wahrheitsfindung dient,
erzähl ich’s Ihnen eben noch mal. Ich habe nichts zu verbergen.« Er nahm nun
ebenfalls Platz. »Zu Beginn, nachdem sie von Eldingen nach Eschede gezogen war,
verstanden Yadira und ich uns sehr gut. Ich traf sie des Öfteren bei den
Kreinbrinks, meinen Jagdfreunden, und wir vereinbarten, dass ich ihr ab und an
Privatunterricht in Deutsch erteilen sollte. Das tat ich denn auch, in
unregelmäßigen Abständen. Dann kam Pfingsten diese hässliche Szene beim
Schützenfest, wo sie mich vor der gesamten Festzelt-Korona – und vor
meinen Schülern – lächerlich gemacht hat.«
    »Was ist denn da genau passiert?«, wollte
Mendelski wissen.
    »Sie … sie hat mich zum Tanzen aufgefordert
und auf die Tanzfläche geschleift, und dann hat sie mich nach allen Regeln der
Kunst vorgeführt.«
    »Geht’s etwas genauer, bitte?«
    Pagel seufzte. »Es war eine schwüle Nacht,
im Zelt war es furchtbar heiß, und sie trug dieses luftige, hauchdünne
Kleid …« Für einen Augenblick geriet er ins Schwärmen. »Dieses Kleid
brachte ihre langen schlanken Beine und ihre … Weiblichkeit voll zur
Geltung. Sie sah einfach hinreißend aus, das muss ich schon sagen. Da konnte
ich nicht widerstehen und bin ihr auf die Tanzfläche gefolgt.

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