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Wolfsfeuer (German Edition)

Wolfsfeuer (German Edition)

Titel: Wolfsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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stimmt«, räumte er ein und machte sich wieder an die Arbeit.
    Cade war – trotz seiner immer noch beachtlichen einen Meter achtzig – kleiner als Julian, außerdem schlaksig statt muskulös, blass statt braun gebrannt; und seine Haare, die früher so blond wie die seines älteren Bruders gewesen waren, hatten sich zu einem staubigen Braun verdunkelt.
    Während Julians Haare ihm gerade bis zu den Schultern reichten, fielen Cades bis auf seinen Rücken. Allerdings war die Länge eher seiner Vergesslichkeit geschuldet – manchmal vergaß er nicht nur, sie zu schneiden, sondern auch, sie zu waschen – als seiner modischen Überzeugung. Er hatte versucht, sie zu einem Pferdeschwanz zusammenbinden, doch einzelne Locken hatten sich daraus gelöst und ringelten sich nun um sein Gesicht.
    »Du hast mir nicht verraten, wohin du wolltest oder warum«, stellte Cade fest, während er ein bisschen von diesem und ein bisschen von jenem zusammenmischte.
    Aus gutem Grund. Alana hatte nicht leicht Freunde gefunden, aber sie und Cade waren ein Herz und eine Seele gewesen. Ihr Verlust hatte ihn schwer getroffen. Hätte Cade gewusst, was sein Bruder vorhatte, hätte er darauf bestanden mitzukommen, aber Julian hatte diese Sache allein tun müssen.
    »Ich bin nach L. A. geflogen, um einem Hinweis auf Alanas Killer nachzugehen.«
    Cade wirbelte zu ihm herum, dabei stieß er eins der Reagenzgläser vom Tisch. »Hattest du Erfolg?«
    Julian sah Cade direkt in die Augen. »Nein.«
    Er seufzte, dann wischte er die Schweinerei vom Boden auf.
    »Was hast du fallen lassen?«, erkundigte Julian sich.
    »Ein Derivat aus menschlichem Blut.«
    »Du hast es gefunden?«
    »Noch nicht.«
    »Aber das wirst du noch.«
    »Manchmal habe ich so meine Zweifel.«
    Der Bedarf an Menschenblut in den Vollmondnächten verlangte sorgfältige Planung. Die Menge an menschlichem Blut, die nötig war, um den Hunger des gesamten Dorfes zu stillen, war gigantisch, darum verbrachte Cade den Großteil seiner Zeit damit, nach einem Ersatzstoff zu forschen. Darum, und weil Alana es verabscheut hatte, menschliches Blut zu sich zu nehmen. Sie hatte behauptet, sich anschließend immer besudelt zu fühlen.
    Die Erinnerung entlockte Julian ein Lächeln, doch es erstarb, als er daran dachte, wie sich ihr Ekel vor diesem Grundbedürfnis zu einem Ekel vor einer Menge anderer Dinge ausgewachsen hatte.
    »Immerhin hast du dieses Serum entwickelt, das es den Werwölfen erlaubt, einander in menschlicher Gestalt zu berühren«, sagte Julian, der krampfhaft versuchte, die unschönen Erinnerungen zu verdrängen.
    Apropos unschöne Erinnerungen.
    »Ich habe übrigens eine Frau mitgebracht.«
    Cade, der gerade ein neues Teströhrchen aus dem blitzenden Sortiment am Waschbecken auswählte, reagierte so erschüttert, dass er aus Versehen ein weiteres zerbrach. »Du hast was?«
    »Sie … lag im Sterben.«
    Lügner, Lügner , verhöhnte ihn eine innere Stimme.
    »Was ist aus der Keine-weiteren-Werwölfe-Regel geworden?«
    »So lautet die Regel nicht«, wandte Julian ein.
    »Na schön. Du hast niemanden um Erlaubnis gefragt«, korrigierte er sich.
    »Da ich es bin, der diese Erlaubnis erteilt, dachte ich mir, ich überspringe diesen Schritt.«
    Cade verdrehte die Augen, und Julian unterdrückte ein Lächeln. Sein Bruder war der Einzige, der es wagte, ihm auf Augenhöhe zu begegnen – wenn auch nicht sehr oft oder sehr überzeugend – , der Einzige, bei dem Julian ganz er selbst sein konnte.
    Die Erinnerung an Alex’ Gesicht driftete durch seinen Kopf. Auch sie begegnete ihm auf Augenhöhe. Und wenn er bei ihr nicht ganz er selbst sein konnte – böses, mörderisches Tier, das er war – , wer war er ihr gegenüber dann?
    »Du knurrst«, stellte Cade fest.
    Alex schien diese Wirkung immer auf ihn zu haben, selbst wenn sie gar nicht da war.
    »Du sagtest, es sei gefährlich, einen neuen Wolf zu erschaffen«, wies Cade ihn hin. »Dass es nur jemand tun sollte, der Erfahrung damit hat; dass man einen guten Grund sowie die Einwilligung des zukünftigen Wolfs braucht, und dass es vorzugsweise hier zu geschehen hat.« Er deutete auf den Boden.
    »Ich sage viel, wenn der Tag lang ist«, murmelte Julian.
    »Abgesehen davon quillt das Dorf über. Wo wird diese Frau wohnen?« Er riss entgeistert die Augen auf. »Bei dir?«
    »Um Gottes willen, nein!«, entfuhr es Julian, bevor er sich bremsen konnte.
    Sein Bruder setzte eine verschwörerische Miene auf. »Wer ist sie?«
    »Nur irgendeine Frau.«

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