Wolfsfeuer (German Edition)
sind gemeine Gegner, diese Schotten.«
»Also war Braveheart nicht nur ein Hollywood-Märchen?« Er reagierte wieder verwirrt, und Alex verdrehte die Augen. »Du redest vielleicht, als wärst du aus diesem Jahrhundert, aber um dich wirklich anzupassen, solltest du dir hin und wieder ein paar Filme anschauen.«
»Kein Bedarf«, entgegnete er barsch. »Weil ich vorhabe, von jetzt an in meinem Dorf zu bleiben, und zwar bis ich … «
»Sterbe?«, schlug sie vor. »Also, was war an der Schlacht in Schottland anders, wodurch wurdest du … « Sie wedelte mit der Hand. »Du weißt schon.«
»Pelzig?«
Sie zuckte mit den Achseln. Die Decke verrutschte, Barlows Blick glitt zu ihrer nackten Schulter und wurde feurig, ehe er ihn losriss.
»Ich sah meinen Bruder fallen.« Auf seinem Gesicht zeigte sich solche Pein, dass Alex erschaudernd die Decke fester um sich zog. »Ich brüllte zum Nachthimmel hinauf und flehte Odin an, mir Kraft zu geben, dann erkämpfte ich mir meinen Weg zu ihm, aber … « Er schüttelte den Kopf. »Durch meinen übermächtigen Zorn wurde das Wolfsfell, das ich trug, zu meiner Haut, und ich verwandelte mich im Antlitz des Vollmondes in ein Tier.«
»Und dann?«, bedrängte Alex ihn, als sich das Schweigen zu lange hinzog.
Julian sah blinzelnd auf, als ob er vergessen hätte, dass sie da war. »Seither werde ich bei jedem Vollmond zu einem Wolf. Oder mein Zorn verwandelt mich.«
Er redete nun ganz distanziert, verloren in seinen Erinnerungen, die ihm realer zu sein schienen, als Alex es war.
»Im Laufe der Jahre entdeckte ich, dass bei mir Zorn und Magie Hand in Hand gehen.«
»Dir liegt die Magie im Blut«, murmelte sie. »Vielleicht basiert sie auf deiner Vergangenheit.«
»Vielleicht.«
»Trotzdem kannst du andere Wölfe erschaffen. Das ist sonderbar.«
»Warum?«
»Die Lykanthropie ist eine Viruserkrankung, die durch Speichel übertragen wird. Wenn du durch Magie zum Wolf wurdest, wie kannst du dann andere durch einen Biss infizieren?«
Er drehte die Handflächen nach oben. »Ich weiß nur, dass ich es kann.«
8
Alex schlief wieder ein. Sich zu verwandeln, erforderte unwahrscheinlich viel Energie, und der eine kleine Hase, den Julian ihr zum Abendessen besorgt hatte, war nicht annähernd genug gewesen, um ihren Hunger zu stillen. In Kombination mit dem Adrenalin, das ihr Körper ausgeschüttet hatte, als sie von einem Eisbären gejagt wurde, und ihrer daraus resultierenden schweren Verletzung, war es kein Wunder, dass sie noch einmal mehrere Stunden in tiefen Schlaf sank.
Julian hingegen war hellwach. Er lag neben Alex und versuchte, jeden Hautkontakt zu vermeiden, aber von Zeit zu Zeit berührten sie sich doch. Jedes Mal, wenn das geschah, überfiel ihn die Erinnerung an ihr Beisammensein, und das Einzige, womit er die Bilder verscheuchen konnte, bestand darin, an Alana zu denken und daran, wie er sie verloren hatte.
Dieses Kind – und Alex war ein Kind, selbst ohne die knapp zwölf Jahrhunderte, die sie trennten – , hatte Alana kaltblütig und ohne Reue getötet. Dass er sie berührt und geküsst hatte, dass er in ihr gewesen war, hielt ihn nicht nur wach, sondern bereitete ihm ein flaues Gefühl im Magen. Da sein Körper auf sie reagierte, als wollte er das Ganze wiederholen, sah er sich schließlich genötigt, unter der warmen Steppdecke hervorzuschlüpfen, sich mit dem Rücken gegen den harten, eisigen Stein gelehnt in die kalte Höhle zu setzen und ihr schlafendes Gesicht zu betrachten. Sie war wirklich bildhübsch.
Julian fluchte auf Norwegisch und schlug den Kopf gegen die Höhlenwand. Das dumpfe Geräusch hallte durch den Unterschlupf und veranlasste Alex, etwas zu murmeln, das verdächtig nach seinem Name klang.
Was, bei Thors Hammer, hatte ihn nur dazu verleitet, sie mitzunehmen? Abgesehen davon, dass es ihm physisch unmöglich gewesen war, sie zurückzulassen.
Mit Anbruch der Nacht hatte sich der Sturm verzogen. Die Sonne ging an einem klaren Himmel unter und breitete ihre roten, pink- und orangefarbenen Strahlen über eine Wüste aus Eis und Schnee. Julian verwandelte sich und genoss das Gefühl, wie der Wind über sein Fell strich und die letzten Schneeflocken in sein Gesicht schwebten.
»Hattest du vor, ohne mich weiterzuziehen?« Alex stand im Höhleneingang. Die Decke, die sie um ihre Schultern gewickelt hatte, reichte gerade mal bis zum Ansatz ihrer Oberschenkel.
Julians Blick wurde von ihren langen, athletischen Beinen angezogen, und er dachte
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